Vereinbarung mit Kanton bleibt geheim

Di, 14. Jul. 2020

Der «Reussbote» verlangte Einsicht in eine Vereinbarung, welche der Gemeinderat Mellingen mit dem Kanton abschloss. Der Gemeinderat verweigert die Einsicht und wies das Begehren ab. Er begründet eine Geheimhaltung sei zum Wohle der Öffentlichkeit.

Seit 14 Jahren ist das Öffentlichkeitsgesetz in Kraft. Es regelt den Zugang zu Dokumenten für jedermann. Es soll Transparenz schaffen und einen Einblick ermöglichen in die Arbeit von Behörden. Das Gesetz räumt jeder Person das Recht ein, Einsicht in Dokumente von Verwaltungen zu nehmen. Im jüngsten Bericht kommt der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes zum Schluss, dass die Behörden nicht ganz so transparent arbeiten, wie sie sollten.
Das hat leider auch der «Reussbote» erfahren müssen. Diese Zeitung verlangte Einsicht in die Vereinbarung der Gemeinde Mellingen mit dem Kanton. Es geht um ein strittiges Verfahren zwischen dem Departement Gesundheit und Soziales (DGS) und dem Gemeinderat Mellingen. Auslöser dieses Disputs ist eine finanzielle Rückforderung des Gemeinderates. Dieser verlangte vom Alterszentrum Mellingen-Wohlenschwil den Betrag in Höhe von 275 000 Franken. Er begründete diese Rückforderung damit, das Alterszentrum habe in den Jahren 2012 bis 2014 zu hohe Einstufungen des Pflegebedarfs vorgenommen. Dadurch habe das Alterszentrum der Gemeinde zu hohe Pflegerestkosten verrechent. Der Gemeinderat blitzte mit seiner Forderung ab. Gegen den Entscheid des Departements Gesundheit und Soziales erhob der Gemeinderat Beschwerde. Anlässlich einer Aussprache mit dem zuständigen Regierungsrat Gallati wurde der Rechtsstreit beigelegt und eine Vereinbarung unterzeichnet. Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart.

Gemeinderat lehnt Gesuch ab
Der «Reussbote» stellte anfangs März dem Gemeinderat schriftlich ein Gesuch um Einsicht in diese Vereinbarung. Er stützte sich dabei auf das Öffentlichkeitsgesetz. Nach Rücksprache mit dem Kanton Aargau lehnte der Gemeinderat das Gesuch Ende April ab. Der Gemeinderat begründete diesen Entscheid damit, dass das öffentliche Interesse darin bestehe, dieses aufwendige Rechtsmittelverfahren abzuschliessen. Die freie Meinungs- und Willensbildung der am Vergleich beteiligten Behörden soll ebeso geschützt werden, wie die Verhandlungspositionen und die vertragliche Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Prozessrechtes.

Hat der Kanton Geld bezahlt?
Der «Reussbote» bedauert, dass der Gemeinderat das Gesuch ablehnt. Es hätte Fragen beantwortet, welche für die Öffentlichekit von Interesse sind. Zum Beispiel ob der Kanton eine Mitschuld anerkennt oder ob der Kanton der Gemeinde einen Teil der Prozesskosten zurückerstattet. Das wäre dann insofern eine Ungleichbehandlung, weil das Alterszentrum seine Kosten zur Abwehr der Forderung alleine trägt. Das Alterszentrum hat nämlich die Pflegekosten korrekt verrechent und hat nun einen Reputationsschaden zu tragen.

Formaljuristische Hürde
Der «Reussbote» kam nach Abwägung aller Vor- und Nachteile zum Entschluss, den Entscheid des Gemeinderates zu akzeptieren. Ein Weiterzug wäre mit Kosten von mehreren Tausend Franken verbunden gewesen. Aber der «Reussbote» wandte sich an Gunhilt Kersten, Beauftragte für Öffentlichkeit und Datenschutz. Kersten zog eine Beschwerde gegen den Gemeinderat Mellingen in Aussicht. Sie schrieb dem «Reussbote»: «Für die Durchsetzung des Öffentlichkeitsprinzips ist die Klärung der Frage von Interesse, ob Behörden das Einsichtsrecht durch eine Geheimhaltungsklausel ausschliessen können. Wir haben die Prozesschancen unter diesem Gesichtspunkt geprüft und sind zum Schluss gekommen, dass sich im Verfahren verschiedene rechtliche Probleme stellen. Die Wahrscheinlichkeit der Klärung dieser wichtigen Frage ist unseres Erachtens zu gering, um eine Prozessführung zu rechtfertigen.» Die Geschäftsstelle Öffentlichkeitsgesetz.ch schreibt dem «Reussbote» nach Studium der Unterlagen: «Die Chance zu unterliegen ist höher einzuschätzen als diejenige zu siegen. Aber natürlich ist es bedauernswert, wenn Behörden in Streitsachen nach Lust und Laune Geheimabkommen treffen können.

Benedikt Nüssli

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