«Wir hinterfragen den Status quo»

Fr, 04. Sep. 2020

David Sommer kandidiert auf der Liste der SP, weil er die Gesellschaft verändern will

David Sommer kämpft an den kommenden Wahlen dafür, mehr Junge und mehr Frauen in den Grossen Rat und in die Regierung zu bringen. In die Politik hat es den 22-jährigen Birmenstorfer gezogen, weil er das Elend der Geflüchteten auf dem Mittelmeer nicht länger mitansehen wollte.

Mir ist einfach klar geworden, wie privilegiert wir sind, und dass unser Wohlstand auch auf der Ausbeutung des globalen Südens gründet», erinnert sich David Sommer an seinen politischen Erweckungsmoment. Ein Freund hatte ihn mitgeschleift zur Seebrücke-Demo nach Zürich und es war die Abschluss-Rede einer Seenot-Retterin, die den Birmenstorfer schwer beeindruckte. Seitdem ist er angefressen und opfert viel Freizeit für politische Aktionen. Er trat in die JUSO ein, später dann auch in die SP. Transparente malen, sich Aktionen überlegen, auf Demos gehen wurde Teil seines Alltags. «Für alle statt für wenige, das trifft sich einfach mit meiner Überzeugung», erklärt er seine Einstellung unter Zuhilfenahme des bekannten Slogans.

Drei Tage zusammen unterwegs
Daneben ist es das Gemeinschaftsgefühl, das ihn begeistert. Eindrücklichster Moment bisher war seine Teilnahme an der dreitägigen Winterwanderung von Landquart an den Weltwirtschaftsgipfel nach Davos im vergangenen Jahr – anstrengend, doch gleichzeitig kraftspendend. Mit Gleichgesinnten versammelte sich David Sommer zum Klimastreik auf dem Rathausplatz des Skiorts. Unter ihnen auch Greta Thunberg; er stand vielleicht drei Meter entfernt von der berühmten Schwedin. «Aber alle wollten nur sie fotografieren», erinnert er sich gequält an den übertriebenen Personenkult. «Es gab mehr Kameras als Demonstrierende, die ganze Weltpresse war versammelt.» Der komplette Wintermarsch erhielt schliesslich weniger Sendezeit als Greta, die einfach nur dastand. Demotiviert hat ihn das nicht. «Ich sage mir immer: Was wäre passiert, wenn wir gar nichts gemacht hätten? Es gab schliesslich trotzdem Berichte, und Kritik, die gehört wurde. Das ist, was zählt.»

Mutterpartei macht Platz für Junge
Mit derselben Einstellung geht der junge Mann an die kommenden Wahlen heran. Als Vorstand der Jungsozialisten betreut er deren Auftritt in den Sozialen Medien und ist zusammen mit JUSO-Regierungsratskandidatin Cybel Dickson damit beschäftigt, die Wahlkampagne im ganzen Kanton zu führen. Rund zwölf Stunden pro Woche ist er damit ehrenamtlich beschäftigt. Migration, Klimaschutz, Verteilungsgerechtigkeit und mehr Anerkennung für Care-Arbeit sind seine Kernthemen. Dabei ist David Sommer einer von sieben Kandidatinnen und Kandidaten der Jungpartei auf der Liste der SP. Zum Vergleich: Weder CVP noch SVP haben Junge aus dem Verbreitungsgebiet des «Reussbote» in ihren Listen. «Ich finde es super, dass uns so viel Raum gegeben wird», lobt er. «Denn Politik wird gemeinhin von älteren Männern gemacht.» Ein Negativbeispiel sei der Grosse Rat. Zwei von drei Mitgliedern sind Männer. Und beim Regierungsrat ist die Schieflage noch gravierender. Seit seiner Gründung gab es erst drei weibliche Mitglieder. «Wie sollen fünf Männer darüber entscheiden, was für Frauen wichtig ist?», fragt er rhetorisch.
Mit einer originellen Aktion haben die JUSO am Samstag vergangener Woche auf diesen Missstand aufmerksam gemacht: Sie färbten Brunnen in Aarau, Baden und Bremgarten rot und verteilten Tampons. Die JUSO haben ausserdem neben Dickson noch Zoe Sutter und Patricia Hegglin ins Rennen um den frei werdenden Regierungsratssitz geschickt. «Ich finde es wichtig, das System zu hinterfragen», sagt Sommer dazu.
«Büezer*innen wählen JUSO», lautet der Slogan der Jungpartei bei den Grossratswahlen. «Weil wir wirklich für die Rechte der Arbeitnehmenden eintreten», erklärt der Birmenstorfer. «Die Bürgerlichen machen Politik für die Reichen.» Als Büezer sieht er sich auch selbst: Zusätzlich zu seinem Informatikstudium an der Hochschule in Windisch arbeitet er in einem 40-Prozent-Pensum als IT-Fachmann für die Unia in Basel. Darum muss er viel zwischen diesen Städten, dem JUSO-Büro in Aarau und seinem Wohnort pendeln – mit ÖV und Velo, versteht sich, einen Führerausweis besitzt er nicht. Vollgas will er trotzdem geben, auch wenn er sich mit dem Listenplatz 18 keine grossen Chancen ausrechnet. «Dafür kann ich Erfahrung sammeln, um beim nächsten Mal weiter vorne zu starten – und unterdessen für meine Überzeugungen einstehen.»

Stefan Böker


Folge 4: Junge wollen in den Grossen Rat

Am 18. Oktober werden die 140 Mitglieder des Grossen Rats für die kommenden vier Jahre gewählt. In loser Folge stellen wir im «Reussbote» einige der jüngsten Kandidatinnen und Kandidaten aus unserem Verbreitungsgebiet vor. (sb)

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