Die Türe zur Gerichtsstube geht zu

Fr, 20. Nov. 2020

Im Budget 2021 ist der Betrag für die Miete der Gerichtsstube gestrichen

Der Gemeinderat Mellingen kommt einem Beschluss der Gemeindeversammlung von 2014 nicht mehr nach. Er streicht den Beitrag für die Miete der Gerichtsstube. Ob das zulässig ist ohne erneuten Beschluss der Legislative?

Die Gerichtsstube wird – geht es nach dem Willen des Gemeinderates Mellingen – ab April nächstem Jahr der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sein. Und das, obwohl ein Beschluss der Gemeindeversammlung vom Juni 2014 den Gemeinderat verpflichtet, diesen geschichtsträchtigen Raum im Alten Rathaus für die Öffentlichkeit zu mieten.
Der Gemeinderat streicht den Betrag für die Miete und schreibt in seinen Erläuterungen zum Budget: «Auf die Miete der Gerichtsstube im Turmzimmer wird in Zukunft verzichtet, da nach gut dreijähriger Miete (Jahresmietzins 21 600 Fr.) noch immer keine geeignete Nutzung für diesen Raum gefunden werden konnte und auch kaum eine Nachfrage besteht. Die Miete ist noch bis und mit April 2021 budgetiert, damit die Kündigungsfrist nach Rechtskraft des Budgets eingehalten werden kann.»
Wer die Einladung mit Kurzbeschrieb der Traktanden aufmerksam studiert, der findet keinen Hinweis zur Streichung der Miete. Erst wer sich die Mühe nimmt auf der Homepage der Gemeinde die Details zum Voranschlag genau zu studieren (das ist ein 109 Seiten starkes Papier), findet den oben erwähnten Hinweis des Gemeinderates.

Streichung ist fragwürdig
Ist das zulässig, dass der Gemeinderat einen Gemeindeversammlungsbeschluss «umstösst»? Der «Reussbote» fragte bei Martin Süess, Leiter des Rechtsdienstes der Gemeindeabteilung beim Kanton Aargau nach. Da diese Abteilung in einem allfälligen Verfahren Beschwerdeinstanz wäre, kann Süess sich nicht abschliessend zur Sache äussern. Aus formaljuristischer Sicht sei das Vorgehen des Gemeinderates wohl eher nicht zulässig, sagt Süess. Die Gewährung der öffentlichen Zugänglichkeit wäre nicht mehr gewährleistet. Die Streichung der Miete widerspricht dem Beschluss der Gemeindeversammlung. Aus diesem Beschluss von 2014 geht klar hervor, dass die Gemeinde verpflichtet wurde, diesen Raum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und der Gemeinderat hat die Aufgabe, diesen Beschluss umzusetzen.
Gemäss Süess haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Gemeindeversammlung vom 24. November bei der Beratung des Budgets indes die Möglichkeit, den Entscheid des Gemeinderates zu ändern und zu verlangen, dass der Mietzins wieder ins Budget aufgenommen wird.

Christine Egerszegis klare Haltung
«Der Gemeinderat will den damaligen Beschluss der Gemeindeversammlung über das Budget 2021 beerdigen», schreibt Christine Egerszegi, Präsidentin der Albert und Ida Nüssli-Stutz-Stiftung in einem Brief an die Behörde. Das entspreche keineswegs den üblichen demokratischen Abläufen, so Egerszegi weiter. Die Nüssli-Stiftung hat immer wieder ihre Bereitschaft erklärt, Anträge zum Erhalt und zur Nutzung der Gerichtsstube finanziell zu unterstützen.

Der Raum wird wenig genutzt
Gemeindeammann Bruno Gretener sagt zum «Reussbote», dass die Nutzung der Gerichtsstube im Gemeinderat mehrmals Thema war. Der Raum sei klein und für wenige Anlässe geeignet, führt der Stadtammann weiter aus. So lange der Verkehr durch die Altstadt führt eigne sich der Raum auch als Trauungslokal nicht. Der Einbezug in Städtliführungen ist zwar eine Möglichkeit, pflichtet Gretener bei. Der Gemeinderat hat schon einen Neujahrsapéro durchgeführt und einmal kam eine Anfrage eines Vereins. Der Gemeinderat ist der Meinung, dass diese spärliche Nutzung die hohen Kosten nicht rechtfertige.
Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Nutzung häufiger ist, als das in den Erläuterungen zum Budget festgehalten ist. Die Gerichtsstube wird von der Schule regelmässig zur Veranschaulichung des Geschichtsunterrichts genutzt. Auch die neue Stadtführerin Pia Kriese sieht gute Möglichkeiten, die Gerichtsstube vermehrt in die Städtliführung miteinzubeziehen. Und wenn die Altstadt von Mellingen verkehrsberuhigt ist, bieten sich neue Möglichkeiten diesen wertvollen Raum für Mellingen zu nutzen. Man könnte den Raum auch umliegenden Schulen gegen ein kleines Entgelt zur Verfügung stellen. Ideen wären vorhanden.

Benedikt Nüssli

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