Toni Widmer, 1955, Journalist (BT/AZ) im Unruhestand, von, zu und in Sarmenstorf, leidenschaftlicher Camper und Vespa-Fahrer, seit 40 Jahren verheiratet mit Cornelia, zweifacher Vater, Grossvater von drei Mädels, sorgt ab und zu auch mit seinem Saxofon für Lärm.
Erbsli mit Rüebli mag ich am Liebsten
Ich mag Erbsli mit Rüebli. Ich mag diese Gemüsemischung so sehr und so oft, dass nicht nur meine Frau, sondern auch meine Kinder schon des Öfteren gespöttelt haben. Nur meine Enkelinnen haben mich diesbezüglich bisher verschont. Erstens mögen sie Erbsli mit Rüebli auch, zweitens sind sie nur sporadisch an unserem Tisch zu Gast und drittens kann die Kleinste noch nicht richtig sprechen.
Natürlich mag ich Erbsli solo oder Rüebli allein. Doch am Liebsten habe ich sie zusammen. Wenn meine Frau verreist ist, steht dieses Gericht oft mehrmals pro Woche auf dem Menüplan. Ich kaufe mir jeweils eine grosse Büchse, das reicht für dreimal Beilage. Ja klar, man(n) kocht – vor allem in der Saison – vorzugsweise frisch. Doch Erbsli gibt’s nicht immer und überall zu kaufen und zwei, maximal drei Büchsen pro Monat glaube ich mir erlauben zu dürfen. Zumindest, wenn dort Erbsli und Rüebli drin gewesen sind. Oder weisse Bohnen an Tomatensauce, meine zweite Büchsenmarotte.
Vor zwei Wochen haben wir im Aargau die Regierung und den Grossen Rat neu bestellt. Für mich ein absoluter Höhepunkt oder, etwas zeitgenössischer ausgedrückt, ein Highlight. Nicht, weil ich mit der neuen Zusammensetzung des Grossen Rates und/oder einer frauenlosen Regierung absolut zufrieden bin. Viel mehr waren das die ersten grossen Wahlen seit Jahrzehnten, an denen ich nicht als Journalist im und vom Dienst involviert gewesen bin. Ich konnte mich am Wahlnachmittag zurücklehnen, die Ergebnisse und Diskussionen darüber verfolgen, die ersten Kommentare lesen und mit (ganz leichter) Schadenfreude an meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen denken, die sich zu dieser Zeit je länger je mehr Schweissperlen vom Gesicht wischten, je näher der Redaktionsschluss rückte.
Doch was haben Erbsli mit Rüebli mit den Aargauer Kantonswahlen zu tun? Für mich sehr viel. So gern ich gemischtes Gemüse mag, so sehr schätze ich breit abgestützte politische Gremien. Ein erbsligrüner Kanton wäre für mich ebenso grauslig wie eine rüeblirote Schweiz. Auch ein politisch ausschliesslich sünneligelbes, oranges oder blaues Land wäre nicht im meinem Sinn. Die Schweiz, so sehe ich das, ist deshalb gross und stark und stabil geworden, weil die Politiker jeglicher Couleur es immer wieder verstanden haben, den gemeinsamen Kompromiss zu finden. Eben nicht Erbsli oder Rüebli, sondern Erbsli mit Rüebli.
