Antwort auf den Leserbrief von Susanne Stranieri in der Ausgabe Nr. 48 («Reussbote» vom Freitag, 26. Juni).
Gedacht als Verteidigung für einen angeblich harmlosen Begriff, belegt der Leserbrief von Frau Stranieri auf erschreckend eindeutige Weise, wie stark unsere Gesellschaft noch immer von rassistischen Grundüberzeugungen geprägt ist.
Da wird munter von «Schwarzen» als einheitliche Volksgruppe geschrieben und behauptet, dass der Begriff «Mohr» nie diskriminierend gemeint gewesen sei, obwohl damit doch der abhängige und unwerte Diener weisser Herren beschrieben wurde, und weil es offenbar auch nicht jedem vorstellbar ist, dass in diesem Land nicht nur Menschen mit weisser Hautfarbe geboren werden – es also tatsächlich schwarze Schweizer gibt – wird noch flott das Thema Migration mit in den Topf der vielen fragwürdigen Argumente und Unwahrheiten geworfen.
Schwarze Menschen werden nicht erst durch die Thematisierung von Rassismus in eine Opferrolle gedrängt, sie sind seit Jahrhunderten Opfer von Unterdrückung und Ausbeutung durch Weisse, an denen auch die Schweiz beteiligt war. Schuld tragen die heute lebenden Schweizer nicht, wohl aber Verantwortung. Anti-Rassisten würden zum Beispiel nicht die angebliche Grosszügigkeit betonen, mit der die Schweiz Geflüchtete aufnimmt und die krude These anschliessen, dass man wegen der Migranten sogar eigene Grundwerte anpassen würde. Welche das sein sollen, wird nicht verraten.
Nur an einer Stelle steht Wahres: Wegen einer Umbenennung in Schoko-Küsse würde sicherlich kein Rassist seine Gedanken ändern. Stimmt, aber wenn kommende Generationen gar nicht mehr mit abwertenden Begriffen aufwachsen müssten, wird sich auch so leicht kein rassistisches Bild mehr in ihren Köpfen festsetzen können. Natürlich nur, wenn es nicht bei der blossen Wort-Kosmetik bleibt und wir endlich aufhören würden, etwas zu verteidigen, was anderen Menschen Schmerz zufügt.

Nicole Quint, Mellingen