Kanton soll die Pflegerestkosten bezahlen

Fr, 11. Sep. 2020

Mellingens Stadtammann Bruno Gretener (FDP) reicht im Grossen Rat einen Vorstoss zu den Pflegerestkosten ein

Der Rechtsstreit zwischen dem Alterszentrum in Mellingen und dem Gemeinderat ist beigelegt. Ein Vorstoss im Grossen Rat von Mellingens Stadtammann Bruno Gretener verlangt nun eine Praxisänderung bei der Abrechnung der Pflegekosten.

Ich finde es nicht richtig, dass derjenige, der einen erheblichen Teil der Pflegekosten zu tragen hat, keine Chance hat, sich bei allfälligen Unstimmigkeiten zu wehren», sagt Mellingens Stadtammann und Grossrat Bruno Gretener (FDP) zum «Reussbote». Deshalb reichte er letzten Dienstag zusammen mit Roger Fessler (SVP, Mellingen), Marlène Koller (SVP, Untersiggenthal) und Susanne Voser (CVP, Neuenhof) im Grossen Rat einen Vorstoss ein. Dieser verlangt eine Praxisänderung bei der Restkostenfinanzierung in der stationären Langzeitpflege. Bis heute ist es so, dass die Pflegekosten von den Krankenkassen, dem Bewohner und der Gemeinde übernommen werden müssen.

Rechtsstreit mit Auswirkungen
Gretener wehrt sich aufgrund eines Rechtsstreits mit dem Alterszentrum, respektive dem Kanton Aargau. Die Gemeinde Mellingen war der Meinung, das Alterszentrum stufe seine Bewohner zu hoch ein. Die Gemeinde Mellingen stellte Rückforderungen in der Höhe von 275 000 Franken. Das Versicherungsgericht hielt in seinem Urteil 2017 fest, dass Mellingen keine Rückforderungen bei einem Leistungserbringer geltend machen könne, sondern dass bei Streitigkeiten der Kanton zuständig sei. Im November letzten Jahres wies der Kanton die Rückforderung der Gemeinde Mellingen ab, worauf der Gemeinderat Beschwerde gegen diesen Entscheid erhob. An einer Besprechung mit dem zuständigen Regierungsrat Jean-Pierre Gallati wurde eine Einigung erzielt. Über die getroffenen Abmachungen wurde Stillschweigen vereinbart. Damit fand dieser jahrelange Rechtsstreit ein Ende.

Kanton soll bezahlen
Dieser Rechtsstreit hat jetzt Auswirkungen auf politischer Ebene. Mit dem Vorstoss verpflichtet Gretener den Regierungsrat, Stellung zu nehmen. Der Mellinger Stadtammann ist nämlich der Meinung, dass die Restkosten nicht von den Gemeinden, sondern vom Kanton zu tragen seien. Denn die Gemeinden haben weder auf die Einstufungen noch auf die von den Krankenkassen durchgeführten Audits (Kontrollen) eine Möglichkeit zur Einflussnahme. «Wir haben zu zahlen, aber nichts zu sagen», formuliert es Gretener etwas salopp.
Die Kontrolle von Einstufung und Leistung obliegt gemäss Gesetz den Krankenversicherern, also den Krankenkassen. Sie führen entsprechende Audits durch. «Gerade bei kleineren Altersheimen finden diese Audits eher lasch und nur sehr unregelmässig statt», schreibt Gretener in seinem Vorstoss. Er fragt sich zudem, ob diese Kontrollen genügen, um bei einer zu hohen Einstufung oder bei fehlerhafter Leistungserfassung solche Fehler in jedem Fall erkannt werden? Für die einzelne Krankenkasse sei der Schaden aufgrund von wenigen Fällen in kleineren Heimen eher gering. Bei der Standortgemeinde kann jedoch aufgrund systematisch zu hoher Einstufung ein finanziell beträchtlicher Mehraufwand entstehen, heisst es im Vorstoss.

Der Grosse Rat entscheidet
Deshalb verlangen die drei Grossräte eine Änderung des kantonalen Pflegegesetzes. Die Restkosten seien inskünftig vom Kanton zu übernehmen und nicht mehr von der Wohngemeinde. Diese Kostenverschiebung wäre im Finanz- und Lastenausgleich zwischen den Kantonen und den Gemeinden entsprechend zu berücksichtigen, heisst es im Vorstoss weiter.
Wie geht es jetzt weiter? Der Regierungsrat erstattet dem Grossen Rat innert drei Monaten nach Einreichung Bericht und Antrag zu Motionen, Postulaten und Aufträgen. Lehnt er ihre Entgegennahme ab, hat er dies schriftlich zu begründen. Der Grosse Rat kann das Postulat aber auch bei einer Ablehnung durch den Regierungsrat überweisen und ihn verpflichten, eine Änderung des Gesetzes umzusetzen.

Gemeindeanteil steigt kontinuierlich
Wie schätzt Gretener die Chance seines Vorstosses ein, dass er zu einer Gesetzesänderung führt? «Durchaus realistisch», sagt er zum «Reussbote». Der Mellinger Stadtammann moniert zudem den Verteilschlüssel der Pflegekosten. Während der Anteil der Krankenkassen in den letzten Jahren praktisch gleich hoch geblieben ist, stieg der Kostenanteil der Gemeinden seit 2015 kontinuierlich an.

Benedikt Nüssli

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