Fritz Gerber führt zusammen mit seiner Ehefrau Susanna in Nesselnbach das Carunternehmen Heiri Reisen – Elch-Tours. Er hat schwierige Zeiten hinter und vor sich, verliert den Optimismus aber dank seiner fröhlichen Art nicht.
◆ Herr Gerber, wie schwer hat Sie der Lockdown getroffen? Wie geht es Ihnen heute? Haben Sie finanzielle Hilfe in Anspruch genommen?
Fritz Gerber: Der Lockdown hat unseren - wie übrigens auch alle anderen Tourismus-Dienstleister, gerade speziell Carreisebetriebe - aufs Heftigste getroffen. Bis zum Tag X spürten wir wenig, danach ging es aber innert Tagen auf null. Als Folge haben wir sofort die Kontrollschilder deponiert und die Kosten auf ein Minimum heruntergefahren. Zudem wurde der Covid-19 Kredit umgehend in Anspruch genommen. Ebenso gewährte eine grosse Mehrzahl unserer geschätzten Kunden die Möglichkeit, bereits einbezahlte Reisegelder in Gutscheine unseres Hauses umzuwandeln. Eine überaus sympathische, solidarische und verdankenswerte Geste. Nachdem alle Charter-Aufträge bis Mitte August kundenseitig storniert oder aufs kommende Jahr verschoben wurden, die Landesgrenzen ringsherum geschlossen waren und wir dadurch selbst die geplanten Reisen in die Normandie-Bretagne sowie rund um den Genfersee ebenfalls auf 2021 vertagen mussten, war klar, dass bis mindestens nach den Sommerferien 2020 gar nichts mehr geht. Leider hatte der Lockdown auch Einfluss auf meine beiden weiteren Standbeine - die Beschäftigung beim Transportverband ASTAG sowohl als Prüfungsexperte ChauffeurZulassungsVerordnung (Fähigkeitsausweis für Berufsfahrer) als auch als Kursleiter CZV war von einem Tag zum anderen inexistent und kommt erst jetzt langsam wieder in Fahrt. Letztendlich wird die Kombination des Arbeitspensums meiner Frau Susanna, meiner zusätzlichen Gelegenheitsjobs als Türsteher und Linienbuschauffeur, einer bescheidenen und zeitlich viel zu kurzen EO-Zahlung und nicht zuletzt dem Anknabbern unserer Reserven die Firma wohl überleben lassen.
◆ Sind Sie schon wieder auf dem Weg zur Besserung? Fährt ihr Car schon wieder?
Aktuell ist noch keine grosse Besserung in Sicht, im Gegenteil. Zunehmend müssen wir leider bereits Gruppen-Absagen für August und später entgegen nehmen. Dennoch planen wir im September eine Ferienwoche im Hotel Urbisgut in Altenmarkt / Österreich und sind aktuell doch zuversichtlich, die Fahrt durchführen zu können. Das von der ASTAG erarbeitete Hygienekonzept bietet eine sehr gute Möglichkeit, Carreisen sicher und sorgenfrei wieder geniessen zu können. Entscheidend werden die nächsten Wochen sein, wie sich die Infektionszahlen in der Schweiz und Europa entwickeln. Sicherheitshalber ist auf jeden Fall auch im Urbisgut ein Termin für 2021 reserviert.
◆ Wo ist das Reusstal am schönsten?
Mein Beruf ermöglicht mir immer wieder, das Reusstal auf seiner ganzen Länge zu unterschiedlichen Jahreszeiten erleben zu können. Jeder Abschnitt hat seinen Reiz, sich hier festzulegen fällt schwer.
◆ Wie sind Sie im Reusstal am liebsten unterwegs?
Wir sind in der spärlichen Freizeit sehr gerne zu Fuss unterwegs und lieben die vielen wunderbaren Wandermöglichkeiten in der Region.
◆ Was ist für Sie Luxus?
Für mich ist Luxus, in einer intakten, liebenswerten und gesunden Familie leben zu dürfen und selber die Herausforderungen eines jeden Tages positiv denkend, gesund und voller Energie in Angriff nehmen zu können. Materielles ist vergänglich - Gesundheit und Familie unbezahlbar.
◆ Wann findet einen das Glück?
Was ist Glück? Ich bin glücklich, wenn ich jeden Abend meine gesunde Familie in die Arme schliessen kann und keiner einen Unfall hatte - sei es auf der Strasse oder sonst bei der Arbeit. Ich meine, wenn ich mit offenem Herzen und Augen durch die Welt gehe, so findet mich das Glück schon - wenn es denn will.
◆ Besitzen Sie alles? Oder sind da noch Wünsche offen?
