Vereine mucken gegen Verbandsentscheid auf

Fr, 07. Mai. 2021

Der Aargauische Fussballverband AFV will die Meisterschaftsvorrunde um jeden Preis spielen. Zum Unwillen vieler Vereine

Der AFV will, wenn es die Corona-Bedingungen zulassen, eine Art Restmeisterschaft über die Runde bringen. Das, nach nur zwei Wochen Vorbereitung. Dagegen regt sich Widerstand in den Vereinen. Trainer und Funktionäre fürchten um die Gesundheit ihrer Spieler. Nun kommen neue Vorschläge aus den Vereinen, die sich daran stören, dass sie vom Verband nicht angehört wurden.

In diesen Tagen erhielten 1400 Fussballvereine im Land per Mail einen Fragebogen mit kritischen Fragen zu den Absichten des Schweizerischen Fussballverbandes SFV und der Regionalverbände (darunter der AFV), wonach die abgebrochene Herbstrunde nach nur zwei Wochen Vorbereitung fertiggespielt werden soll. Die Umfrage trägt den Absender von John Walthert und Sandro Rainone, zwei altgedienten Funktionären beim FC Laufen (BL). Sie können auf zahlreiche Unterstützung in verschiedenen Regionen zählen. So auch im Aargau. Der «Reussbote» publiziert diese Umfrage exklusiv und fasst die Antworten zusammen, wie er sie von Trainern und Funktionären der Fussballvereine Fislisbach, Mellingen, Tägerig, Niederwil und Othmarsingen gesammelt hat.

Frage: Wurde Ihr Verein im letzten halben Jahr vom Regionalverband konsultiert, wie er sich in der Frage, «wie weiter mit dem Spielbetrieb» verhalten soll?
Nein, die Vereine wurden zu möglichen Modusänderungen nicht befragt.

Wurde Ihr Verein in den letzten Wochen vom Regionalverband angefragt, wie er zu einem Abbruch/einer Weiterführung dieser Saison steht?
Nein, dazu wurden die Vereine nicht befragt. Die Tendenz ging bei den Trainern jener Mannschaften in der «Reussbote»-Region, die weder abnoch aufsteigen können, dahin, die Meisterschaft abzubrechen.

Hätten Sie eine solche Anfrage für gerechtfertigt/wünschenswert gehalten?
Diese Frage kann nicht einheitlich beantwortet werden. Je nach Interessenlage (Auf- oder Abstiegschancen) hätten die Vereine eine Mitbestimmung begrüsst.

Trainieren die Aktiv-Mannschaften Ihres Vereins im Hinblick auf eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes?
Ja, aber unter Einhaltung der Corona-Bestimmungen, wonach kein Körperkontakt erlaubt ist und die Gruppe nicht grösser als 15 Personen sein darf. Dort, wo wie in Niederwil die Trainingsbeteiligung gross ist, mussten die Spieler in Gruppen aufgeteilt werden. Neben Kondition konnten sie zwar das Passspiel oder Schussübungen trainieren. Aber richtig Fussball spielen ging nicht.

Halten Sie eine zweiwöchige Vorbereitung für ausreichend um direkt in eine alles entscheidende Meisterschaftsphase einzusteigen?
Die Trainer in den Vereinen im «Reussbote»-Gebiet waren übereinstimmend der Meinung, dass für eine seriöse Vorbereitung zur Wiederaufnahme der Meisterschaft mindestens vier Wochen Training unter Echtbedingungen notwendig sind. Alles andere halten sie für nicht seriös. Denn die Gesundheit der Spieler würde mit einer kürzeren Vorbereitungszeit aufs Spiel gesetzt. Zudem habe die stetige Ungewissheit, wie und ob es weitergehe, an der Motivation der Spieler genagt. Einzig in Tägerig und Niederwil konnte die Trainingsintensität hochgehalten werden. Denn der FC Tägerig möchte unbedingt in die 3. Liga aufsteigen. Und der FC Niederwil hat noch Chancen auf den Einzug ins Finale des Axpo Aargauer Cup. Für den FC Mellingen (3. Liga) und den FC Fislisbach (2. Liga) geht es um nichts mehr. Sie können weder auf- noch absteigen. Hingegen würde der FC Othmarsingen höchstwahrscheinlich absteigen, wenn die Vorrunde noch fertiggespielt würde.

