Zur Not «schwimmt» Meier auf dem Trockenen

Fr, 19. Mär. 2021

Triathlon: Dominique Meier (30) aus Mellingen hat sich für den Ironman 2021 in Hawaii qualifiziert. Das Training im Lockdown ist schwierig

Dominique Meier hat sich zum zweiten Mal für den härtesten Ironman der Welt – auf Hawaii – qualifiziert. Als reiner Amateur gehört er in seiner Altersgruppe zu den Besten der Schweiz. Aber er hat ein Problem. Die Hallenbäder sind geschlossen. Deshalb schwimmt er zu Hause buchstäblich auf dem Trockenen.

Ein klassischer Ironman geht über die Distanz von 3,862 Kilometer Schwimmen, 180,246 Kilometer Radfahren und einen Marathonlauf über 42,195 Kilometer. Dominique Meier hat diese Distanz bei seinem letzten Ironman in Barcelona, im Oktober 2019, in weniger als neun Stunden hinter sich gebracht. Damals gelang ihm im Schwimmen ebenfalls eine persönliche Bestzeit. Er stieg erstmals unter einer Stunde, nach 57.56 Minuten, aus dem Wasser. Eine Wahnsinnsleistung für einen reinen Amateursportler. Der mittlerweile 30-jährige Mellinger hat sich auch während des coronabedingten Lockdowns nicht von seinen weiteren Zielen abbringen lassen. Er trainierte eisern weiter. Kein Tag, ohne dass er sich zu Hause auf dem Hometrainer abmüht. Dabei kann eine Trainingssession schon mal vier Stunden am Stück dauern. Oder er geht draussen laufen. Auch das, oft stundenlang. Einzig mit dem Schwimmen ist er in Rückstand geraten, weil die Hallenbäder in der Region geschlossen sind. Deshalb trainiert er zu Hause in Wohlen im Trockenen. Er imitiert die Schwimmbewegungen mit elastischen Seilen, um nicht ganz aus der Übung zu kommen. Ein Ersatz für das Schwimmtraining im Wasser ist das allerdings nicht. Dennoch bezeichnet Meier seine aktuelle Form als zufriedenstellend. Er weiss, wovon er spricht. Das jahrelange konstant harte Training hat ihn gelehrt, in sich hineinzuhören. Er weiss ziemlich genau, wo er mit seiner Form steht. Wie viele Normalbürger auch, arbeitet Meier die meiste Zeit in seinem Homeoffice daheim in Wohlen. Er hat einen Abschluss in Wirtschaft an der Uni Zürich in der Tasche und arbeitet als Unternehmensberater für eine Firma in Bern. Das Homeoffice kommt dem Spitzenathleten in gewisser Weise entgegen.

Wenn der Wecker um 4 Uhr klingelt
Das Pendeln mit dem Zug fällt mehrheitlich weg. Dadurch gewinnt er wertvolle Zeit, die er ins Training investieren kann. Aber auch so beginnt der Tag oft sehr früh am Morgen. Nicht selten läutet der Wecker schon um vier Uhr in der Früh. Dann schwingt er sich auf seinen Hometrainer, den er mit ausgeklügelten Programmen füttert, damit das stundenlange Strampeln nicht zu monoton wird. Wenn er nicht auf dem Rad sitzt, geht er raus und gönnt sich ein nahrhaftes Laufprogramm in den Weiten rund um Wohlen. Dabei ist er nicht allein. Seine Partnerin Anja Schwegler (30) aus Niederwil, mit der er im gemeinsamen Haushalt lebt, ist nämlich ebenfalls eine ambitionierte Sportlerin. in beachtlichen 3:06:08 zurückgelegt und dabei unter 12 476 Läuferinnen den 54. Rang erreicht. Die studierte Primarlehrerin ist die Schwester von Noah Schwegler, Mittelfeldrenner beim 2.-Ligisten FC Niederwil. Beide arbeiten sie in der Treuhandfirma «Adlatus» ihrer Eltern in Niederwil. Anja Schwegler hat neben dem Laufen ebenfalls zum Triathlon gefunden und ist dabei, ihre Grenzen auszuloten. Noch hat sie keinen Wettkampf absolviert. Nach Auskunft ihres Partners darf von ihr auch im Triathlon einiges erwartet werden. Allerdings leidet auch bei ihr das Schwimmen.

Hilfe vom Mellinger Hallenbad
Als der «Reussbote» vom schwimmerischen Notstand der beiden vernahm, wurde er aktiv. Ein Telefonat mit Daniel Künzli, dem Präsidenten der Hallenbad-Genossenschaft Mellingen, hat das Problem mit dem fehlenden Schwimmtraining gelöst. Künzli fand ohne Umschweife eine schnelle Lösung. Noch gleichentags traf sich Dominique Meier mit Künzli im Hallenbad vor Ort. Meier erhielt einen Schlüssel für das Hallenbad, das zurzeit wegen der Corona-Bestimmungen nur für das Schulschwimmen am Morgen geöffnet ist. Am Nachmittag ist das Bad frei. Weil aus Sicherheitsgründen mindestens stets zwei Personen im Bad sein müssen, trifft es sich gut. Nun können Dominique Meier und Anja Schwegler gemeinsam ihre geplanten Umfänge im Wasser absolvieren. Und das erst noch coronakonform.

Hawaii-Ironman unter 9 Stunden
«Das ist ein richtiger Aufsteller», freut sich Meier. Dank der Grosszügigkeit der Hallenbad-Genossenschaft können die Beiden das Manko des fehlenden Schwimmtrainings gezielt aufarbeiten. Meier hat ein klares Ziel. Er will seine Bestzeit beim Ironman auf Hawaii auf unter neun Stunden drücken. Weil dort im offenen Meer geschwommen wird, kommt dem Schwimmen eine besondere Bedeutung zu. Wenn der Mellinger es schafft, über die Distanz von 3,862 Kilometer unter einer Stunde zu bleiben, könnte das klappen. Nicht zuletzt weil er auch beim Radfahren und vor allem beim abschliessenden Marathon weiteres Potenzial sieht. Zwar ist er den Marathon auch schon in 2:46 Std. gelaufen, aber noch nicht im Rahmen eines Ironman. Meier ist mit seinen 30 Jahren überzeugt davon, die beste Zeit noch vor sich zu haben. Wenn er sein Arbeitspensum reduzieren würde, könnte er die Trainingsumfänge noch steigern. Doch das liegt finanziell nur drin, wenn er dafür von Sponsoren unterstützt würde. Sie aber sind in der heutigen Zeit schwierig zu finden. Deshalb will Meier weiterhin als Amateur an den Start gehen und dabei herausfinden, wo seine Grenzen liegen. Auch wenn er dafür morgens um 4 Uhr aufstehen muss.

Beat Gomes

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