GASTKOLUMNE

Fr, 09. Apr. 2021

Edith Saner aus Birmenstorf ist diplomierte Pflegefachfrau und diplomierte Betriebsausbilderin mit Masterabschluss in Coaching. Sie politisiert seit 20 Jahren. Zuerst auf kommunaler Ebene, seit sechs Jahren im Grossen Rat. Ausgleich dazu ist ihr Bewegung in der Natur.

Mehr als Krümel

Wann haben Sie zum letzten Mal einen Brosamen mit Ihrem Zeigefinger von der Tischplatte genommen? Diesen zum Munde geführt, oder mit der Hand mehrere Krümel zusammengewischt und aus dem Fenster oder in den Müllsack geworfen? Das Wort Brosame leitet sich aus dem mittelhochdeutschen Wort brosem und dem altenglischen brosnian ab, was soviel heisst wie zerfallen. Die ursprüngliche Bedeutung von Brosamen meint das abgebröckelte Stücklein, das beim Zerbrechen entsteht.
Ich gebe es zu, ich bin kein Fan dieser Brosamen, die beim Schneiden von frischem Brot, beim Zerteilen des knusprigen Croissants und vielem mehr entstehen. Tischplatte, Stuhlfläche und Boden sind in Kürze voller Krümel. Und wenn ich barfuss bin – dann wissen Sie bestens, wie sich dies anfühlt. Am liebsten sind mir die Krümel, wenn ich im Freien auf dem Sitzplatz bin. Dann weiss ich, dass ich alles mit einer heftigen Handbewegung von der Tischplatte auf den Boden wischen kann. Im Wissen, dass in Kürze die Spatzen den Boden in Beschlag nehmen und alles aufpicken. Ich amüsiere mich an ihrer emsigen Aktivität und realisiere, wie so kleine Brosamen mir auf diese Weise Freude bereiten können.
Es gibt ein Märchen der Brüder Grimm, das den Brosamen in verschiedener Hinsicht eine besondere Bedeutung gibt: «Ein Hahn drängt die Hühner, mit ihm so schnell wie möglich die vielen Krümel vom Esstisch zu picken, solange die Frau weg ist. Als diese endlich mitmachen, kommt die Frau zurück und scheut die Hühnerschar samt Hahn mit Prügel vom Tisch. Die Hühner gackern aufgebracht «ga, ga, ga, – wir haben es gesagt.» Der Hahn lacht und kräht «ha, ha, ha, – ich habe es gewusst.» Das Märchen zeigt, wie die Hühner den Brosamen durch das Drängen des Hahnes nicht widerstehen können. Es zeigt auch auf, dass die Hühner gut beraten gewesen wären, wenn sie auf ihr Bauchgefühl gehört hätten. Und, manchmal sollten Entscheidungen nicht zu lange hinausgezögert werden. Und wenn Brosamen auf dem eigenen Tisch nicht rechtzeitig genutzt oder beseitigt werden, kann es vorkommen, dass sich fremde Gäste um diese scheinbare Kleinigkeit kümmern und sich einmischen. Das Resultat wirkt oft chaotisch und braucht Zeit zum Aufräumen und neu ausrichten.
Fazit: Brosamen ernst nehmen, bevor sich der Hahn mit dem ganzen Hühnerhof darum kümmert. Und was mich nicht freut, freut vielleicht die Spatzen.

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