Nach Corona: Ein langer Weg zurück in den Beruf

Fr, 26. Jun. 2020

Er unterrichtet seit 25 Jahren an der Schule in Künten. Im März schlug das Schicksal zu. Marc Halter wurde positiv auf Corona getestet. Die anfänglich harmlosen Grippesymptome wurden für ihn zur akuten Lebensbedrohung. Zehn Tage lag er im Kantonsspital Baden im künstlichen Koma.

Es ist ein langer Weg zurück. Obwohl Marc Halter (48) inzwischen vom Virus genesen ist, kann er immer noch nicht als Primarlehrer arbeiten. Er ermüdet schnell. Die schlimmen Ereignisse bei der Erkrankung belasten ihn auch psychisch. Wann er wieder in den Berufsalltag zurückkehren wird, ist ungewiss. Er appelliert deshalb an alle: «Das Virus wird unterschätzt. Wir müssen Vorsicht walten lassen. Vor allem, wenn man die erneut steigenden Zahlen sieht. Wir dürfen nicht vergessen, wie schnell sich das Virus aus dem fernen China in der ganzen Welt ausgebreitet hat», mahnt Halter. Bevor er erkrankte, habe er auch gedacht, dass eine Corona-Erkrankung wie eine normale Grippe verlaufe. Dass die Erkrankung sehr schnell lebensbedrohlich werden kann, musste er anfangs März selbst erfahren. «Ich und meine Frau haben viel zusammen erlebt, aber ein solch unverschuldetes Tief haben wir noch nie gehabt.»

Keine Vorerkrankung bekannt
Marc Halter war gesund, hatte keine Vorerkrankungen und rauchte nicht. Wo er sich mit dem Virus infiziert hat, kann er nicht mit Sicherheit sagen. Da man aber inzwischen weiss, dass Kinder das Virus, ohne starke Symptome zu zeigen, ebenfalls in sich tragen können, schliesst er eine solche Ansteckung nicht aus.
Zu Beginn der Erkrankung dachte der Primarlehrer aus Baden, dass dieses Fieber das Symptom einer normalen Grippe sei. Nach fünf Tagen hatte er plötzlich Probleme beim Atmen. «Meine Hausärztin hat mich untersucht und den Beginn einer Lungenentzündung diagnostiziert», sagt Halter. Er wurde daraufhin ins Kantonsspital Baden (KSB) eingeliefert. Insgesamt war er dort 15 Tage in Behandlung. Nach zwei Tagen auf der allgemeinen Abteilung verschlechterte sich sein Zustand. Da die Sauerstoffsättigung im Blut einen schlechten Wert zeigte, wurde er für zehn Tage ins künstliche Koma versetzt und beatmet. «Ich bin den Ärzten und dem Pflegepersonal sehr dankbar», sagt Halter. «Sie haben mir das Leben gerettet. Auf TV24 nutzte er die Gelegenheit in der kürzlich ausgestrahlten TV-Sendung «Wir sagen Danke – Die TV-Gala», um sich bei seinen Angehörigen, Freunden und dem Kantonsspital Baden zu bedanken.

Tod von der Schippe gesprungen
Seine Ehefrau Sibylle Ambauen Halter sagt: «Alles bekam eine andere Dimension. Mein Mann ist haarscharf am Tod vorbeigeschrammt.» Sie fühlte eine tiefe Ohnmacht, dass sie ihrem Mann während der Zeit im Koma nicht aktiv helfen und ihn unterstützen konnte. Trotzdem versuchte sie, mit ihrem Mann in Verbindung zu bleiben. Sie sendete Sprachnachrichten. Eine langjährige Nachbarin und Freundin der Familie richtete einen Whatsapp-Chat ein, in welchem Freunde und Bekannte Sprachnachrichten hinterliessen. «Marc, viele Menschen, von San Francisco bis nach Singapur, denken Tag und Nacht an dich. Alle drücken dir fest die Daumen. Sie zünden Kerzen an, beten, singen und denken an dich. Sei stark. Ich weiss, dass du stärker bist als das Virus in dir.» Diese Nachrichten spielte das Pflegepersonal jeweils dem Koma-Patienten vor. Er kann sich nicht daran erinnern. Er brauchte eine gewisse Zeit, bis er die Nachrichten zu Hause nochmals anhören konnte. Dass er aus dem Koma aufgewacht ist und das Virus besiegt hat, ist für ihn wie ein zweiter Geburtstag. Die Solidarität, die er während seiner Krankheit erfahren habe, werde er noch lange in Erinnerung behalten.

Keine Angst an Schule Künten
Am 11. Mai wurden die Schulen in der Schweiz wieder für den Schulbetrieb geöffnet. So auch die Schule in Künten. Hatten die Lehrpersonen wegen der Vorgeschichte keine Angst, wieder zu unterrichten? «Ich habe keine Bedenken», sagt die Lehrerin Olivia Meier. «An der Schule werden die Hygiene- und Distanzmassnahmen eingehalten.» Die vom Kanton vorgegebenen Massnahmen wurden von der Schulleiterin Regula Meier-Rösti zusätzlich für die Schule Künten angepasst. Angst vor einem weiteren Corona-Fall habe an der Schule niemand. «Wir haben das Ganze sachlich und offen als Team angeschaut und besprochen», sagt sie. Es gelte nach wie vor ein Abstand von zwei Metern zwischen Lehrpersonen und Schülern. Folgende Hilfsmittel stehen zur Verfügung: Lehrpersonen können bei den Gruppenarbeitstischen eine mobile Plexiglasscheibe zwischen sich und den Schülern aufstellen. Zusätzlich stehen Masken und Plexiglasvisiere zur Verfügung. Genutzt wird auch der Visualizer. Von diesem Gerät kann ein Dokument gescannt und auf die Wand projiziert werden. Das funktioniere aber auch in umgekehrter Form. Schüler können ihre Aufgaben einscannen. Die Lehrperson kann diese dann direkt auf ihrem PC sehen und korrigieren.
Weiter werde darauf geachtet, dass die Schüler beim Betreten der Klasse als Erstes die Hände waschen. Sie werden auch angehalten, dies ebenfalls zu Hause zu tun. Schulleiterin Regula Meier-Rösti kontrolliert, dass die Abstands- und Hygienemassnahmen eingehalten werden und so die Lehrpersonen geschützt sind.

Debora Gattlen

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