Steiniger Weg eines Ex-Profis im Amateurfussball

Fr, 22. Jan. 2021

Fussball 2. Liga: Mark Domgjoni (33) hatte einst einen Vertrag bei Arminia Bielefeld. Nun arbeitet er beim FC Othmarsingen an seinem Comeback

Mark Domgjoni stand einst an der Schwelle zum Bundesliga-Profi. Verletzungen zerstörten seine Träume. Schon mit 22 Jahren hängte er desillusioniert die Fussballschuhe an den Nagel, spielte nur noch in unteren Ligen. Mit 33 versucht er nun beim FC Othmarsingen sein spätes Comeback im Schweizer Amateurfussball.

Irgendwie hat das Timing nie richtig gestimmt. Sonst hätte er vielleicht die gleiche Karriere wie Niko Kovac (42) gemacht, der seine Sporen in jungen Jahren wie Mark Domgjoni beim Berliner Amateurverein SV Rapide Wedding begonnen hatte. Domgjoni wurde vom gleich Trainer trainiert wie vor ihm Niko Kovac. Gemeinsam mit seinem Bruder Robert kickte Kovac bis zu seinem 18. Lebensjahr beim SC Rapide Wedding, ehe er nach einem zweijährigen Abstecher bei Hertha Zehlendorf als Profi zum Hertha BSC wechselte. Für die Herthaner schoss Kovac als Mittelfeldspieler in 223 Spielen. Später wurde er mit Bayer 04 Leverkusen zweimal deutscher Vizemeister, ehe ihn Uli Hoeness zu Bayern München holte. Heute ist Niko Kovac Trainer der Kroatischen Nationalmannschaft und wird von seinem Bruder Robert assistiert.

«Ich war schmächtig und scheu»
Domgjoni, dessen Eltern beide schon früh an Krebs gestorben sind, ist, wie die Kovac-Brüder, in Berlin aufgewachsen. «Ich war ein klassischer Strassenfussballer», sagt er. «Wir haben in jeder freien Minute auf irgendeinem Bolzplatz Fussball gespielt. Auf sein Drängen brachte ihn der ältere Bruder zum FC Rapide Wedding, einem typischen Berliner Ausbildungsverein. Der Trainer, der zuvor schon die Kovac-Brüder grossgemacht hatte, hielt nichts von dem eher kleingewachsenen Schlaks. «Ich hatte zwar technisch einiges drauf, war aber eher schmächtig und scheu. Körperlilch hatte ich ziemliche Defizite. Mein Zweikampfverhalten war ungenügend.» Dennoch durfte Domgjoni als Neunjähriger noch ein zweites Mal vorspielen. Mit Erfolg. «Aber ich musste extrem Gras fressen», erinnert sich Domgjoni, der heute selbst Vater eines Jungen ist. «Es war wirklich extrem. Wir mussten schuften, um die konditionellen Vorgaben zu erfüllen.» Schon bald stand er regelmässig in der Stammelf, die in derselben Berliner Juniorenliga spielte, wie damals Kevin-Prince Boateng, der später ene Weltkarriere hinlegte. Schon damals wurden mit den Erziehungsverantwortlichen von talentierten Fussballern «Ausbildungsverträge» geschlossen. Auch Domgjoni hatte einen solchen Vertrag. Er stieg die Alterstreppe hoch, spielte bei den D-Junioren, den C-Junioren und wurde vom Berliner Fussballverband zu einem Sichtungstraining eingeladen. Das war für Spieler des Amateurvereins SV Rapide Wedding aussergewöhnlich. Denn normalerweise spielten in der Berliner Auswahl hauptsächlich Spieler von Hertha BSC, Tasmania Berlin oder Tennis Borussia Berlin.

Er spielte Junioren-Bundesliga
«Wir spielten in ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland gegen die besten Clubs Europas.» Als B-Junior wechselte Domgjoni schliesslich zur Tasmania. Das ist jener Verein, der in der Bundesliga noch immer den Sieglosrekord hält, der von Schalke 04 kürzlich beinahe in Gefahr gebracht worden wäre. Tasmania konnte 31 Spiele in Folge nicht gewinnen. «Bei Tasmania habe ich von der Physis her nochmals einen Sprung gemacht», erzählt Domgjoni, der sich daran erinnert, wie sie jeweils noch vor dem offiziellen Training Runden um den Flugplatz Tempelhof rennen mussten. Spielerischer Höhepunkt war das Berliner Cupfinale gegen Tennis Borussia. Als A-Junior wechselte Domgjoni zu Hertha 03 Zehlendorf in die Junioren-Bundesliga. «Wir trainierten neben der Schule täglich. Alles war sehr professionell. Wir spielten damals gegen die grossen Vereine in Deutschland.» Domgjoni wurde bei einem Turnier in Stuttgart von dem Scout von Arminia Bielefeld (damals 3. Bundesliga) gesichtet und zu einem Probetraining eingeladen. Der Vorvertrag war bereits unterschrieben.

Verletzung zum dümmsten Zeitpunkt
Hätte der Talentspieler fünf Spiele von Anfang an gemacht, hätte er den ersten Profivertrag bekommen. Doch es sollte anders kommen. «Ich verletzte mich bereits im zweiten Training schwer. Das Sprunggelenk war kaputt. Operationen und monatelange Reha waren die Folge. In jener Zeit hatte Domgjoni auch eine Anfrage vom FC Basel. «Doch damals hatte ich keinen schlauen Berater.» Nach eineinhalb Jahren konnte Domghjoni wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

Letzter Anlauf zum Profi
Er war 20 Jahre jung. Der Traum vom Profivertrag hatte sich in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst. Domgjoni fand Unterschlupf beim FC Fürstenfeldbruck in Bayern in der Oberliga, ehe er es mit 22 nochmals beim SC Pfullendorf in der Regionalliga (heute 3. Bundesliga versuchte). Er spricht von einem merkwürdigen Engagement von Missverständnissen und schlechten Erfahrungen mit Menschen. Nichts habe so richtig gestimmt. Schliesslich hat er den Bettel entnervt hingeworfen und sich vom Gedanken an den professionellen Fussball verabschiedet.

Der harte Weg zurück
Domgjonj arbeitet als Berater im Digital-Marketing. Sein jüngerer Bruder, der in der 2. Mannschaft spielt, motivierte ihn nach Jahren der Fussballabstinenz, sich auf der Falkenmatt beim FC Othmarsingen vorzustellen. Präsident und damaliger Trainer Beat Dünki: «Ich sah sofort: Der Mann kann Fussball spielen.» Doch Domgjoni brachte mit seinen 1.80 m Körperlänge 20 Kilo zu viel auf die Waage. Zehn speckte er im Eiltempo ab. Nun kämpft er mit den restlichen Kilos, geht jeden Tag laufen. Aber das ersetzt das Training mit der Mannschaft nicht. «Ich bin einer, der immer spielen will. Dann geht auch das Gewicht runter.» Domgjoni will alles daran setzen, um dem FC Othmarsingen im Kampf gegen den Abstieg eine Stütze zu sein. Deshalb will er bis zu Beginn der Rückrunde, von der niemand weiss wann und ob sie überhaupt gespielt werden wird, sein Kampfgewicht von 90 Kilo erreichen.»

Beat Gomes

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