«Steibode» – Geldsegen oder Wertminderung?

Fr, 23. Okt. 2020

Infoveranstaltung zur Festsetzung des Standorts «Steibode» als Materialabbaugebiet und als Deponie stiess auf grosses Interesse

Die Turnhalle war von den Birretern gut besucht. Dies trotz geltender Maskenpflicht. Das Thema der Infoveranstaltung brannte unter den Nägeln. Gespannt lauschten sie den Ausführungen und diskutierten anschliessend.

Elf Birreter meldeten sich zu Wort. Ihre Aussagen verkörperten das, was die anwesende Dorfbevölkerung bewegt. Sie erhielten Applaus für ihre Fragen und Ausführungen. Fest steht, die Betreiber des Kiesabbaus und der Kanton werden noch einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit der Standort «Steibode» für 20 bis 25 Jahre als Kiesmaterialabbaugebiet und als Deponie für unverschmutztes Aushubmaterial genutzt werden kann. «Der Gemeinderat hat nichts entschieden», sagt Gemeindeammann Ursula Berger-Bolliger. «Wir wollten der Bevölkerung die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, ob sie dieses Projekt wollen oder nicht.»

Standortprüfung: «Steibode» ist Sieger
In den Jahren 2013 und 2014 wurden Arbeitsgruppen gegründet und eine umfassende Standortevaluation für Aushubdeponien in Brugg und Baden lanciert – mit dem Ziel, die regionale Entsorgungsplanung und die Kiesversorgung für mindestens 25 Jahre zu sichern. Die Bautätigkeit in der Region Brugg ist hoch. Das wird auch in Zukunft so sein. Das daraus anfallende Erdmaterial wird in Kiesgruben oder dafür vorgesehene Deponien transportiert und dort eingelagert. Gemäss Kanton sinkt das verfügbare Auffüllvolumen stark. Voraussichtlich ab 2025 sind für die zu erwartenden Mengen zusätzliche Standorte erforderlich. Aufgrund der Evaluation wurden zehn potenzielle Standorte gefunden und vom Kanton geprüft. Das Gebiet «Steibode» hat in allen Abklärungen und Beurteilungen sehr gut abgeschnitten, heisst es im Planungsbericht. Die geplante Deponiezone befindet sich am nördlichen Rand der Gewerbezone und umfasst eine Fläche von rund 11,5 Hektaren, die in der Landwirtschaftszone liegt. Der Standort «Steibode» soll im kantonalen Richtplan aufgenommen werden. Bis es soweit ist, müssen einige Hürden überwunden werden. Das letzte Wort werden die Birreter Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung haben. Zuvor können sie sich bereits beim ersten Schritt, beim Mitwirkungsverfahren, einbringen.
Nach temporären Unannehmlichkeiten durch den Kiesabbau und gleichzeitiger Auffüllung durch unverschmutzes Aushubmaterial soll Birrhard nach spätestens 25 Jahren eine Aufwertung erhalten. So soll nicht nur aufgefüllt, sondern eine Höhenaufschüttung erfolgen, die sich sanft in die Landschaft einfügt. Dank dem aufgeschütteten Wall, er ist an der höchsten Stelle zwölf Meter hoch, soll das Dorf sowohl optisch als auch vor Lärm der Autobahn A1 geschützt werden. Die Hochspannungsleitung werde künftig ebenfalls optimiert.

Auf- oder Abwertung für das Dorf?
«Der Erdwall wird eine Aufwertung für das Dorf sein», sagte Ruedi Amsler, Verwaltungsrat der Terractus AG und Geschäftsführer der Samuel Amsler AG, die die Deponie führen wollen. Davon sollten vor allem auch die Anwohner der Dorfstrasse profitieren. Die Birreter wollten davon an der Infoveranstaltung nichts wissen, sie kommentierten mit Gelächter. Statt einem Mehrwert befürchten sie während des Abbaus eine Wertminderung ihrer Liegenschaften von 10 Prozent. Das würde auch später durch die Aufschüttung nicht wettgemacht. Zu reden gab auch der Mehrverkehr durch Lkws. 170 Muldenkipper täglich werden zur Kiesgrube und Deponie fahren. Für die Materialtransporte ist der Anschluss über die Lenzburgerstrasse sowie die Birrfeldstrasse und die Langgasse vorgesehen. Ortsdurchfahrten werden laut Planungsbericht keine verursacht. Die Birreter bemängelten, dass die Langgasse schmal sei und bis anhin wegen des Naturschutzes nicht verbreitert werden konnte. Ein Kreuzen der Lkws sei dort nicht möglich. Sicherlich würden auch deshalb die Fahrer den Weg durchs Dorf nehmen, auch wenn das nicht die offizielle Route sei. Das habe mit Vertrauen zu tun, sagte Thomas Merz, VR-Präsident der Terractus AG und Leiter Bau Merz Gruppe. Es könne zudem mit moderner Technik überprüft werden, wo und wie schnell ein Lkw unterwegs ist. Geplant sei ein Ausweichplatz bei der Kreuzung.
Weiter wurde ins Feld geführt, dass die Lkw Zu- und Abfahrt auch von Kindern als Schulweg genutzt werde, auch wenn der offizielle Schulweg dort nicht durchführe. Dazu sagte Ruedi Amsler, dass genau dafür die Mitwirkungsfrist bestehe.
Ein weiteres Anliegen der Birreter ist, dass ihr Naherholungsgebiet «Rütli» nicht durch die Kiesgrube und Deponie in Mitleidenschaft gezogen wird. Dort findet auch jeweils die 1. August-Feier der Gemeinde statt.

Mitwirkungsfrist läuft drei Monate
Diese läuft während drei Monaten, noch bis am 18. Dezember. Mit einem Formular können Verbesserungsvorschläge und Bedenken an den Kanton gesandt werden. Danach wird das Projekt nochmals überarbeitet. Ziel ist, den neuen Standort im Richtplan zu integrieren. Anschliessend wird das Projekt nochmals überarbeitet und präzisiert. Auch dort werden sich die Birreter einbringen, wie auch bei der darauffolgenden Erarbeitung des Nutzungsplans. Erst danach kommt das Projekt mit dem Baugesuch Teilzonenplanänderung an die Gemeindeversammlung. Dann wird vom Souverän entschieden, ob der «Steibode» ein Segen oder Fluch ist. Im Anschluss wird noch das Baugesuchsverfahren durchgeführt. Segen in Form von Geld, die Firma Terractus AG würde bei einem «Ja» der Birreter ihren Firmensitz ins Dorf verlegen und ihnen damit Steuereinnahmen bescheren. Fluch in Form von Lärm, Staub und Minderwert der Liegenschaften.
Sämtliche Unterlagen liegen auf der Gemeindekanzlei Birrhard sowie bei der Abteilung Raumentwicklung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt öffentlich auf und stehen auch unter ag.ch/anhoerungen zum Herunterladen bereit.

Debora Gattlen

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