Angefangen hat sie in der Finanzkommission

Fr, 29. Jan. 2021

Sie war 16 Jahre alt, als die Frauen das Stimmrecht erhielten. Erika Schibli sagt: «Ich war, anders als meine Mutter, immer dafür»

Seit über 30 Jahren macht Erika Schibli Gemeindepolitik. Für sie war schon als junge Frau klar, dass Frauen in der Politik mitbestimmen müssen: «Sie zahlen ja auch Steuern.»

Diese Anfrage hatte mich gefreut», sagt Erika Schibli, die seit über zwanzig Jahren Gemeindeammann in Wohlenschwil ist. Gefreut hatte sie sich 1986 darüber, dass der Wohlenschwiler Gemeindeschreiber Markus Jost die junge Treuhänderin und Buchhalterin – sie war gerade mal 30 Jahre alt – angefragt hatte, ob sie Mitglied der Finanzkommission werden wolle. Die Kommission hatte Rücktritte zu verzeichnen und suchte neue Leute. «Selber hätte ich es mir nicht zugetraut», sagt Schibli. Dass sie in der Kommission aber am richtigen Ort war, zeigte sich rasch. Vier Jahre lang war sie normales Mitglied, danach vier Jahre lang Kommissionspräsidentin, sie wechselte schliesslich in den Gemeinderat und wurde nach einer Legislatur als Frau Gemeindeammann gewählt. Gemeindeammann ist sie seit 1998. «Eine klassische Karriere», kommentiert sie. Was so kaum stimmen dürfte. Denn Frauen waren 1986 in der Politik noch keine Selbstverständlichkeit, auch nicht auf Gemeindeebene und schon gar nicht im Bereich Finanzen.

Mutter füllte den Stimmzettel aus
Für Erika Schibli, die heute ihr eigenes Treuhandbüro SCI-Management AG führt, war aber seit ihrer Jugend und ihrer KV-Lehre klar, dass sie in der Politik mitbestimmen will: «Die Frauen zahlen ja auch Steuern.» Von ihrer Mutter hat sie diese klare Haltung nicht: «Meine Mutter war gegen das Frauenstimmrecht, lustigerweise». Die Mutter interessierte sich zwar durchaus für Politik. Sie war es, die die Vorlagen las, analysierte, den Vater informierte, auch den Stimmzettel ausfüllte. «Der Vater», erklärt Schibli, «war blind.» Die Stimme überliess die Frau dennoch klar ihrem Mann, wobei der Vater nie Streit gesucht habe, meint Erika Schibli. Waren die Erklärungen der Mutter plausibel, so akzeptierte er das. Die Mutter wiederum hatte zwar ihre eigene Meinung, manipulierte aber nicht. «Meine Mutter», erinnert sich Schibli, «sah die Frauen nicht in der Politik.» Frauen hätten andere Aufgaben in der Gesellschaft, meinte sie, vor allem sollten wegen unterschiedlicher politischer Ansichten keine innerfamiliären Konflikte entstehen.
Mitbekommen habe sie im Elternhaus, dass es wichtig ist, sich mit Politik zu befassen, dass dieses Recht auch Pflicht ist. «Mein Stimm- und Wahlrecht habe ich immer wahrgenommen», sagt Erika Schibli.

Im Gemeinderat auf Augenhöhe
Bei all ihren Funktionen in all ihren politischen Ämtern kommt Schibli stets ihre Affinität für Zahlen zugute. «Wer sich vor den Zahlen nicht scheut, kann Zusammenhänge erkennen und die Zukunft besser planen», sagt sie. Dabei war sie in Wohlenschwil neben den Finanzen auch für andere Ressorts zuständig. 2017 übergab sie die Finanzen hingegen der neu gewählten Bankfachfrau Yvonne Spreuer.
Acht Jahre lang, von 2001 bis 2009, war Erika Schibli für die FDP auch im Grossen Rat. «Die Gemeindepolitik hat mir aber immer besser gefallen als die Kantonspolitik», sagt sie. Die Arbeit in der Gemeinde erlebe sie stets auf Augenhöhe, anders als im Grossen Rat, wo Frauen schon mal belächelt oder weniger ernst genommen worden seien. Und in gewisse Kommissionen seien sie gar nicht erst reingelassen worden, sagt Schibli, etwa in die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF). Dort hätte sie sehr gerne mitgearbeitet und auch das Fachwissen dazu gehabt. Ein Mann aber erhielt den Vorrang. «An diesem Vorgehen und Denken hat sich bis heute wenig geändert», sagt sie. Umso wichtiger sei deshalb, dass Frauensolidarität parteiübergreifend spiele und sich Frauen auch gut vernetzten, so wie das Männer seit jeher tun.

Wo immer noch Mangel ist
Was die Gleichstellung angeht, sei dennoch Einiges erreicht worden. «Frauen haben heute die gleichen Chancen, sie können sich für alle politischen Ämter aufstellen lassen und auch alle Berufe erlernen», sagt sie. Immer noch stossen sie aber an die «gläserne Decke», sprich, sie bleiben auf der Karriereleiter stecken. Und auch an gleichem Lohn für gleiche Arbeit mangelt es nach wie vor. Das sieht die Treuhänderin, wenn Steuererklärungen und damit viele Lohnausweise auf ihren Tisch flattern.

Heidi Hess

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