Spiel mit dem Licht – Lichtblicke beim Fotografieren

Fr, 04. Dez. 2020

Seit seiner Jugend fotografiert Carlo Bolinger leidenschaftlich gern – da lag es irgendwann nahe, sein Hobby zum Beruf zu machen

Wer hinter der Linse steht, sollte Geduld, Neugier und Offenheit mitbringen – sagt Carlo Bolinger. Der erfahrene Fotograf versteht es, Menschen in Szene zu setzen. Sind die Porträtierten am Ende des Tages zufrieden, ist das sein schönster Lohn.

Die Entscheidung fiel in den Ferien, sagt Carlo Bolinger. Er weilte auf einer einsamen Insel und war eigentlich auf der obersten Sprosse der Karriereleiter angekommen. Trotzdem plagten ihn Zweifel: «Ist es das? Will ich das mein Leben lang machen? Oder folge ich lieber meinen Träumen?» Er sass am Strand, drehte seine Kamera in den Händen, die Kamera, die er in jedem Urlaub und sowieso fast überall dabei hatte – und mit einem Mal war für ihn alles klar. Noch am selben Tag ging er los, besorgte sich Stangen und Stoff, und baute damit einen Hintergrund. Am Strand überredete er wildfremde Menschen, sich von ihm ablichten zu lassen. «Ich wollte über die Tage identisches Licht», sagt er. Darum konnte er nur zu bestimmten Tageszeiten arbeiten. Das funktionierte: Die Sessions machten einen Heidenspass, die daraus entstandenen Bilder legten den Grundstein für einen neuen Karriereabschnitt.
Bereut hat er diesen Schritt nie. Rückblickend hätte er ihn gern früher gewagt. Schon als Lehrling im Physiklabor von IBM wollte Bolinger Fotograf werden. Dort hatte er Zugriff auf entsprechende Ausrüstung erhalten, um zu Hause Fotos zu entwickeln. Mit seiner Mappe klopfte er wenig später bei einem Profi an. Dessen Urteil fiel entmutigend aus Ab da fotografierte der junge Mann zwar weiterhin mit Begeisterung, allerdings ohne professionelle Ambitionen. Sein Geld verdiente er fortan in der Werbung und im Marketing, weil ihm das Labor zu eng wurde und er mehr mit Menschen arbeiten wollte.
Als er aus dem folgenreichen Urlaub kam, liess er sich von seinem Wunsch, Fotograf zu werden, nicht mehr abbringen. Er begann sofort damit, eine neue Mappe zusammenzustellen und damit Aufträge zu akquirieren. Parallel dazu organisierte er mehrere Jahre lang Weiterbildungen in der Gruppe Autodidaktischer Fotograf/- innen (GAF) – eine angesehene Alternative zu herkömmlichen Schulen oder Bildungsinstituten, sagt Bolinger, «für Menschen mit viel Zeit und wenig Geld». So war es möglich, immer wieder Top-Fotografen als Dozenten zu gewinnen. Sie bestätigten ihm, am Strand instinktiv etwas richtig gemacht zu haben.
«Fotografieren kann jeder, das stimmt», sagt er heute. «Aber ein Fotograf muss in der Lage sein, eine Serie von Bildern zu machen, die wie aus einem Guss wirkt. Auch wenn diese an verschiedenen Orten unter verschiedene Umständen aufgenommen wurden.» Er müsse in der Lage sein, Themen inhaltlich und konzeptionell umzusetzen. Die Absicht des Fotografen müsse im Bild erkennbar sein, beispielsweise über eine darin transportierte Stimmung.

Wie ein Bergführer
Seine Freude an Menschenbildern ist über die Jahre noch gewachsen, Porträtfotografie aber sein Steckenpferd geblieben. Vielleicht, weil man dabei eine Beziehung zu den Menschen aufbauen muss, sie abholen und anleiten muss, um den richtigen Moment zu erzeugen. «Die Porträtierten und der Fotograf bilden eine Seilschaft», vergleicht Bolinger. «Man muss schnell Vertrauen aufbauen.» Darum seien Neugier und Offenheit wichtig – auch, um sich optimal vorzubereiten. Der Fotograf muss genau wissen, wofür das Bild gebraucht wird. Mit der Ausstattung, der Kleidung, dem Make-up, der Körpersprache und selbst mit der Dynamik des Lichts und der Farbigkeit kann ein Fotograf virtuos umgehen und ein Bild oder eine Serie gestalten. Bei aller Inszenierung geht es am Ende darum, dem Menschen zu zeigen, wie er ist, «nicht seine Reaktion auf mich», lautet sein Credo. Dafür brauche es manchmal viel Geduld: Menschen zeigen ihr wahres Ich selten, wenn sie sich in Pose werfen oder gar fotoscheu sind. Oftmals gelingt der beste Schuss erst am Ende eines harten Tages.
Aber das Warten auf den richtigen Moment lohnt sich, dessen ist sich Bolinger sicher: «Mein Lichtblick beim Fotografieren ist die Freude der Porträtierten über ihre Bilder.»

Stefan Böker

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