Zusammengeschweisst wie eine grosse Familie

Fr, 23. Apr. 2021

Die Wetter Gruppe feiert ihr 75-Jahr-Jubiläum – aus der Einmann-Kunstschlosserei wurde ein Unternehmen mit 150 Mitarbeitenden

Die Wetter Gruppe nimmt das 75-Jahr-Jubiläum zum Anlass für eine Zeitreise. Die Unternehmensgeschichte ist reich an witzigen Anekdoten und wurde geprägt von aussergewöhnlichen Menschen, die wegweisende Projekte umsetzten. Sie mündete schliesslich in einer Firmen-Philosophie, die den Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt.

Menschlichkeit, Nähe und ein familiäres Betriebsklima waren stets Werte, die in der Firma Wetter hochgehalten wurden. Dies belegt der erste Teil der Unternehmensgeschichte, der im Hausmagazin «Wetter Front» und auf den Sozialen Medien anlässlich des Jubiläums veröffentlicht wurde. Der Rückblick beginnt mit der Gründung des Betriebs als Einmann-Kunstschlosserei im Keller seines Elternhauses in Baden durch Hans Wetter und endet kurz nach seinem frühen Tod mit nur 47 Jahren durch Herzinfarkt. Im Bericht wird angedeutet, dass eine falsche Geschäftsentscheidung, der daraus entstehende, existenzbedrohende Schlamassel und natürlich Überarbeitung zum Tode des Patrons führten.

Ein charismatischer Leader ...
Hans Wetter wird als Mann beschrieben, der wirklich alles im Griff hatte. Er war kreativ, fleissig und einer, der seinen Mitarbeitenden stets liebevoll, charmant und mit einer Prise Humor begegnete. Erzählt wird, dass er einen treuen Mitarbeiter jeden Tag persönlich von zu Hause abholte und zur Arbeit fuhr. Legendär seien auch die Feste gewesen, die sie damals gefeiert hätten. Da konnte es schon mal sein, dass der Chef eine Weinflasche gegen die Wand donnerte oder selbst Polizisten, die eingeladen wurden, leicht angesäuselt nach Hause fuhren – aber ihre Kollegen wussten ja Bescheid. Hans Wetter war ausserdem ein Arbeitstier: Von der Akquisition bis zur Abrechnung war er für alles verantwortlich und wurde dabei lediglich von einer Sekretärin administrativ unterstützt.
Heute noch erinnert ein Schild an der Fassade des Hauses an der Lägernstrasse in Baden an die «Kunstschlosserei Hans Wetter». Von Anfang an führte Hans Wetter den Betrieb wie eine Familie: Als er 1948 eine Werkstatt an das Haus seiner Eltern anbaute und seinen ersten Mitarbeiter anstellte, wohnte der Österreicher natürlich mit seiner Frau, welche gerne alle mit ihren Kochkünsten begeisterte, im selben Haus. Tag und Nacht, so steht es in der «Wetter Front», wurde damals geschmiedet: Fenstergitter, Gartenlampen, Cheminée-Garnituren und weitere Arbeiten gehörten zum Repertoire der Kunstschlosserei Wetter. 1956 folgte dann mit dem Werkstattbau, auf dem Land seines Grossvaters in Busslingen, der zweite Meilenstein der Firmengeschichte. Hans Wetter beweist erneut, wie unkonventionell er an die Dinge heranging: Neben der neu gebauten Werkstatt hält er 100 Hühner und Kaninchen, die er mit Hilfe von Freunden stets gut umsorgt. Eier und Beeren, die es im Überfluss gibt, verteilt er in der ihm eigenen Grosszügigkeit an Familie und Bekannte. Mit dem Bau der Werkstatt kommt auch frisches Personal dazu – und man sieht, wie treu die Arbeiter ihrem Patron gegenüber waren. Der Sizilianer Leonardo Leone beginnt im Alter von 16 Jahren in der Schlosserei. Als echter Alleskönner entwickelt er sich zu einer wichtigen Stütze des Betriebs und holt dank seiner Kontakte viele Landsleute nach Busslingen. Sein Sohn Marco arbeitete bis letztes Jahr als Schweisser bei der Wetter Gruppe. Fünf Franken Stundenlohn gab es 1957 – das war ein schöner Batzen für die damalige Zeit.

... und unkonventioneller Künstler
Hans Wetter kann man mit Fug und Recht zudem als Künstler bezeichnen. Noch heute findet man in Busslingen zahlreiche seiner Arbeiten und Kunstwerke. Weil er so gut auf die Wünsche seiner Kundinnen und Kunden eingehen konnte, brachte ihm das viel Sympathie bei der Bevölkerung und volle Auftragsbücher ein. Als Gesamtkunstwerk könnte man seine eigene, prachtvolle Villa in Busslingen bezeichnen, die er zusammen mit dem Maurer Baumann aus Wohlen, den er fest angestellt hatte, in unzähligen Arbeitsstunden, anhand eigener Skizzen und teils ohne Baubewilligung, selbst erstellte. Sie besticht durch kunstvolle Schlosserarbeiten und einzigartige Räume, etwa das runde Schlafzimmer für sich und seine Frau Hildegard. Ausserdem betrieb er einen Fischweiher und baute eine Waldhütte samt Weinkeller mit Geheimzugang.
In den späten 50er- und 60er-Jahren profitierte die Firma von guten Ideen, etwa dem Bau von Kerzenständern, Aschenbechern und weiteren Kleinschmiedearbeiten in grossen Serien. Die ganze Familie half beim Verpacken und Versenden der Produkte an Tausende Haushalte. Aber auch eine fatale Entscheidung störte den Geschäftsfrieden: Hans Wetter nahm 1959 den Grossauftrag der Firma Conwerk AG an, Gestelle für Softice-Maschinen zu bauen, und stellte dafür extra 15 neue Mitarbeiter an. 1966 kam die Firma in Zahlungsschwierigkeiten, der Firmeninhaber liess seine Mitarbeiter dennoch weiter produzieren. Als die Conwerk AG ein Jahr später Konkurs ging, war der Schaden immens, das ganze Lager musste entsorgt werden. Es blieb ein Schuldenberg.
Immer mehr Familienmitglieder arbeiten ab da im Betrieb. Sohn Heinz startete 1960 eine Lehre als Konstruktionsschlosser, 1965 auch der zweite Sohn Hans Peter. 1961 wird die Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Im Verwaltungsrat sitzt unter anderen Hans Huser, der Mann von Hans Wetters Schwester Margrit, ein Finanzexperte und erfolgreicher Geschäftsmann, dessen Sohn heute noch dem Gremium angehört.
1968 markiert den Anfang des Hallenbaus. Die Konstruktion vollautomatischer Waschstrassen ebnete einen weiteren Erfolgsweg. Sie wurden in Dättwil, Turgi, Schänis, Wohlen und weiteren Standorten in der ganzen Schweiz aufgestellt. Der Firmengründer erlebte dies leider nicht mehr mit.

