Hürdenreiten im Gerichtsverfahren um «Luis»

Di, 28. Jul. 2020

Vor einem Jahr erschien im «Reussbote» der Artikel «Paragraphenreiterei um das Zuhause von Luis». Darin schilderte Pferdehalter Beat Jäger einen Rechtsstreit, der seit 2014 Geschichte schreibt. Vor der nahenden Hauptverhandlung will die Gegenpartei, Petra Caflisch, ihre Sicht darlegen.

Anfang Jahr meldete sich eine Frau namens Petra Caflisch bei der «Reussbote»-Redaktion. Es handelt sich dabei um die im «Reussbote»-Artikel mit Decknamen erwähnte Schuldnerin «Paula C.». Kurzer Rückblick: Die 39-jährige Sozialhilfebezügerin aus Riehen bei Basel brachte das Fohlen «Luis» einst zur Pension bei Jäger auf einem Bauernhof in Birrhard unter. Dort ist das Pferd noch heute: Gemäss Jäger schuldet ihm die Eigentümerin für Pflege und Unterhalt über 32 000 Franken. «Der erschienene Artikel ist lückenhaft», sagt Caflisch. Sie verweist zum Beispiel auf die Aussage von Jäger, dass Caflisch mehrfach vorbestraft sei. «Das hat seine Gründe», sagt sie und fügt an, dass die Gesellschaft ohnehin ein negatives Bild von randständigen Menschen habe. «Wenn dann noch ein Artikel über eine Sozialhilfebezügerin mit zwei Pferden erscheint, erachtet das kein Mensch als normal.»

Dank Pferden wieder Fuss gefasst
Zum persönlichen Treffen erscheint eine «gewöhnliche» Frau: die Haare zu einem Dutt nach hinten geflochten, gepflegt gekleidet, hinter den Brillengläsern lugen wachsame Augen hervor. Was auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, sind ihre gesundheitlichen Leiden. Davon erzählt sie später. «Im Jahr 2004 haben mir zwei Schicksalsschläge den Boden unter den Füssen weggerissen. Das führte mich bis in die Obdachlosigkeit.» Dank fachmännischer Betreuung sei ihr der Weg zurück in den Alltag gelungen. 2014 erhielt sie von einem langjährigen Bekannten ihr erstes Pferd namens «Hooch» – damit erfüllte sich für Caflisch ein lang gehegter Kindheitstraum. Kurze Zeit später erwarb sie zusätzlich das Fohlen «Luis» und brachte dieses bei Jäger unter.

Die Spirale beginnt zu drehen
Die Freude sollte nicht lange währen. Nach einem Monat habe der Stallhalter den Vertrag wieder aufgelöst, erzählt Caflisch. Jäger erklärte dem «Reussbote» vor einem Jahr: «Ich bekam bald ein flaues Gefühl, weil Caflisch den Unterhaltsrechnungen nicht nachkam.» Für die ausstehenden Zahlungen habe es Gründe gegeben, sagt sie nun. «Die Unterhaltsrechnungen waren unverhältnismässig – bis im sechsfach höheren Bereich.» Weder Einzahlungsscheine noch dazugehörige Belege seien ihr je ausgehändigt worden: «Dabei ist es mein Recht, diese einzusehen.» Die Spirale drehte sich. Solange Caflisch die Rechnungen nicht bezahlte, wollte ihr Jäger das Pferd nicht aushändigen. In der Tierverkehrsdatenbank Agate ist Caflisch hinterlegt – Pferdepass und Eigentumsurkunde sind aber im Besitz von Jäger.

Schadenersatz in Millionenhöhe
Caflisch spricht weiter von Körper- und Persönlichkeitsverletzung, weil «Luis» gegen ihren Willen kastriert, ausgebildet und durch die Haltung in Autobahnnähe Abgasen ausgesetzt wurde. «Luis» hat sie bis anhin zweimal gesehen. Auch zum zweiten Pferd «Hooch», das auf einem Hof in Lörrach untergebracht ist, wird ihr der Kontakt verwehrt. Grund? Eine Schadenersatzforderung seitens des Stallbetreibers. Die Frist für die Forderung sei mittlerweile jedoch verstrichen, der Stallbetreiber habe die notwendigen Belege nie eingereicht. «Beide Pferde wären für meine gesundheitliche Stabilisierung wichtig gewesen – das haben auch das Sozialamt Basel und die IV anerkannt. Auf die Beine kommen, eine Existenz aufbauen, ins Leben zurückkehren: All das konnte nicht stattfinden, weil mir meine Tiere vorenthalten wurden.» Von Jäger fordert Caflisch deshalb Schadenersatz in Millionenhöhe. Die Rechtsstreitigkeiten hätten Nerven und viel Zeit gekostet, sagt Caflisch und lächelt. «Man kann es auch als Bereicherung sehen – mittlerweile habe ich beispielsweise viele Kenntnisse im Rechtssystem.» Bevor sie das Kapitel um ihre Gegendarstellung abschliesst, ihre Unterlagen zusammenpackt und sich auf den Nachhauseweg begibt, betont Caflisch nochmals: «Mir ist wichtig, dass die Leute wissen, warum ich randständig bin. Ich hatte weder die Möglichkeit noch die Kraft, mich selbst zu finanzieren.»

Saskia Iten

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