Das Inseldasein der Alterszentren hat ein Ende

Di, 09. Jun. 2020

Diese Lockerungen waren sehnlichst erwartet worden: Besuche und Ausgang sind in Alterszentren wieder möglich.

Ende letzter Woche hat das Departement für Gesundheit und Soziales die Vorgaben für Alters- und Pflegezentren zur Bekämpfung des Coronavirus angepasst: Es gilt kontrolliertes Besuchsrecht, Besuche in den Zimmern sind wieder möglich. Rahmenbedingungen legt aber die Heimleitung, die auch die Verantwortung hat, mittels eines Besuchskonzeptes fest. Hygiene-und Schutzmassnahmen müssen strikte eingehalten werden. Besucher müssen sich registrieren lassen und eine Gesundheits-Checkliste ausfüllen. Bewohner dürfen das Areal der Pflegeeinrichtungen aber wieder verlassen.
«Wir öffnen die Türen», schreibt denn auch der Reusspark. Seit dem 5. Juni dürfen Angehörige wieder zu Besuch kommen, täglich von 13.30 bis 17.30 Uhr, ohne Voranmeldung – allerdings nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig pro Bewohner. Besucher dürfen mit den Bewohnenden zudem auf dem Areal spazieren gehen, eine Hygienemaske wird empfohlen.
Die sozialen Kontakte hätten gefehlt, sagt Thomas Peterhans, Direktor des Reusspark. Das habe sich besonders bei dementen Menschen gezeigt. Da halfen auch die sechs Besucherboxen wenig, die noch eine Weile zur Verfügung stehen werden.

«Zeit, dass sich etwas ändert»
«Die Bewohnerinnen und Bewohner wollen raus», sagt auch Willy Keller, Leiter des Mellinger Alterszentrums Im Grüt, wo Anfang März eine Bewohnerin an Corona erkrankt und wieder genesen war. Es sei lange gut gegangen. Nach einer Umgewöhnungsphase, seien die Massnahmen sogar ein Stück weit als normal akzeptiert worden. Die Besucherzone oder Balkongespräche waren eine Alternative, um in Kontakt mit Angehörigen zu bleiben. Die meisten Angehörigen hätten Verständnis für die Massnahmen gezeigt. Alle Bewohner durften für Spaziergänge aus dem Haus – allerdings stets begleitet von Betreuenden. Jetzt aber spüre man, sagt Keller, dass die Situation für viele Bewohner unerträglich werde. «Sie wollen ins Städtli oder auch nach Mägenwil spazieren.»
Auch Johanna Hutzler, Leiterin Pflege und Betreuung, sagt: «Es wird Zeit, dass sich etwas ändert.» Zwar hätten viele das Inseldasein im Alterszentrum, die Ruhe genossen. Manchen habe es gefallen, dass sie sich morgens nicht herausputzen mussten. Sozusagen den Tag im Trainingsanzug verbringen konnten, genau wie das manche im Homeoffice machten. Hutzler lacht: «Das fand ich sehr speziell.» Betreuende hätten auch mal eine Hand gehalten, Bewohner in den Arm genommen oder einfach schweigend gemeinsam auf die Reuss geschaut.

Diskussionsrunde in Tägerig
Eine kleine Diskussionsrunde hat Judith Bieri, Leiterin im Seniorenzentrum Tägerig, veranstaltet.
Angst vor dem Virus hätten sie nicht, sagten die Bewohnerinnen und Bewohner, allerdings Respekt davor, weil das Virus «eine schlimme Sache» sei. Zwar wurden Besuche vermisst. Die Technik aber machte Kontakte möglich, wenn auch bisweilen ein Telefon genügen musste. Jede Abwechslung sei willkommen gewesen. Unbehagen erzeugte bei den Menschen im Seniorenzentrum vor allem die Ungewissheit. Es sei kaum möglich gewesen, sich dem Thema zu entziehen, weil in den Medien fast ausschliesslich darüber berichtet wurde. Um dennoch heiter und zuversichtlich zu bleiben, hätten einige verzichtet, Medien zu konsumieren. Lichtblicke waren und sind in Zeiten von Corona der Garten, das schöne Wetter und auch die Gesellschaft der anderen Pensionäre. Die Ungewissheit beschäftigte auch die Mitarbeitenden. Schwierig war der Umgang mit ständig neuen BAG-Regeln, die aber gleichzeitig Sicherheit gaben. Zuversichtlich stimmt, dass das Seniorenzentrum «bis heute total verschont» geblieben sei. Darüber hinaus wollen sich die Mitarbeitenden ihren Humor nicht nehmen lassen.

Heidi Hess

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