GASTKOLUMNE

Fr, 22. Jan. 2021

Seit ihrer Jugend schreibt Susanne Stranieri aus Mellingen Texte und Gedichte. 2017 veröffentlichte sie ihren Erstling «ein-mitten». Dank ihrem Hund lüftet sie täglich ihren Kopf und sortiert Gedanken. Ein Natel hat sie nie dabei, denn zu modernen Möglichkeiten pflegt sie eher ein kompliziertes Verhältnis, «Jeno».

Vom Höhlenbewohner zum Roboter

(Diskussionsstoff)

Das war’s. Jeder, der es gehört hat, schiebt den Salat zur Seite, oder isst ihn nur anstandshalber scheinbar ungerührt auf. Als hätte sie gerade eine Weinbergschnecke gefunden, streckt mir meine Enkelin den Arm entgegen und verkündet voller Stolz: «lueg Nonna, es Hoor!» Ein Haar in der Suppe, im Salat oder im Essen. Als Gastgeber ein höchst peinlicher, ja sogar beschämender Moment. Warum nur löst dieses fast unscheinbare, leider aber doch nicht unübersehbare Ding soviel Ekel aus? Wann hat sich diese Eigenschaft darüber überhaupt eingeschlichen? Sie wissen es nicht? Ich auch nicht.
In der heutigen Zeit, wo sich praktisch jeder einmal im Tag duscht und zwei-, dreimal in der Woche die Haare wäscht, eine eher sonderbar neuzeitliche Erscheinung. Doch wir sind es gewohnt, (und ich wiederhole mich,) bewusst-los, Eingaben zu übernehmen, ohne die Verhältnismässigkeit zu hinterfragen.
Anpassen. Dabei sein. Aussenseiter geben sich nicht gerne zu erkennen. Die Mehrheit bestimmt das Geschehen. Dosierte Hirnwäsche, so funktioniert sie. Man speichert die unmöglichsten Vorgaben über Generationen. Dieses Ekelvirus ist wortwörtlich an den Haaren herbeigezogen. Totaler Unsinn. Eine Frechheit, wenn man bedenkt, dass auf unserer Erde mehr als 800 Millionen Menschen chronisch Hunger leiden und jeden Tag 24 000 Menschen an den Folgen von Hunger sterben, sollte sich wohl nicht der Gastgeber schämen. Ein Haar! Hallo? Dort wo für einfache Hygiene Wasser knapp ist oder gar fehlt, würde man den Reisbrei kaum zur Seite schieben und einem Haar Beachtung schenken.
Die Vielfalt an Lebensmitteln und das Privileg der freien Wahl am Überfluss, ist uns zu Kopf gestiegen. Schlechte Angewohnheiten verhindern die Wertschätzung. Und auch ich sitze im gleichen Boot wie Sie.
Ich profitiere also von meiner Vorbildfunktion, setze auf Gegenwind und oute mich und meine altmodische Ansicht für eine bessere Zukunft. Mit einer lustig gespielten Gleichgültigkeit antworte ich: «Wow, es Hoor. Das bringt Glück!», und sorge damit gleich für Diskussionsstoff am Tisch. Wieso denn nicht?
Manipulieren Sie doch beim nächsten Fund Ihre Gedanken auch mit dieser positiven Behauptung. Der Taubenschiss auf dem Kopf hat ja schliesslich das gleiche Talent.
Suchen Sie jetzt allerdings nach dem Haar in der Suppe, dann haben wir ein richtiges Problem.

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