Christian Rudolf hat das «Pilzlen» entdeckt. Dieses Jahr ging er erstmals auf Pilzsuche. Er ist von seinem neuen Hobby fasziniert
Es ist das erste Jahr, dass er auf die Suche nach Pilzen geht. Und es hat Christian Rudolf so richtig gepackt. Als Gärtner hat er ein Faible für die Natur. Mit seinem neuen Hobby kann er Natur, Spannung, Glück und Kulinarik unter einen Hut bringen. Die Krönung – ein Riesen-Steinpilz.
Am Samstag vor zwei Wochen war Christian Rudolf bereits frühmorgens im Tägeriger Wald unterwegs. Ein Jogger, der seinen Frühsport betreibt? Mitnichten. Der 23-Jährige ist auf der Pirsch. Er hält nicht nach einem kapitalen Hirsch oder Reh Ausschau, sondern nach Pilzen. Als Gärtner weiss er genau, welche Pilze unter welchen Bäumen wachsen. Pilz und Baum gehen eine gegenseitige Symbiose ein – Stickstoff und Phosphor werden gegen Zucker getauscht.
Bei der letzten Suche nach Pilzen war er bereits vier Stunden im Wald unterwegs. Im Korb liegen bereits Maronenröhrlinge und Trompetenpfifferlinge. «Kurz darauf entdeckte ich ein Prachtexemplar von einem Fichten-Steinpilz», sagt Rudolf. «Ich war überrascht, dass es so grosse Steinpilze im Tägeriger Wald zu finden gibt.» 500 Gramm brachte dieser bei der anschliessenden Pilzkontrolle auf die Waage. Die Pilzkontrolleurin Margrit Strebel sagte zu ihm: «Glück muss man haben.» Der Steinpilz landete zusammen mit den anderen Pilzen in der Pfanne. Christian Rudolf bereitete ein Steinpilz-Risotto zu.
Pilze in Wiese gaben den Anstoss
Rudolf ist ein Novize unter den Pilzsammlern. Kurz vor dem Herbst sah er während seiner Arbeit in einer Wiese Pilze. Schlagartig erinnerte er sich an ein lang zurückliegendes und in Vergessenheit geratenes Kindheitserlebnis. Er durfte damals als Kind einen Freund der Familie im Tägeriger Wald beim Pilzesammeln begleiten. Rudolf begann sich im Internet über die verschiedenen Pilze zu informieren. Er schaute sich zusätzlich Videos über das Pilzsammeln auf Youtube an und lud auch eine App mit den gängigsten Pilzsorten auf sein Handy. Nachdem er sich das Grundwissen angeeignet hatte, rückte er mit einem Pilzkorb in den Wald aus. Als ehemaliger Tägliger zog es ihn in diesen Wald. Und er wurde bald fündig. Er konzentrierte sich vor allem auf Sorten, die ihm bekannt waren. Bei der nachfolgenden Pilzkontrolle waren daher nur wenige ungeniessbare, aber keine giftigen Pilze dabei. Es war keine einzelne Aktion. Er ist bereits sechsmal zum Sammeln ausgerückt. «Wenn ich die Natur nicht lieben würde, wäre ich auch nicht Gärtner geworden», sagt er. «Das Pilzesammeln hat mich richtig gepackt.»
Naturerlebnisse geniessen
Die spannende Suche nach den Pilzen, aber auch die Naturerlebnisse stehen bei ihm im Vordergrund. Er liebt es, vor Tagesanbruch durch den Wald zu streifen und die fast schon mystischen Sonnenaufgänge mit Nebelschwaden zu erleben. Wenn dann noch ein Reh zwischen den Bäumen auftaucht, die Vögel zwitschern und plötzlich Pilze zu sehen sind, ist sein Glück perfekt. Wie auch die eingefleischten Pilzsammler hat er sich seine Pilzfundorte für das nächste Jahr gemerkt.
Trifft er auf einen anderen Sammler hält er sich an das ungeschriebene Gesetz und schlägt einen anderen Weg ein. Die Fundorte werden gehütet wie ein Schatz. Auch wenn sich die Pilzsaison dem Ende zuneigt, weiss er bereits jetzt: «Ich habe definitiv ein neues Hobby entdeckt, das einfach nur riesigen Spass bereitet.»
Debora Gattlen
