Krimi-Königin kommt nach Niederwil

Fr, 07. Mai. 2021

Silvia Götschi liest aus ihren neuen Romanen «Interlaken» und «Auf der schwarzen Liste des Himmels»

Silvia Götschis preisgekrönte Geschichten über Mord und Totschlag erwecken über die Landesgrenzen hinaus Interesse. Und eine Lesung mit ihr wird zum spannenden Spektakel. Im Interview erzählt die Erfolgs-Autorin vom Hallwilersee, wie sie das schafft.

Frau Götschi, Sie haben Ihre Romane anfangs selbst verlegt. War das eine gute Erfahrung?
Meine eigenen Romane waren ein Bestandteil des Verlags. Veröffentlicht habe ich unter anderem Kinder- und auch Jugendbücher Ich bin Autorin und Verlegerin gleichzeitig. Auf diesem Weg wurde man zumindest zum ersten Mal aufmerksam auf mich, was ich sicher als gute Erfahrung einstufen kann.

Heute sind Sie eine der erfolgreichsten Schweizer Krimi-Autorinnen, drei Ihrer Krimis haben es 2018 und 2019 auf Anhieb auf Platz 1 der Schweizer Bestsellerliste geschafft. Können Sie vom Schreiben leben?
Mit dem Schreiben allein müsste ich den Gürtel sehr eng schnallen, obwohl ich mit dem Umsatz der verkauften Bücher sehr zufrieden bin. Um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, brauche ich zusätzlich Lesungen und Schreibunterricht an Schulen. Im Jahr 2020 sind diese allerdings ausgefallen. Ich kann mich nicht ausschliesslich auf die Schriftstellerei verlassen. Abschliessend kann ich aber sagen, dass ich mit Schreiben und den Lesungen unter normalen Umständen leben kann.

Würden Sie auch so fleissig schreiben, wenn Sie keinen Verlag gefunden hätten?
Erst recht. Denn Schreiben ist für mich in erster Linie eine Leidenschaft. Wenn man sie mit dem Beruf verbinden kann, ist das sehr befriedigend.

Der amerikanische Schriftsteller T.C. Boyle hat einmal gesagt, Schreiben habe ihm «das Leben gerettet». Ging Ihnen das auch schon so, dass Sie schreiben mussten? Dass etwas aus Ihnen herausbrach?
Schreiben beruhigt mich. Beim Schreiben kann ich Themen einfliessen lassen, die mich beschäftigen. Ich kann damit auch provozieren. Aber in erster Linie ist es Freude, zweitens kann ich meine dunkle Seite in mir ausleben, in seltenen Fällen ist es auch Frustabbau. Vielleicht kann ich es als eine Art Lebensrettung ansehen. Ein Muss war Schreiben für mich allerdings noch nie.

Finden Sie selbst noch Zeit zum Lesen? Haben Sie Vorbilder?
Ich lese sehr gern die nordländischen Krimis, nehme mir auch Zeit dazu. Ich liebe das subtile Grauen. Mein grosses Vorbild ist Steven King. Er hat eine blühende Fantasie und schreibt so, dass der Leser ihm glaubt.

Wie hat sich die Corona-Zeit auf Ihre Schaffenskraft ausgewirkt?
Viel geändert hat sich nicht. Wenn ich nicht gerade mit dem Bike oder in den Bergen unterwegs bin, arbeite ich in meinem Büro zu Hause. Im 2020 war ich vielleicht noch etwas produktiver als sonst. Innerhalb von zwei Monaten habe ich nebst vielem anderen ein 350-seitiges Buch geschrieben.

Kann man schreiben lernen? Oder muss ein gewisses Mass an Talent da sein?
Die Freude am Geschichtenerzählen muss vorhanden sein. Wenn man dabei mit Talent gesegnet ist, ist das halbe Buch geschrieben. Natürlich kann man das Schreiben auch erlernen. Schreiben ist nebst geistiger Arbeit auch Handwerk.

