Schulbeispiel für das Malaise des politischen Betriebs

Fr, 12. Mär. 2021

Stellungnahme: «Die Mitte Mellingen» und die Bau-und Nutzungsordnung (BNO) von 2016 als Lehrstück

Im «Reussbote» vom 5. März war zu lesen, dass die Gemeinde Mellingen in einen Rechtshändel mit einer Grundeigentümerin, einer bedeutenden Landbesitzerin in Mellingen verstrickt ist. Es geht um einen «Zonentausch» zwischen einer Parzelle der Wohnzone W2 am Tägerigerweg und einer 2016 neu eingezonten Parzelle an der Birrfeldstrasse. Es geht um ca. 10 000 Quadratmeter Bauland, um viel Geld und es geht um einen Umzonungsentscheid des Gemeinderates und der Gemeindeversammlung, den «Die Mitte Mellingen» – damals noch «CVP-Mellingen» – mit Leserbriefen und Anträgen zu verhindern versuchte. Dieser Fall ist ein Schulbeispiel für das «Malaise» des politischen Betriebs in Mellingen. Darum lohnt sich der Versuch, in dieser Sache etwas genauer hinzuschauen und hoffentlich daraus Lehren für einen nächsten Fall abzuleiten. Die schädliche Umzonungsvorlage hatte drei zentrale Schwächen, die der Gemeinderat und die Gemeindeversammlung nicht sehen wollten:
1. Die elementaren Eigentumsrechte der Grundeigentümerin wurden mit der Rückzonung aufs gröbste missachtet. Weiter sahen wir in der «Enteignung» eine persönliche Abrechnung des Gemeinderates mit einer Bürgerin, die mit Ecken und Kanten ihre Interessen zu vertreten wusste. Also eine offensichtliche Vermischung von persönlichen und politischen Motiven.
2. Das Prozessrisiko, dieses für die Gemeinde riskanten Geschäfts lag auf der Hand. Der selbstsichere Gemeinderat stützte sich in seinem Entscheid auf die Expertisen von renommierten Baujuristen und zeigte sich beratungsresistent gegenüber den Bedenken Dritter.
3. Die Erhaltung der Baulandreserve zwischen Tägerigerweg und Langmattquartier war und ist für eine weitsichtige Siedlungsentwicklung in Mellingen unverzichtbar. Die Auszonung war und ist planerischer Unsinn. Erneut sollte ein Grossinvestor begünstig werden, der versprach, schnell und mit «grosser Kelle» an der Birrfeldstrasse zu überbauen.
Es gelang uns damals nicht unsere Risikoeinschätzung dieses verworrenen Rechts- und Politgeschäftes dem Gemeinderat und der Gemeindeversammlung zu erklären. Jetzt steht Mellingen in dieser Sache vor einem Scherbenhaufen, das Eigentor ist geschossen, ein Ausweg nicht in Sicht.
Bleibt die Frage, nach der politischen «Malaise», die in dieser Sache zu erkennen ist. Was können und müssen wir ändern? Die politische Gemeinde hat vor allem «institutionelle Schwächen». Der Gemeinderat verlässt sich in zentralen Fragen blind auf den Rat von Expertinnen und Experten, häufig enden heikle politische Dossiers vor Gericht. Der Rat Dritter wird als Störung gesehen. Alle politischen Parteien in Mellingen schwächeln, sind meist nicht in der Lage Alternativen gegenüber dem starken, geschäftsführenden Gemeinderat zu vertreten oder an der Gemeindeversammlung überzeugend vorzutragen. Die Gemeindeversammlung ist in schwierigen Geschäften offensichtlich überfordert. Millionenkredite werden in Serie diskussionslos «durchgewunken». Die Kontrollfunktion gegenüber dem dominanten Gemeinderat kann auch der «Souverän» nicht mehr erfüllen.
Zentral für die Aufsicht sind die wählbaren Kommissionen. In Mellingen sind das die Finanz- und die Steuerkommission. Warum sind sie alle vier Jahre wählbar? Weil sie auch eine entscheidende politische Aufsichtsfunktion gegenüber dem Gemeinderat haben. Sie haben auch die Aufgabe der Gemeindeversammlung Alternativen zu Anträgen des Gemeinderates zu erklären. Das wird vor allem in grösseren Gemeinden ohne Einwohnerrat entscheidend. In anderen Gemeinden funktioniert diese «Einmischung» deutlich besser, was man an Beispielen einfach zeigen könnte. Selbstverständlich muss sich eine Finanzkommission öffentlich einmischen, wenn der Gemeinderat in einem Geschäft gefährliche finanzielle Risiken eingeht oder zulasten der Steuerzahler hohe Prozesskosten und -Risiken in Kauf nimmt.
Was kann man tun?
1. «Die Mitte Mellingen» versucht seit drei Jahren hartnäckig das Referendumsrecht in der Gemeindeordnung zu stärken. Dazu wurden bereits drei Anträge eingereicht. Der letzte Antrag war an der letzten Gemeindeversammlung erfolgreich. Der Gemeinderat muss jetzt in dieser Sache aktiv werden und der Gemeindeversammlung eine Senkung der Unterschriftenzahl für das fakultative Referendum vorschlagen. Gut wären 5 bis 10 Prozent (bisher 20 Prozent) der Stimmberechtigten und eine Verlängerung der Sammelfrist (bisher 30 Tage). Wir hoffen, dass die Gemeindeversammlung zustimmt und das Anliegen auch in der obligatorischen Volksabstimmung durchkommt.
2. Im Herbst sind Gemeinderatswahlen. Dafür braucht es starke Kandidatinnen und Kandidaten. Dafür arbeiten wir an einer überparteilichen Plattform. Diese «IG» soll sich als parteiunabhängige Arbeitsgruppe im Sinne einer themenbezogenen «Mitmachorganisation» verstehen. Mitmachen können alle Mellingerinnen und Mellinger, die sich für ihren lebenswerten Wohnort einsetzen wollen, ohne sich deshalb in einer verbindlichen Parteiorganisation verpflichten zu müssen. Helfen Sie uns, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Herbst eine echte «Wahl» zu geben. Mehr können wir nicht tun!

«Die Mitte Mellingen» Für den Vorstand, Hanspeter Koch

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