Der Schaden an der Mauer ist grösser als gedacht

Fr, 29. Jan. 2021

Holzrüti: Die Strasse nach Niederrohrdorf ist seit 21. Oktober gesperrt – was sagen Anwohnerinnen und Anwohner aus dem Weiler dazu?

Was anfing wie ein Vorzeigeprojekt entwickelte sich zum Desaster: Nur drei Jahre hielt die historische Natursteinmauer in Holzrüti – nun wollen weder Gemeinde noch Baufirmen auf den Sanierungskosten sitzenbleiben.

Die Strasse nach Niederohrdorf ist seit Monaten gesperrt, die Baustelle unverändert. Arbeiter haben einen etwa 13 Meter langen Teil der historischen Trockensteinmauer abgetragen. Betonklötze links und rechts stützen den Rest. Eine Plane schützt den freigelegten Hang vor Wind und Wetter. So sah es auch schon im November aus. Wie Bauverwalter Andreas Ritter auf Anfrage des «Reussbote» mitteilt, hat sich seitdem auch hinter den Kulissen wenig bewegt.

Gemeinderat hält sich bedeckt
«Ein Fachgremium hat die Mauer untersucht und die Resultate seiner Beratungen mitgeteilt», sagt Ritter. «Daraus ergibt sich jedoch noch keine abschliessende Grundlage für das weitere Vorgehen.» Er sei weiterhin zuversichtlich, eine für alle Beteiligten geeignete Lösung zu finden – auch wenn aufmerksame Beobachter des Geschehens mittlerweile davon ausgehen, dass der Fall vor Gericht landet. Dazu möchte sich Ritter jedoch nicht äussern. Seiner Meinung nach wäre es unpassend, die Entscheidung des Gemeinderats vorwegzunehmen oder «aufgrund unausgegorener Lösungen mögliche Verfahrenswege zu skizzieren». Er räumt jedoch ein, dass man im Gemeindehaus vom Ausmass des Schadens überrascht worden sei. «Der Fall benötigt mehr Zeit als gedacht», sagt Ritter. «Dass die Strasse darum länger als geplant gesperrt bleibt, ist unschön.» Der zuständige Gemeinderat, Vizeammann Reto Grunder, hält sich mit Auskünften bedeckt. Der Zeitplan sei von verschiedenen Faktoren abhängig. «Wir werden den Bericht des Fachgremiums mit den beteiligten Firmen erläutern und diskutieren, dann im Gemeinderat beraten und unsere Entscheidung den Firmen mitteilen», so Grunder. Weder das Planungsbüro Eichenberger AG noch die ausführende Baufirma Sekinger AG, welche heute zur Hächler Gruppe gehört, haben sich bislang gegenüber dem «Reussbote» geäussert.
Dafür wird der Fall der Mauer in der Nachbarschaft diskutiert. Je direkter sie an der Dauer-Baustelle wohnen, desto genervter sind Anwohnerinnen und Anwohner. Man hofft, dass die Sanierung nicht allzu teuer und die Strasse bald wieder frei wird, so der Tenor.

Das sagt die Nachbarschaft
«Da wurde beim Bau gepfuscht», ist sich Landwirt Peter Gasser sicher, der überhalb der Baustelle wohnt. «Vielleicht wäre es besser, nächstes Mal etwas hinzustellen, was nicht nur schön, sondern auch stabil ist.» Verständnis für die Dauer des Streits zeigt Roman Schäfli. «Jeder, der schon mal gebaut hat, kennt das», sagt er. Schäfli wohnt weiter unten, sein Bruder Emil gegenüber. Beide orientieren sich beruflich und privat eher in Richtung Mellingen als nach Niederrohrdorf und sind darum von der Strassensperrung nicht betroffen. Anwohnerin Hana Alacalar hingegen findet die Baustelle vor ihrer Haustüre unangenehm, hat sich aber damit arrangiert. «Das geht sicher noch bis in den Frühling», vermutet sie. Die Mutter von drei erwachsenen Kindern wuchs in Holzrüti auf und lebt heute in ihrem Elternhaus. Wenn sie an die Vorschriften denkt, die sie selbst als Bauherrin bekommen hat, muss sie den Kopf schütteln. Den Bauarbeitern macht sie keinen Vorwurf. «Die haben gut gearbeitet. Ich habe den Männern sogar etwas Kleines geschenkt, als sie fertig waren», erinnert sie sich noch gut an die Arbeiten im Sommer 2017. Auch Hans Notter, der im Haus über ihr wohnt, könnte sich vorstellen, dass falsch geplant wurde. Notter ist in Holzrüti geboren und hat noch nie erlebt, dass die Strasse nach Niederrohrdorf so lange gesperrt war. «Das Problem liegt beim Wasserabfluss. Ich glaube nicht, dass sich der Hang bewegt hat», geht seine Vermutung in dieselbe Richtung wie die seiner Nachbarin. Die Gemeinde trägt in seinen Augen keine Schuld. Er findet noch ein weiteres Detail bemerkenswert: «Das Stück der Mauer, welches der Zivilschutz sanierte, hat sich als stabiler erwiesen.»

Stefan Böker

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