Was empfehlen Sie jungen Autorinnen und Autoren?
Man muss sich bewusst sein, dass niemand auf einen wartet. Schreiben im stillen Kämmerlein ist das eine, auf Verlagssuche zu gehen das andere. Manchmal kann es recht lange dauern, bis ein Verlag auf einen aufmerksam wird, wenn überhaupt. Doch die Veröffentlichung des eigenen Buches sollte niemals das Ziel sein. Es ist ein Sahnehäubchen. Man braucht Geduld, Durchhaltewillen und eine gute Portion Selbstbewusstsein. Aber vor allem: das innere Feuer.

Sie selbst sind viel gereist, bevor Sie etwas veröffentlicht haben. Auf Ihrer Homepage beschreiben Sie sich als «Weltenbürgerin». Was ist wichtiger: Fantasie oder Lebenserfahrung?
Es ist eine ungleiche Mischung aus beidem. Bei mir steht die Fantasie jedoch zuoberst. Lebenserfahrung ist manchmal eine zu stachelige Frucht, die man wohldosiert verwenden sollte. Mit meinen Büchern will ich nicht belehren, sondern unterhalten. Nicht unbedingt über etwas schreiben, das bereits existiert, sondern über das, was vielleicht sein könnte.

Und Sie bezeichnen sich als «Tagelöhnerin». Warum das?
Dieses Schlagwort muss ich wohl streichen. Als ich jung war, arbeitete ich spontan in verschiedenen Jobs, um mich über Wasser zu halten. Heute bin ich in einem ruhigen Hafen angekommen.

Wo schreiben Sie am liebsten?
Unbestritten zu Hause in meinem Büro. Die Kaffeehaus-Autorin bin ich definitiv nicht. Mein Zuhause ist Inspiration genug. Es ermöglicht mir, in meine fantasievolle Welt einzutauchen.

Lassen Sie sich auch mal von Lokalnachrichten inspirieren? Wie finden Sie Inspiration?
Ein Dreizeiler auf der letzten Seite einer Zeitung kann Inspiration zu einem ganzen Buch sein. Ein Thema muss mich bewegen und hineinreissen. Hauptsächlich aber lasse ich mich von Ereignissen rund um den Globus, von der Psychologie und der Philosophie inspirieren – auch mal von einem Bibelzitat.

Ihr neuer Roman «Auf der schwarzen Liste des Himmels» ist ein England-Krimi. Welchen Schauplatz dürfen Ihre Leserinnen und Leser als Nächstes erwarten? Woran arbeiten Sie gerade?
Zwei neue Kriminalromane stehen in den Startlöchern. «Davosblues» erscheint im Juni und spielt, wie der Titel sagt, im Davos während des Jazzfestivals. «Etzelpass» mit der Ermittlerin Valérie Lehmann führt wiederum in den Kanton Schwyz in die Nähe von Einsiedeln und kommt im November 2021 auf den Markt. Aktuell arbeite ich an einem Krimi, der auf wahren Begebenheiten beruht. Es ist das erste Mal, dass ich mich auf diesen Weg wage. Natürlich werde ich diese Geschichte nicht eins zu eins wiedergeben, das würde mich in meiner Fantasie zu stark einschränken.

Sie werden in Niederwil keine «normale» Lesung halten. Auf was darf sich das Publikum freuen?
Die «Wasserglas-Lesung» war für mich vorgestern. Seit Jahren dürfen sich meine Fans auf eine szenische Lesung freuen, die auf den Buchtitel zugeschnitten ist – mit Musik und einer «Leiche». Zudem lese und erzähle ich, auch Anekdoten, wie sie auf meinen Recherchereisen entstehen. Natürlich gibt es eine Überraschung für das Publikum. Aber die verrate ich nicht, sonst wäre es keine Überraschung mehr.

Interview Stefan Böker

Lesung mit Silvia Götschi Dienstag, 11. Mai, 19.30 Uhr (Türöffnung: 18.30 Uhr) im Schulhaussaal beim Gemeindehaus
Platzzahl beschränkt, Tickets unter 056 622 56 17 oder 056 491 20 47

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