Tagebuch

Fr, 08. Mai. 2020

Helden und Vermächtnisse

Die siebte Woche des Lockdowns brachte uns die ersten Lockerungen. So haben viele von uns nun wieder einen ordentlichen Haarschnitt oder frische Blumen auf dem Tisch. Mit diesen Lockerungen keimen auch die ersten Gedanken auf, welche Bedeutung diese Zeit eines Tages historisch betrachtet wohl haben wird.
Aus der Geschichte unseres Planeten sind manche Menschen als Helden hervorgegangen, auch hier bei uns in der Schweiz. Man denke nur schon an die beiden Heinriche:
Henry Dunant und Henri Guisan. Während Monsieur Dunant mit dem allerersten Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, war Monsieur Guisan derjenige, welcher die Schweiz erfolgreich aus dem Zweiten Weltkrieg herausgehalten hat. Vor und nach ihnen kamen und gingen viele, wobei manche einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Jede Tat hat das Potenzial, zu einer Erinnerung für die Ewigkeit zu werden. Das wirft die Frage auf, wie wir wohl in Erinnerung bleiben werden?
Tatsache ist, dass wir uns jetzt in einer besonderen Phase und noch nie dagewesenen Situation befinden. Was wird von uns zurückbleiben, ausser einer grossen Menge Plastikmüll? Wie wird man unsere Generation in hundert Jahren nennen?
«Die mit den Panikkäufen, die einander schier über den Haufen getrampelt haben, als sie im Laden nach der letzten Packung Klopapier griffen», war eine der Antworten auf die Frage, die ich einigen Leuten gestellt habe. Nach dem Zyniker äusserte sich auch ein Philanthrop dazu, indem er uns als diejenigen bezeichnete, die «einander in einer Zeit der Not beigestanden haben und sich solidarisch zeigten.» Weiteres Müsterchen gefällig? «Diejenigen, welche die Welt vor einer Katastrophe retteten, indem sie faul auf ihren Sofas herumlümmelten, dabei den Umsatz für Pommes Chips ankurbelten und sich schliesslich darüber aufregten, dass sie keine Aktien von Brauereien gekauft haben.», so der Humorvolle.
Was auch immer eines fernen Tages über uns gesagt werden wird, unsere Urenkel werden dann über das jetzige Geschehen sprechen. Einst haben wir unsere Eltern gefragt, ob sie damals die Mondlandung gesehen haben. Diese Zeit verbinden wir mit dem Vietnamkrieg, Blumenkindern und dem Erstflug des Jumbo-Jets. Was wird man später einmal mit dem Jahr 2020 verbinden? Was wird unser Vermächtnis sein? Klopapier und Raviolibüchsen?
Wenn wir genug über uns selbst nachgedacht haben, dann wissen wir, wer wir sind. Doch wer wir einst sein werden, das bestimmen diejenigen, welche nach uns kommen. Sie werden sich ein eigenes Bild von uns machen anhand der Klischees, die wir jetzt gerade selbst entwickeln. Wollen wir hoffen, dass wir derzeit genug Konstruktives tun, um in positiver Erinnerung zu bleiben. Von uns soll retrospektiv mehr übrig bleiben als Bilder leerer Regale und Strassen. Wir haben auch schöne Dinge umgesetzt wie Balkonkonzerte oder für gefährdete Mitmenschen einzukaufen. So betrachtet werden wir hoffentlich einmal diejenigen sein, die sich zwar körperlich distanziert haben, einander aber sozial näher waren denn je.

Maja Banovic

Die Musikkauffrau und Musikjournalistin Maja Banovic lebt in Niederrohrdorf. Hin und wieder schreibt sie auch für den «Reussbote». In der neuen Rubrik «Tagebuch» teilt sie ihre Beobachtungen und Gedanken zur Corona-Krise mit.

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