GASTKOLUMNE

Di, 27. Okt. 2020

Marianne Stänz ist Gemeindeammann in Birmenstorf. Die Kanzleimanagerin (lic.oec.publ.) ist Vorstandsmitglied der Frauenzentrale Aargau, Präsidentin des ref. Kirchenchores Birmenstorf und Vorstandsmitglied der CVP Birmenstorf.

Und sie bewegt sich doch …

Das Abstimmungswochenende vom 27. September hat mich total überrascht, wurde doch die Vorlage zum 14-tägigen Vaterschaftsurlaub klar angenommen. In unserem beschaulichen Birmenstorf lag der «Ja»-Anteil bei 54,2 Prozent. Damit lag die Zustimmung sogar einen Prozentpunkt über dem Kantons-Resultat. Gesamtschweizerisch wurde die Vorlage überdeutlich mit 60,3 Prozent angenommen. Wow!
Sie fragen sich nun vielleicht, wieso mich das so überrascht. Die Mutterschaftsversicherung hatte zwischen 1984 und 2004 vier Versuche gebraucht, bis die heutige Lösung beim Volk Gefallen fand. Und nun nimmt der Vaterschaftsurlaub bereits im ersten Anlauf die Hürde Volksabstimmung. Wie ist das möglich? In meinem Berufsleben hatte ich bisher eher die Erfahrung gemacht, dass sich die Gesellschaft nur langsam von der mutterzentrierten Kinderbetreuung in Richtung gemeinsame Paar-Aufgabe bewegt.
Eben haben wir das Projekt «Vereinbarkeit von Lebenswelten» abgeschlossen – ich dabei in der Rolle als Projektleiterin im Auftrag der Frauenzentrale Aargau. Unser Projekt hatte das Ziel, in zehn Aargauer KMU-Betrieben die betrieblichen Rahmenbedingungen in Richtung mehr Vereinbarkeitsfreundlichkeit zu verbessern. In Zeiten, in denen der Kampf um qualifizierte und motivierte Mitarbeitende immer zäher wird, ist es sehr wichtig, dass die KMUs gegenüber Grossbetrieben nicht je länger je mehr auf der Strecke bleiben. Nur haben das erst ganz wenige KMUs im Kanton Aargau erkannt. Es war unglaublich zäh, nur schon die angestrebten zehn KMUs zu finden. Interessanterweise hatte die Mehrheit der beteiligten KMUs als Massnahme entwickelt, den Vaterschaftsurlaub auf zehn Tage auszudehnen. Nun, da zwei Wochen bald Standard sein wird, müssen die KMUs erneut über die Bücher. Novartis beispielsweise hat bereits einen Vaterschaftsurlaub von 18 Wochen eingeführt. Väter werden Müttern damit gleichgestellt. 1:0 für Novartis im Kampf um die grössten Talente …
Das klare «Ja» zum Vaterschaftsurlaub hat nun bewiesen, dass der gesellschaftliche Wertewandel in vollem Gange ist. Kinder grosszuziehen ist heute klar eine gemeinsame Aufgabe der Eltern. In diesem Sinne muss ich meine Skepsis revidieren und feststellen: Die Schweiz bewegt sich doch.

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