Aktuell bin ich mehr als zufrieden mit dem was ich habe. Ich darf hier den kürzlich verstorbenen Eishockey-Trainer Simon Schenk - ein Emmentaler wie ich - zitieren: "Mach mit däm wot hesch, dert wot bisch, das wot chaisch".
◆ Wenn Sie nicht Carchauffeur wären, welchen Beruf würden Sie dann ausüben?
Als kleiner Abc-Schütze wollte ich immer Meeresforscher werden oder generell auf See. Jacques-Yves Cousteau war damals omnipräsent, ich habe seine TV-Serien nie verpasst und alle seine Bücher in meiner Bibliothek. Wenn ich heute auf der norwegischen Hurtigruten unterwegs bin, träume ich manchmal schon noch davon, wie es wohl wäre mit vier Schulterstreifen auf der Brücke zu stehen und durch diese wunderbare und raue See zu manövrieren. Auch Berufsmilitär war einmal ein Thema, ein Berufsschulkollege hat das umgesetzt und ist heute Divisionär.
◆ Spontan kommen Freunde, was dürfen sie von Ihnen immer erwarten?
Wenn denn jemand zuhause ist, so findet man jederzeit einen Platz am Tisch und Zeit für spannende Gespräche.
◆ Wenn Sie eine Zeitreise machen könnten, in welcher Epoche möchten Sie landen?
Jede Epoche hat auf ihre Art einen gewissen Reiz. Bei den nordamerikanischen Indianern zum Beispiel könnte es mir gefallen. Ich bewundere ihren besonnenen Umgang mit und den Respekt vor der Mutter Natur.
◆ Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört?
Als Emmentaler fühle ich mich im gastfreundlichen und schönen Aargau eigentlich pudelwohl.
◆ Wenn Sie in einem Film mitspielen dürften, welchen würden Sie wählen?
Jagd auf roter Oktober mit Sean Connery.
◆ Welche Sportart würden Sie gerne lernen?
Weder verfolge noch praktiziere ich irgendwelche Sportarten.
◆ Lesen Sie ein Buch? Welches?/ Das Buch auf Ihrem Nachttisch?
Ich bin seit klein auf eine Leseratte, unsere Bibliothek umfasst mehr als 30 Laufmeter. Beruflich bedingt sind das viele Reiseführer, Fachbücher, gefolgt von Biografien spannender Menschen, technische Themen, Geschichte und auch Jeremias Gotthelf hat seinen Platz. Ein Schwerpunkt ist für mich ebenso Militär-Geschichte, speziell des 20. Jahrhunderts. Und ich darf für mich in Anspruch nehmen, jedes Buch irgendeinmal gelesen zu haben. Um die Frage zu beantworten, aktuell lese ich von Ian Kershaw "Das Ende". Es beschreibt die letzten Monate des NS-Regimes in der von ihm gewohnten hochstehenden und detaillierten Art und Weise.
◆ Bei welchem Lied können Sie nicht sitzen bleiben?
Ich bin ja jetzt nicht gerade der Typ, welcher sich von irgendwelchen Musikklängen aus dem Hocker jagen geschweige denn zu tänzerischen Bewegungen hinreissen lässt. Ich habe oft viel mehr Mühe in bestimmten Situationen meine Emotionen zu kontrollieren. Bei einem Alphorn oder Naturjodel, einem schottischen Dudelsack oder auch einem samischen Joik muss ich dann schon sehr kämpfen.
◆ Wem – tot oder lebend – würden Sie gerne ein paar Fragen stellen? Welche?
Mich festzulegen ist schwierig. Es gibt da viele Persönlichkeiten aus den gelesenen Biografien, mit welchen ich gerne ein paar Worte wechseln möchte. Weit oben auf der nationalen Liste stehen sicher General Henry Guisan und Jeremias Gotthelf.
Zu meiner Person:
Geboren 1967 im Emmental, Ausbildung zum Vermessungszeichner (heute Geomatiker), Stiefvater war Werkstattchef in einem Carbetrieb, somit eigentlich schon immer Diesel im Blut und hineingewachsen. Arbeit als LKW Chauffeur im Berner Seeland, RS und UOS in Bière. 1991 Umzug mit Susanna ins Oberwallis, Carchauffeur, später Disponent im gleichen Betrieb. Viele Fahrten nach Skandinavien, Nordkap. 1993 Heirat, 1995 Geburt Lars Henrik, 1997 Geburt Sven Harald. 1999 Umzug ins Berner Oberland, Geschäftsführer Carbetrieb, 2001 Umzug ins Reusstal und Beginn Selbständigkeit mit Übernahme von Heiri Reisen - elch-tours.ch.