Trotz Brand: «Wir haben grosses Glück gehabt»

Fr, 07. Mai. 2021

Nach dem Brand in der Schreinerei Peterhans wird weiter nach der Ursache geforscht – klar ist: Es hätte schlimmer kommen können

Eine harte Woche liegt hinter den beiden Geschäftsinhabern. Trotzdem spürt man Erleichterung und Optimismus bei Beat und Michael Peterhans. Wegen dem Brand musste sich die Schreinerei umorganisieren. Die Arbeit ging weiter, praktisch ohne Unterbrechung.

Wer die hölzernen Stufen zum Empfang der Peterhans, Schibli & Co. AG hochsteigt und den Bürotrakt betritt, riecht ihn sofort: den angenehmen Duft nach Holz. Auch im Besprechungszimmer keine Spur vom bitteren Rauchgeruch, den man eigentlich erwarten würde. Schliesslich brannte erst vor wenigen Tagen, nur wenige Meter weiter, das Dach lichterloh. Allein die Blachen, welche den Boden vor russigen Schuhabdrücken schützen, weisen hier auf das Unglück hin. Und Charts an der Wand, vollgeschrieben mit Massnahmen. «Gleich am Sonntagmorgen nach dem Brand haben wir, also die fünf Mitglieder der Geschäftsleitung, uns zur ersten Krisenbesprechung getroffen», erklärt Michael Peterhans. Sie fuhren die IT hoch, testeten Elektroinstallationen und Maschinen, prüften, wie man die Abläufe umorganisieren kann. Und legten fest, was man den Mitarbeitenden kommunizieren soll. «Wichtig war uns, diese zu beruhigen», erzählt sein Bruder Beat. «Und das ist uns, glaube ich, auch gelungen.»

Keine Engpässe, keine Wartezeiten
Alle Mitarbeitenden konnten in gewohntem Umfang weiter arbeiten. Der Brand führte nicht zu Engpässen. Verzögerungen von wenigen Tagen gab es lediglich bei einigen Aufträgen. Beträchtliche Wartefristen keine. Schon am Montag konnten Teams wie geplant zur Montage ausrücken. Da Arbeitsplätze aus dem 1965 erbauten Bankraum – der Teil einer Schreinerei, wo die Schreinerbänke stehen – in die Tiefgarage sowie ins Lager verlegt wurden, kann die Schreinerei alle Dienstleistungen für Küchen, Möbel und Innenausbau weiterhin wie gewohnt anbieten. «Einige Arbeitsschritte wie Oberflächenveredelung und Pressarbeiten von Furnieroberflächen müssen wir an Partnerfimen auslagern», ergänzt Michael Peterhans. Vor allem in der 2015 erbauten Produktionshalle sieht es aus, als wäre nichts gewesen. «Wir haben wirklich sehr grosses Glück gehabt», sagen die Gebrüder Peterhans. «Glück im Unglück.» Einige Schreinerarbeiten seien zerstört worden, und Furnierholz, das im Keller unter dem Bankraum lagerte. Aber das seien Peanuts. Das Haupt-Materiallager oder die teuren Maschinen in der Produktionshalle blieben von der Feuersbrunst verschont.

«Chef, die Bude brennt»
Es hätte alles viel schlimmer kommen können, das steht heute fest. Beat Peterhans war zu Hause in Hausen, als er am Samstagabend gegen 20.15 Uhr von einem Mitarbeiter informiert wurde. «Schon auf der A1 sah ich die Rauchsäule in den Himmel steigen», erinnert er sich an sein anfängliches Entsetzen. «Ich habe mit dem Schlimmsten gerechnet.» In Fislisbach angekommen, konnte er den Einsatzkräften wichtige Infos geben, musste ansonsten aber hilflos daneben stehen.
Sein Bruder grillierte mit der Familie im Garten, nur wenige hundert Meter von der Firma entfernt. «Wir hörten die Sirenen und wunderten uns», erzählt Michael Peterhans. «Aber wir hatten alle das Handy ausgeschaltet oder nicht am Tisch.» Erst als seine Tochter nach dem Essen in die Bar des Landhotel Linde aufbrach, wurde diese von einer Bekannten auf das Unglück aufmerksam gemacht und konnte ihre Familie informieren. «Als ich gegen 20.45 Uhr ankam, haben mir die Knie gezittert. Ich war sprachlos», erinnert sich ihr Vater. «Ich machte mir Sorgen um die Zukunft, malte mir verschiedene Szenarien aus. Schliesslich sind unsere Auftragsbücher voll.»

