Zum Hinschied von Anton Saxer. Der Carrosserie-Unternehmer verstarb am 26. April an den Folgen einer Covid-19-Infektion
Wir nannten ihn einfach Toni. Sein Tod kam unerwartet. Er ruht im Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof in Wohlenschwil. Anton «Toni» Saxer ist am 26. April gestorben. Corona hat ihn 74-jährig aus dem Leben gerissen. Dabei hatte er noch so vieles vor. Mit Toni Saxer ist einer von uns gegangen, der selbst in schweren Zeiten stets das Gute im Menschen sah.
Es ist noch nicht lange her. Ich traf Toni Saxer auf der Strasse vor der Post in Mellingen. Er war, wie so oft in diesen Zeiten, zu Fuss unterwegs. Er liebte die Spaziergänge und er freute sich stets, wenn er dabei Menschen begegnete, mit denen er einen ungezwungenen Schwatz abhalten konnte. Nie habe ich Toni ohne sein gewinnendes Lachen gesehen. Es war, als würde er die Sonne im Herzen tragen. Nichts konnte ihm die gute Laune nehmen. Und wenn, dann liess er es sich nicht anmerken. «Das Leben ist viel zu kurz, um sich lange mit negativen Dingen zu beschäftigen», pflegte er jeweils zu sagen. So war es auch an jenem Morgen, als wir uns vor der Post begegneten. Typisch Toni: Er erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden, wollte wissen, wie die Chemotherapie anschlägt. Und wir unterhielten uns über die schwierige Zeit, in der wir gerade stecken, über das Virus, das unser aller Leben dermassen verändert. Toni Saxer, ein «Chrampfer» vor dem Herrn, der sein Leben lang gearbeitet hat und der nun sein Rentnerdasein genoss, sah im Virus zwar eine Gefahr, aber nicht nur. Er konnte der Bedrohung auch Gutes abgewinnen. «Vielleicht», so philosophierte er, «ist es auch für etwas gut. Und sei es nur, dass wir wieder mehr über uns und den Sinn des Lebens nachdenken.» Für Toni war der Sinn des Lebens längst klar. Es ist das Leben selbst. Und das sollten wir mit der nötigen Demut und dem Mitgefühl für die Mitmenschen leben.
Schöne Kindheit
Wir haben uns nachher nicht wieder gesehen. Nur wenige Wochen später kam die betrübliche Nachricht. Toni Saxer ist im Kantonsspital Baden an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung verstorben. Die Lunge war sein Schwachpunkt. Toni, der mit acht Geschwistern in Büblikon aufgewachsen war, musste schon in jungen Jahren wegen der Lunge zur Kur fahren.
Die Kindheit in Büblikon beschrieb Toni jeweils in den schönsten Farben. Sie hatten zu Hause zwar nicht viel. Ihr Reichtum war das Gemeinsame, die Familie, die sie alle zusammenhielt. Büblikon blieb Tonis Heimat. Hier fühlte er sich zeitlebens wohl. Bei aller Verbundenheit mit seiner Heimat: Sie verstellte ihm nie den Blick nach aussen.
Der Unternehmer
Im Gegenteil. Nach einer vierjährigen Lehre als Mechaniker bei der Firma Javo AG in Baden, machte er sich, gerade mal 20-jährig, selbstständig. Ein kühner Schritt. Toni eröffnete hinter seinem Elternhaus in einem bescheidenen Schopf eine Autospenglerei. Mit zähem Fleiss überwand er die Anfangsschwierigkeiten als Jungunternehmer. Mit Augenmass und wachem Verstand baute er seine Werkstatt Stück um Stück aus. Schon früh setzte er auf damals neueste Technologien. Das Unternehmen wuchs und Toni Saxer konnte einen ersten Angestellten dazunehmen. Aus der ersten Ehe mit Trudi Geissmann aus Hägglingen ging Tochter Manuela hervor. Am 24. Oktober 1981 heiratete er ein zweites Mal.
Das Lebenswerk in guten Händen
Monika Saxer war ihm eine starke Stütze. Sie brachte mit Michael und Armando nicht nur zwei Söhne zur Welt. Sie arbeitete auch während all den Jahren im Betrieb mit und sorgte dafür, dass die Finanzen im Lot blieben. Denn der Betrieb wuchs zu respektabler Grösse. Neue Technologien verlangten immer wieder grosse Investitionen. Die Carrosserie Saxer AG mit der Autospenglerei und dem modernen Spritzwerk war für seine Qualität weitherum bekannt. Nach 45 Jahren fanden die Saxers für die Übernahme ihres Lebenswerks Käufer aus der Region. Im Oktober 2015 übernahmen Tanja und Michael Hallauer die Werkstätte. Als Vermieter blieb Toni Saxer seinen Nachfolgern stets freundschaftlich verbunden. Er stand ihnen, wann immer sein Rat gefragt war, gerne helfend zur Seite. Die Familie war Toni wichtig. Schon früh nahm er seine beiden Söhne mit in die Werkstatt. Dass keiner in seine Fussstapfen treten wollte, hat Toni Saxer zwar geschmerzt. Aber er konnte es akzeptieren. Letztes Jahr ist Toni Saxer zum zweiten Mal Grossvater geworden. Die Grosskinder waren sein Ein und Alles.
Auch wenn es nicht ganz einfach war, nach so vielen Jahren harter Arbeit runterzufahren: Toni fand seinen Ausgleich. Er war gerne zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs, klopfte gerne mit Kollegen einen Jass. Bei Wanderungen in seinem geliebten Obersaxen konnte er frische Kräfte tanken. Und wenn sich die Gelegenheit ergab, schwang er auch ganz gerne mal das Tanzbein.
In bester Erinnerung
Wir erinnern uns an Toni Saxer als geselligen Menschen, der für alle stets ein freundliches Wort parat hatte. Ein Familienmensch durch und durch. Einer, der die Menschen mochte. Deshalb wollte er auch im Gemeinschaftsgrab begraben werden. Dort ruht er nun. Aber er bleibt uns in bester Erinnerung. Und wir sind versucht ihm nachzurufen: Toni, wir hätten Dich gerne länger hier gehabt!
Beat Gomes