Früher Tod und Existenzprobleme
1968 übernahmen die beiden Söhne Heinz und Hans Peter das Unternehmen. Sie erfuhren, als allseits geschätzte Firma, von allen Seiten Unterstützung. Erwähnt wird beispielsweise die Gewerbebank Baden, die stets garantierte, dass jeden Freitag alle Lohntüten fein säuberlich zur Abholung bereitstanden. Die beiden Töchter stiessen etwas später zum Unternehmen. Kathrins Eintritt 1980 markierte den Anfang einer langjährigen gemeinsamen Reise der Geschwister Wetter, zu der im Jahr 2010 schliesslich auch Evelin dazustiess.
Unter ihrer Leitung wuchsen die Mitarbeitenden des Unternehmens weiter zu einer Art Ersatz-Familie zusammen, Freizeit und Arbeit vermischten sich. In der «Wetter Front» wird Fritz Gobeli zitiert, ein Schlosser und Allrounder und einer der vielen Legenden des Betriebs. Er arbeitete 29 Jahre dort und war nach seiner Pensionierung noch weitere neun Jahre auf Abruf. «Mein (Ex-)Chef und Freund HP Wetter ist einer meiner immerwährenden Helden», lässt er sich zitieren. «Wir haben so viel zusammen erlebt.» Besonders geschätzt habe Gobeli die Ehrlichkeit. «Der Chef kannte jeden beim Namen und grüsste die Mitarbeitenden jeden Morgen persönlich.» Diese dankten es ihm mit übergrossem Einsatz und langer Verbundenheit.
Der erste Mitarbeiter, den die Brüder einstellten, hiess Urban Tritschler. Auch sein Name ist in der Firma legendär, wurde der talentierte Rohrschlosser doch innert kurzer Zeit zur wichtigen Stütze für die Weiterentwicklung und den Erfolg der Firma, etwa durch den Bau von Förderbändern für die Landwirtschaft, mit dem sie den grossen Coup landeten. Ab da werden die Aufträge immer grösser. In den 70er-Jahren werden erstmals temporäre Mitarbeiter angestellt.
«Zusammenhalt wurde stets grossgeschrieben», beschreibt Gabriel Wetter, Geschäftsleiter der H. Wetter AG, diese Denkweise, die er schon früh als Kind miterlebte. «Mein Vater lud Firmenmitglieder zu uns nach Hause ein, viele Feste wurden gemeinsam gefeiert, oder er nahm mich sonntags mit auf Baustellen», erinnert sich der Sohn von Heinz Wetter und Enkel des charismatischen Firmengründers. Ein Familienbetrieb zu sein, das wurde ihm damals gezeigt, bedeutet unter anderem, auch nach Feierabend noch mit anzupacken.
Gabriel Wetter trägt heute zusammen mit seiner Cousine Valentina und seinem Cousin Sandro in dritter Generation Verantwortung. Schon früh hat er die Firma auch als Arbeiter kennengelernt: Von klein auf durften die Kinder dort Ferienjobs ausüben. Als er 2015 die Geschäftsleitung übernahm, wurde er so zum Chef von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihn teilweise schon als kleinen Jungen gekannt hatten. Im Gegensatz zu seinem Vater, seinem Onkel und seinem Grossvater ist Gabriel Wetter kein Handwerker, sondern ein Mann der Zahlen. Der studierte Betriebswirt, mit einem Diplom der Uni Bern, hatte unter anderem bei einer Bank und einer Unternehmensberatung Erfahrung gesammelt bevor er in das elterliche Geschäft einstieg. «Mit Menschen zu arbeiten, zu vermitteln, Aufträge und Kunden an Land zu ziehen, das liegt mir einfach», sagt er.

Neue Firmen-Philosophie
Seine Ziele für die kommenden Jahre sind die Digitalisierung, Automatisierung und Verbesserung der Abläufe. Ins Jubiläumsjahr ist er mit einer neuen Philosophie gestartet: Diese besteht aus dem «Wetter Spirit», Loyalität, Verlässlichkeit, Machermentalität und Vertrauen. «Ganz zentral ist der Gedanke, dass wir ein Team sind – wir arbeiten miteinander», erklärt der Geschäftsleiter. «Ein persönlicher, wertschätzender Umgang hat bei uns Tradition.»

Stefan Böker

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