Sind Sie der Meinung, dass die Wertung einer halben Saison sportliche Auf-/Absteiger legitimiert?
Hier scheiden sich die Geister. Wer weder auf- noch absteigen kann, neigt eher dazu, eine solche Regelung zu akzeptieren. Vereine wie der FC Tägerig, der seit drei Jahren mit grossem Aufwand daraufhin arbeitet, in die 3. Liga zurückzukehren, und der auch gute Chancen auf den Aufstieg hat, möchte natürlich die Vorrunde zu Ende spielen. Die anderen Vereine hingegen sind eher skeptisch. Fairness sieht definitiv anders aus.

Sind Sie der Meinung, dass die Wertung dieser halben Saison, die nach einem siebenmonatigen Unterbruch, in den letzten beiden Juniwochen noch zu Ende gespielt werden soll, sportliche Auf-/ Absteiger legitimiert?
Eine heikle Frage. Hier können sich nicht alle Trainer und Funktionäre zu einer klaren Haltung durchringen. Tendenziell mag man es den potenziellen Aufsteigern gönnen. Hingegen scheiden sich die Geister bei der Frage des Abstieges. Auch hier gilt: Kommt darauf an, wie ein Verein in der abgebrochenen Herbstrunde abgeschnitten hat. Es findet sich allerdings kein Trainer, der einer solchen Lösung vorbehaltlos zustimmen kann.

Entspricht der Plan des SFV und der Regionalverbände, den Spielbetrieb unter allen Umständen und so spät noch aufzunehmen, dem sportlichen Fairplay-Gedanken?
Von Fairplay kann hier keine Rede sein. Allein schon deshalb, weil Teams bei denen es um nichts mehr geht, nicht mit der selben Motivation antreten werden, wie Mannschaften, bei denen es um Sein oder Nichtsein geht.

Sind die Spieler der Aktiv-Mannschaften überhaupt grundsätzlich noch daran interessiert, den Meister- schaftsbetrieb für ein bis drei Spiele nochmals aufzunehmen?
Nein. – Auch hier gilt: In jenen Vereinen, die nur noch um die «Goldene Ananas» spielen, ist die Motivation längst weg. Entsprechend schlecht sind auch die jeweiligen Trainingsbesuche.

Gibt es Spieler, die aufgrund von Bedenken bezüglich der Risiken (persönliche oder gegenüber privatem Umfeld, Arbeitgeber etc.) schon jetzt nicht trainieren, resp. nicht trainieren würden, wenn voller Körperkontakt zulässig wird?
Ja, solche Spieler gibt es. Allerdings nicht in Tägerig und Niederwil.

Wäre Ihr Verein dafür, die Saison sofort abzubrechen?
Bis auf den FC Tägerig neigen die anderen vier Vereine eher zu einem Abbruch. Beim FC Niederwil einzig mit dem Vorbehalt, dass der Cup noch gespielt werden kann.

Wäre Ihr Verein bei einem sofortigen Abbruch dafür, Aufsteiger in höhere Ligen zu ermöglichen (Ligen/Gruppen auffüllen oder falls nötig vorübergehend aufstocken, keine Absteiger, Ermittlung durch Punktekoeffizient)?
Ja, einer solchen Regelung könnten wohl alle Vereine im «Reussbote»- Revier zustimmen. Damit würde der FC Tägerig wohl aufsteigen. Alle anderen Vereine würde in ihrer Liga bleiben.
Wären Sie unter diesen Umständen (Aufsteiger, keine Absteiger) dafür, die Saison sofort abzubrechen und den Fokus auf die neue Saison zu legen?

Entstehen Ihrem Verein durch die Ungewissheit der Ligazugehörigkeit und dem späten Saisonende finanzielle Risiken?
Was für eine Frage! Ja, die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen des Vereinslebens haben in allen Vereinskassen Spuren hinterlassen.

Befürchten Sie, dass die späte Gewissheit der Ligazugehörigkeit, bei Beendigung der Saison im Juli, auch negative sportliche Auswirkungen auf die neue Saison nach sich zieht?
Zweifellos. Mit der bestehenden Ungewissheit ist es für die Vereine schwer, neue Spieler zu gewinnen. Die Spieler wollen wissen, in welcher Liga sie nächste Saison spielen.

Beat Gomes

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