Wer wenig hat, dem wird gegeben

Fr, 17. Jul. 2020

Oberrohrdorf zahlt nach wie vor in unserer Region am meisten in den Topf. Das, wegen der guten Steuerkraft. Ganze 1,7 Mio. Franken werden an den Kanton abgegeben. Mellingen und Tägerig sind die Gemeinden, die am meisten profitieren. Tägerig bekommt zusätzlich wegen dem hohen Steuersatz Ergänzungsbeiträge.

Der Finanzausgleich hat in erster Linie mit der Steuerkraft der Gemeinden zu tun. Wer gute Steuerzahler hat, muss in den Solidaritätsfonds des Kantons einzahlen. Gemeinden, die zur Kasse gebeten werden, befinden sich vor allem am Rohrdorferberg. Trotz Zahlungen an den Kanton bleibt den Gemeinden unter dem Strich immer noch mehr in der Kasse. Auch bei Zahlungen über einer Million Franken wird nicht darüber nachgedacht, wie der Beitrag zu drücken wäre. Der Solidaritätsgedanke und das Berechnungssystem des Kantons überzeugen. Oberrohrdorf ist in unserem Einzugsgebiet mit 1,7 Mio. Franken Abgaben der Spitzenreiter. Davon müssen 1,3 Mio. Franken wegen hohen Steuereinnahmen bezahlt werden. Wo gute Steuerzahler sind, gibt es auch weniger Sozialfälle. Dafür muss ebenfalls einbezahlt werden. Da Oberrohrdorf zudem mit rückläufigen Schülerzahlen kämpft, ist auch hier eine Abgabe fällig. «Die Finanzkraft hat sicherlich etwas mit der Qualität der Gemeinde zu tun», sagt Gemeinderätin Barbara Voser. «Nebst guten Steuerzahlern gehört auch eine gute Infrastruktur dazu. Bei uns ist diese in Schuss.»
Mit einem Steuerfuss von 85 Prozent wird die Gemeinde wohl auch in den nächsten Jahren auf gute Steuerzahler zählen können. Daran will der Gemeinderat vorerst festhalten.

Birmenstorf schnallt Gürtel noch enger
Ohne Wenn und Aber zahlen auch Niederrohrdorf, Remetschwil und Birrhard ihre Beiträge. Nicht so Birmenstorf. Bekanntlich wurde das Gemeindebudget für dieses Jahr erst im zweiten Anlauf genehmigt. Eine erste Erhöhung des Steuerfusses ging bachab. Es wurde auch schon diskutiert, den Steuerfuss 25 Prozent über dem kantonalen Mittel anzuheben, um beim Kanton Ergänzungsbeiträge zu holen. Der Souverän entschied sich dagegen. Die Birmenstorfer sind nach wie vor überzeugt, dass ein attraktiver Steuerfuss auch gute Steuerzahler ins Dorf lockt. Die Finanzkraft der letzten drei Jahre spricht dafür. Birmenstorf bezahlt 325 000 Franken an den Kanton. Davon 236 000 Franken als Steuerkraftausgleich. Für den Bildungsausgleich bekommt die Gemeinde 95 000 Franken vergütet, wegen der hohen Schülerzahlen. Beim Sozialausgleich muss hingegen wegen den unter dem kantonalen Schnitt liegenden Sozialfällen 224 000 Franken bezahlt werden. Bereits steht das Budget für das nächste Jahr. «Wir haben für das Budget 2021 nochmals eine gewaltige Sparrunde eingelegt», sagt Jürg Frey, Leiter Finanzen. Damit könne der Steuerfuss auch 2021auf 94 Prozent belassen werden. 2022 wird wegen des neuen Schulhauses der Steuerfuss um vier Prozent steigen. Sparen ist aber nicht nur in Birmenstorf ein Thema. Viele Gemeinden werden wegen der Corona-Krise bei der Steuerkraft Einbussen haben. Es wird mit bis zu 10 Prozent weniger Einnahmen gerechnet. Wie sich das auf den Finanzausgleich auswirkt, ist ungewiss.

Mellingen bekommt Finanzausgleich
Viele Sozialfälle, eine im Vergleich mit dem kantonalen Durchschnitt tiefe Steuerkraft und die Lasten einer Zentrumsgemeinde führen auch für 2021 zu der Finanzspritze von 947 000 Franken vom Kanton. Bei Mellingen sei die tiefe Steuerkraft auf das hohe Angebot von günstigen und oft auch älteren Wohnungen zurückzuführen. Das führe unter anderem zu mehr Sozialfällen, sagt Finanzverwalter Thilo Zink. Der Finanzausgleich helfe, das abzufedern. Für 2021 ist weiterhin ein Steuerfuss von 110 Prozent budgetiert, dies, trotz erheblicher Verschuldung. So wurde 2015 für 18 Mio. Franken das Schulhaus an der Bahnhofstrasse fertiggestellt, an der Kleinen Kreuzzelg wird ein neues Primarschulhaus gebaut, der Kostenanteil an die Umfahrung und die Neugestaltung der Innenstadt stehen noch an.

Ergänzungsleistung für Tägerig
Tägerig bezieht 783 000 Franken aus dem Finanzausgleich. Auf diesen Betrag ist die Gemeinde angewiesen, sagt Gemeindeschreiber Rolf Meier. Der Steuerfuss steht bei 127 Prozent; 25 Prozent über dem kantonalen Mittel. Dadurch hat die Gemeinde zusätzlich Anspruch auf einen Ergänzungsbetrag. Heuer waren das 117 000 Franken. Auch in Tägerig ist die Steuerkraft gering. Der ländliche Wohnort sei aktuell vor allem bei Familien mit Kindern beliebt. Laut Finanzplan fällt in den kommenden zehn Jahren vor allem die Sanierung des Schulhauses ins Gewicht. Die noch anstehenden Bauvorhaben lösen hingegen keine namhaft grossen Investitionen in die Infrastruktur aus, sodass berechtigte Hoffnungen auf künftige Steuermehreinnahmen bestehen.
Der Finanzausgleich bleibt in dieser Form bis im Jahre 2023 gewährleistet, danach entscheidet der Grosse Rat über die Form der weiteren Ausrichtung.

Debora Gattlen

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