Schlechte Karten für die Kiesgrube

Fr, 18. Dez. 2020

Gegen das geplante Kiesabbaugebiet und die Aushubdeponie ist rasch grosser Widerstand gewachsen

Mit Einsprachen kämpfen Anwohnerinnen und Anwohner aus Birrhard gegen eine Kiesgrube direkt vor ihrer Haustüre. Auch ein Initiativbegehren beim Gemeinderat haben die erbosten Bürger eingereicht.

Eigentlich war es schon bei der Informationsveranstaltung anfangs Oktober deutlich zu spüren: Eine Kiesgrube plus Aushub-Deponie wird es in Birrhard schwer haben. Mit höhnischem Gelächter quittierten die Anwesenden damals die Ausführungen eines Verantwortlichen, der den rund 80 Personen versichern wollte, dass sie dereinst vom Projekt profitieren werden – unter anderem, weil dann ein Erdwall das Dorf vor der Autobahn abschirmen soll. Bis dahin haben ihre Liegenschaften aber massiv an Wert verloren, hielten sie dagegen. Schliesslich sollen hier 25 Jahre lang 170 Lastwagen täglich fahren.

Lebensqualität wiegt mehr als Geld
Die weiteren Argumente, die sie an der Informationsveranstaltung ins Felde führten, sind bis heute dieselben geblieben. Das 11,5 Hektar grosse Gebiet im «Steibode», auf dem erst Kies abgebaut und später unverschmutztes Aushubmaterial von anderen Baustellen deponiert werden soll, liegt ihnen einfach zu nahe an den Wohnhäusern. Alle, die hier wohnen, befürchten Lärm, Dreck und Abgase. Eltern bangen um den sicheren Schulweg ihrer Kinder und wollen zudem ihr Naherholungsgebiet behalten. Kurzum: Niemand will den Verlust von Lebensqualität akzeptieren, auch wenn so die Ansiedelung eines neuen Unternehmens gelingen mag, das Steuergelder in die Kasse spült.
Allerdings ist der Widerstand gewachsen. 277 Personen, das sind laut Initiativkomitee 52 Prozent aller Stimmberechtigten, haben ein Begehren an den Gemeinderat unterschrieben. Der Gemeinderat soll seine Unterstützung für die erforderliche Richtplanänderung zurückziehen. Beim Kanton hat das Team bestehend aus Werner Graf, Geri Hürzeler, Urs Arn und Pablo Pfister sogar 302 einzelne Eingaben deponieren können. «Wir wollen das Projekt stoppen, bevor der Richtplan behördenverbindlich erwächst», erklärt Graf bei einer Begehung vor Ort den Hintergrund. «Ansonsten befürchten wir, dass das immer weiter geht.»
Seit bald 40 Jahren wohnt er hier. Den Hügel, auf dem die Bundesfeier stattfindet, das Birrharder Rütli, kann er vom Fenster aus sehen. Graf zweifelt an, was er an der Infoveranstaltung hörte. «Ich glaube nicht, dass man 2,2 Millionen Kubikmeter Kies in 25 Jahren abbauen und mit Aushubmaterial auffüllen kann», sagt er. «Das dauert länger.» Er zeigt auf die Stromleitung im Norden. «Die müsste man verlegen. Und ein anderer Weg als an der Dorfstrasse entlang ist nicht möglich. Also hätten wir auch noch die Stromleitung direkt vor der Nase.»
Als der Birreter sein Haus baute, war das Wohnquartier kleiner. Die Autobahn ist ziemlich nah und auf dem Rütli auch deutlich zu hören. Der Blick entschädigt dafür. Wer hierher zieht, schätzt das Gebiet und geht gern hier spazieren. Graf nennt es «wertvolles, natürlich geformtes Landschaftsgebiet» und sagt: «Wir wollen nicht, dass dies zerstört wird.» Selbst den gern zitierten Schutzwall vor der Autobahn sehen längst nicht alle positiv. «Weil er die Fernsicht beeinträchtigen würde», so Graf.

Gemeinderat nimmt Bedenken ernst
Da die Gemeindeversammlung einer Änderung im Nutzungsplan zustimmen müsste, hätte der Souverän das letzte Wort in dieser Sache. Angesichts dessen scheint es immer unwahrscheinlicher, hier jemals eine Kiesgrube realisieren zu können. Sieht das der Gemeinderat auch so? Wird er dem Begehren der Bürger folgen? Für Gemeindeammann Ursula Berger-Bolliger ist es noch zu früh, das zu sagen. «Der Gemeinderat wird an der kommenden Sitzung darüber entscheiden. Aber wir nehmen die Bedenken der Bevölkerung selbstverständlich sehr ernst», versichert sie.

Marschhalt wäre möglich
Sollte der Gemeinderat seinen Antrag auf Richtplanänderung zurückziehen, wäre das eher unüblich, teilt Christoph Bürgi vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt mit. Dass das Verfahren zur Richtplanänderung deswegen gestoppt wird, wäre aber denkbar. Darüber und über alle weiteren Eingaben müsse das BVU entscheiden, wenn die Auflagefrist verstrichen ist. Diese lief heute ab. Dessen ungeachtet sei es auch beim BVU noch zu früh, Konkretes zu sagen. Im Anschluss an die Mitwirkung werde man den Birrharder Gemeinderat über das Mitwirkungsergebnis informieren, so Bürgi.

Stefan Böker

Ganzer Artikel ist nur für Abonnenten verfügbar.
Kategorie: 

Stellenangebote

Immobilienangebote

Kommende Events

Weitere Angebote

Trending

1

Stetten - Weg hinter der «Krone»

Ein grosser Teil der Zentrumsüberbauung ist bereits realisiert. Der neue Fussweg hinter dem Restaurant Krone parallel zur Oberdorfstrasse ist öffentlich zugänglich und beleuchtet. Der Gemeinderat bittet die Bevölkerung, den neuen und sicheren Weg zu benützen. (gk)