Schaden: rund eine Million Franken
Nach einer schlaflosen Nacht stand aber bereits am Sonntag fest: So schlimm ist es gar nicht. Die Firma ist gegen Schäden am Gebäude, am Mobiliar oder durch Produktionsunterbruch versichert. Momentan wird von einem Schaden in Höhe von mehreren Hunderttausend bis zu einer Million Franken ausgegangen. Am Montagmorgen habe die Versicherung ein Team aus Brandschadensanierern aufgeboten. Beim Rundgang durch die Schreinerei sind diese, eine Woche später, immer noch dabei, Maschinen zu putzen. Mitarbeitende der Zimmerei haben den Bankraum so abgesichert, das er weiterhin benutzt werden kann. Hier riecht es noch leicht nach Rauch. Eine Treppe weiter oben im Aufenthaltsraum, direkt neben dem abgebrannten Dachstuhl, ist der Gestank am stärksten. Die Flammen haben hier und auf der anderen Seite bereits an den Brandschutzmauern geknabbert – aber die Mauern hielten.

Dank an die Einsatzkräfte
Dass es nicht zur Katastrophe kam – das wird beim Rundgang ebenfalls klar – ist dem schnellen und koordinierten Einsatz der Feuerwehrleute zu verdanken. Denn Bankraum und die neue Produktionshalle sind ein miteinander verbundener Raum. Das Feuer hätte hier wüten können, ohne auf Widerstände zu treffen. Im Keller stehen Raumtrockner, nur vereinzelt sind noch feuchte Stellen zu sehen – und das, obwohl allein in der ersten Stunde der Brandbekämpfung rund 120 000 Liter Wasser verbraucht wurden. Die Fluten konnten direkt wieder mit Wassersauger und Tauchpumpe eingefangen werden. Zwei Kleinlüfter am Seiteneingang der Produktionshalle sowie der mobile Grosslüfter bei der Garageneinfahrt verhinderten, dass sich Rauch in den anderen Gebäudeteilen ausbreiten konnte. Nach nur zwei Stunden war der Brand gelöscht. Feuerwehrleute, mit Atemschutzmasken ausgerüstet, retteten sogar Mobiliar und Maschinen. Was sie nicht nach draussen tragen konnten, wurde mit Planen geschützt.
Das «gesamte Rösslispiel» habe in beeindruckender Weise funktioniert, lobt Michael Peterhans diese hervorragende und professionelle Arbeit. «Das erfüllt uns beide mit grosser Dankbarkeit», richten sich die Brüder gemeinsam an die Einsatzkräfte. Sie seien ebenfalls froh über die Solidaritätswelle, die sie von überall zu spüren bekommen, im privaten Bereich wie im geschäftlichen. «Von allen Seiten wird uns Hilfe angeboten», erzählt Beat Peterhans. In Zürich habe ein Architekt einen Znüni auf der Baustelle vorbeigebracht. Sogar ein Kollege aus dem Ausland hörte von der verhängnisvollen Nacht und schrieb Aufmunterndes. «Das sind Gesten, die uns allen Mut machen und uns Motivation geben», so Peterhans.

Gebäude wird wieder aufgebaut
Über die Brandursache weiss man noch nicht Bescheid. Die Kantonspolizei ermittelt weiterhin. War es Unachtsamkeit? Ein technischer Defekt? Oder gar Brandstiftung? «Der Untersuchungsbericht wird uns Klarheit bringen», sagen die Geschäftsinhaber. Sicher ist indes, dass sie das Gebäude in ähnlicher Weise wieder aufbauen wollen. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik. Noch ist auch nicht klar, wie viel die Versicherung bezahlen wird. Das aktuelle Provisorium ist zwar eine Notlösung, aber es sei sicher und die Schreinerinnen und Schreiner können ihre Arbeiten fast ohne Einschränkungen weiterhin ausüben. Doch es sei eng, man benötige den Platz. «In der vergangenen Woche haben alle hart gearbeitet», sagt Michael Peterhans. «Das nächste Ziel ist ein möglichst nahtloser Übergang zur Normalität.»

Stefan Böker


Katastrophe haarscharf verhindert

Wie knapp es war, sagt Thomas Meyer, Kommandant der Feuerwehr Fislisbach. «Wäre der Notruf nur fünf bis zehn Minuten später eingegangen, dann hätten die Flammen auf die anderen Gebäudeteile übergegriffen. Dann wären wahrscheinlich alle Gebäude abgebrannt.» Durch die gleichzeitige Alarmierung bei den Feuerwehren Fislisbach und Baden, der guten Zusammenarbeit zwischen den Truppen und den richtigen Entscheidungen der Einsatzleitung sei ein weiterer Faktor massgeblich gewesen für den erfolgreichen Einsatz. «Ein Mitglied der Feuerwehr Baden arbeitet in der Schreinerei», sagt Kommandant Meyer. «Der Mann war sofort vor Ort, konnte alle wichtigen Türen öffnen und den anderen Feuerwehrleuten das Gelände zeigen.» (sb)

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