«Ich war so fasziniert, das wurde fast obsessiv»

Di, 11. Mai. 2021

Ein junges Paar erfüllt sich den Traum von einem winzigen Häuschen. Wird es schon bald in einem Mägenwiler Garten stehen?

Wohnen auf wenig Fläche, mit wenig Besitz – diesen Traum lässt ein junges Paar wahr werden. Lara Bearpark und Sébastien Montandon auf dem Weg zum «Tiny House».

Die kleinen Häuschen, erzählt Lara Bearpark, hätten sie im Internet entdeckt. Sie hätten recherchiert und recherchiert. «Ich war so fasziniert, das wurde fast obsessiv», sagt Bearpark. Auch ihr Freund Sébastien Montandon fand die Idee in einem winzigen Haus, wie die Übersetzung des englischen Begriffes Tiny House lautet, zu leben «mega toll».
Woher aber kam diese Faszination? Beide erachten es als befreiend, weniger zu besitzen, minimalistischer unterwegs zu sein. Das Leben im Tiny House, kleiner als ein Zirkuswagen, beschränkt sich auf wenige Quadratmeter. Im Fall von Bearpark und Montandon, die ihr Häuschen in Süddeutschland bei Tiny House Allgäu bereits in Auftrag gegeben haben, werden es 7,5 mal 2,5 Meter Wohnfläche sein – mit Küche, Dusche und sogar einer Waschmaschine. Hinzu kommt eine Galerie, auf der sich die Schlafkoje befindet.

«Das Haus können wir mitnehmen»
Lara Bearpark und Sébastien Montandon jedenfalls fragten sich nach unzähligen Klicks durch Webseiten mit Beschreibungen über Kleinwohnformen: «Warum nicht machen, was uns so sehr fasziniert?» Sie seien jung – Bearpark ist 21, Montandon 28 Jahre alt – und mit einem Tiny House auf Rädern würden sie auch künftig mobil und unabhängig bleiben. Wo sie in einigen Jahren arbeiten werden, wissen sie nicht. «Aber unser Tiny House, unser künftiges Zuhause, können wir einfach mitnehmen», sagt Bearpark. Sébastien Montandon arbeitet zurzeit bei der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland in Biel, Lara Bearpark wird im Sommer in Wädenswil ihr Studium als Umweltingenieurin beginnen. Nicht jeder könne sich ein Haus leisten, sagt Montandon, aber ein Tiny House sei einigermassen erschwinglich. Rund 100 000 Franken wird ihr Häuschen kosten, hinzu kommt die Miete für den Standplatz.
Bei der Suche nach einem Standort für das Häuschen, haben sie Arbeitsund Ausbildungsort berücksichtigt. Entlang der Achse des Öffentlichen Verkehrs, zwischen Biel und Zürich, fragten sie in einem Brief rund 60 Gemeinden an. Sie erklären darin unter anderem, wie wichtig ihnen naturnahes Wohnen und die Verkleinerung ihres ökologischen Fussabdruckes sei. Auch den Gemeinden würden Vorteile aus dieser Kleinwohnform erwachsen: Zum Beispiel mehr Bauland aufgrund der kleinen Wohnfläche, ausserdem versiegelt ein Tiny-House auf Rädern keine Flächen, der Co2-Ausstoss ist gering und die Eingliederung ins Landschaftsbild unauffällig.

Regulär ein Baugesuch einreichen
Alle Gemeinden hätten mit grosser Offenheit auf ihre Anfrage reagiert, sagt Lara Bearpark. Weil sie unter anderem nach einem Standort im Umfeld eines Bauernhofes suchten, seien sie hingegen darauf aufmerksam gemacht worden, dass Landwirtschaftsland ungeeignet sei. Mieten können sie lediglich Bauland. In einem Garten einer Bekannten in Mägenwil scheint sich nun eine Lösung abzuzeichnen. Ganz regulär müssen Bearpark und Montandon dafür ein Baugesuch einreichen und auch Abstandsvorschriften einhalten. «Wir hoffen, dass es klappt», sagt Bearpark.
Die beiden freuen sich «auf alles»: Aufs Zusammenwohnen, aufs Arbeiten im Garten, auf das Gestalten im und um ihr Häuschen. Noch bleibt Zeit, das Zuviel an Hab und Gut zu verkaufen, zu verschenken oder im Brockenhaus abzugeben. Anfang 2022 aber soll ihr maximal 3,5 Tonnen schweres Häuschen über die Strasse vom Allgäu in die Schweiz rollen. Innert einem halben Tag wird es an Strom und Kanalisation angeschlossen und danach sofort bezugsbereit sein.

Heidi Hess

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