Zwei Wochen nach dem Lockdown hat Cassandra Frei die Reusstal Papeterie GmbH in Mellingen wieder geöffnet. Sie durfte jedoch nur einen kleinen Teil des riesigen Sortimentes verkaufen. Jetzt ist sie wieder frei, auch ihr grosses Kalligrafie- und Handlettering-Sortiment anzubieten.
Zubehör anzubieten. «Freude ist eine Liebeserklärung an das Leben.» Dieses Zitat von Adalbert Ludwig Balling ziert aktuell die Webseite der Reusstal Papeterie. Passender könnte der Spruch nicht sein. Er drückt die gegenwärtige Stimmungslage von Cassandra Frei trefflich aus. Sie ist noch immer dabei, die zwiespältigen Erlebnisse der vergangenen Wochen zu verarbeiten. Mit dem Lockdown wurden auch die Türen der Reusstal Papeterie für zwei Wochen dichtgemacht. Danach wurde der Laden, der die Fensterfront des Reusstal-Centers beherrscht, zwar wieder geöffnet, aber nur unter strengen Auflagen. Verkauft werden durften lediglich sogenannt lebensnotwendige Artikel wie Schreibwaren oder Tintenpatronen. Tausende andere Artikel aber blieben tabu. 28 Jahre nach der Gründung ihres Unternehmens musste die Familie Frei Verluste in Kauf nehmen, ohne wirklich etwas dagegen tun zu können.
Gegründet wurde das Geschäft damals von Cassandra Freis Eltern Jörg und Cornelia Frei in Dottikon. 1992, als Daten auf 8-Zoll Disketten gespeichert werden konnten und das Briefporto noch 50 Rappen kostete, begann die Geschichte der heutigen Reusstal Papeterie GmbH. Im Angebot standen PC-Schulungen. Dazu die nötige Hard- und Software. Peu à peu wurde das Sortiment mit den gebräuchlichsten Büroartikeln erweitert. 1998 zogen die Freis nach Wohlenschwil um. Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern betrieben sie ihr Geschäft unter dem Namen «Büro Service Frei». Neben den PC-Schulungen gab es damals in den Räumen auch Bastelvorführungen. Doch allmählich wurden die räumlichen Verhältnisse zu klein. So zogen die Freis 2003 an den Zentralplatz 3 in Mellingen, wo sie schräg gegenüber dem damaligen Coop einen günstigen Standort fanden.
Als der Coop 2008 ins neu gebaute Reusstal-Center umzog, gingen die Freis mit und änderten den Firmennamen in «Reusstal Papeterie». Anfänglich war ihr Laden weiter hinten angesiedelt. Er verfügte nur über künstliches Licht. Vor einigen Monaten konnten die Freis, im Zuge einer Konzeptänderung im Coop, die lichtdurchfluteten Räumlichkeiten zuvorderst im Reusstal-Center beziehen.
Und dann auch noch der Lockdown
Als wäre die Geschichte der Unternehmerfamilie Frei nicht turbulent genug, wurden auch sie vom Strudel des Coronavirus erfasst. Wer über das Stehvermögen der Familie Frei verfügt, lässt sich allerdings auch von solchen Rückschlägen nicht unterkriegen. «Freude ist die Liebeserklärung an das Leben.»
Es darf wieder gelacht werden
Nach diesem Motto überwiegt in der Reusstal Papeterie, die ihr Personal, wie viele andere auch, vorübergehend in Kurzarbeit schicken musste, die Freude darüber, wieder das ganze Sortiment anbieten zu dürfen. Besonders freut sich Cassandra Frei auf ihre Spezialitäten, die Kalligrafie und das Handlettering (die Kunst, Buchstaben und Texte besonders schön zu schreiben). Sie hat sich in Kursen in dieser Disziplin weitergebildet und kann die Kundschaft entsprechend kompetent beraten. Die Reusstal Papeterie verfügt denn auch über ein breit gefächertes Sortiment an Kalligrafie- und Handlettering-Artikeln. Zu diesem Thema gehören auch ausgewählte und edle Papiere für besondere Anlässe wie Geburtstage und Jubiläen. Eine Papeterie erfolgreich führen heisst nicht zuletzt stets neue Trends zu entdecken, wie zum Beispiel Babyartikel oder die «Tonies»-Hörspielfiguren, die bei den Kindern hoch im Kurs stehen. Während Mutter Cornelia Frei im Hintergrund für die Administration besorgt ist, sieht Tochter Cassandra mit ihren fünf Mitarbeitenden (davon drei Lernende) im Laden nach dem Rechten.
Die Reusstal Papeterie in all ihren Facetten erklären zu wollen, dafür reicht hier der Platz nicht aus. Man muss die Vielfalt schon selbst entdecken. Kurz: Es handelt sich um ein «Warehouse» voll mit Überraschungen und Ideen.
Beat Gomes