Nach Lockdown-Blockade traf Akt-Serie ins Schwarze

Fr, 09. Jul. 2021

Barbara Bamberger zeigt an der «Photo Schweiz» in der Halle 550 in Zürich-Oerlikon zehn Aktbilder

Ein Monat war sie wie gelähmt. An kreatives Arbeiten war nicht zu denken. Barbara Bamberger machte sich zwei Wochen vor dem Lockdown als Fotografin selbstständig. Dann raffte sie sich auf, fotografierte mit neuem Elan. Das während dieser Zeit entstandene Projekt wird nun bei Photo Schweiz ausgestellt.

Sie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Bereut hat sie den Schritt nicht. Und das, obwohl Barbara Bamberger (54) während der Corona-Zeit keine Aufträge hatte. Zwei Wochen vor dem Lockdown eröffnete sie ihr Fotostudio in Bremgarten. Nach dem Lockdown ging über ein Jahr lang fast nichts mehr. «Ich war ein Monat komplett blockiert», sagt sie. Bamberger raffte sich auf, nahm als Sicherstellung ihrer Existenz Stellvertretungen als Kindergartenlehrperson an und fotografierte in ihrem Fotostudio Zirkusartisten gratis. «Ich wollte für die arbeiten, die auch nicht arbeiten können», sagt sie. Während dieser Zeit entstand auch ihre Akt-Serie «Artistic Nudes». Und sie wagte damit etwas, was vor ihr noch niemand schaffte. Photo Schweiz, die grösste Werkschau für Fotografie, nahm noch nie zwei Projekte des gleichen Künstlers an und sie liessen auch keine Aktbilder zu. Genau das reizte Bamberger. Sie sandte ihre Akt-Serie ein, obwohl sie bereits mit ihrer Abschlussarbeit «Borrowed Planet» – geliehener Planet – einen Ausstellungsplatz auf sicher hatte. «Meine Aktbilder mit den Artisten sind ästhetisch und es sind keine Geschlechtsteile zu sehen», sagt sie. Und das sah wohl Photo Schweiz auch so. Die Jury entschied, anstelle «Borrowed Planet» ihre Akt-Serie zuzulassen. «Dass auch meine zweite Serie «Artistic Nudes» angenommen wurde, hat mich sehr gefreut. Es ist ein gutes Gefühl, wenn die Jury beide Projekte für gut befunden hat.» Über 200 Fotografen zeigen nebst Bamberger diese Woche in Oerlikon ihre Werke.

Menschen authentisch fotografieren
Das Fotografieren ist Bamberger in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater ist seit Jahren ein leidenschaftlicher Hobby-Fotograf mit eigenem Fotolabor im Keller. Er, die Mutter und der Lebenspartner begleiteten sie letzte Woche an der Vernissage der Ausstellung. Für Bamberger ist es wichtig, Personen authentisch zu fotografieren. «Ich nehme mir Zeit bei einem Fotoshooting», sagt sie. «Durch meine zurückhaltende und subtile Art, vergessen die Models, dass sie vor der Kamera stehen.» Den Grundstein zum professionellen Fotografieren legte sie, als sie einen Lehrgang für Digitale Fotografie bei Martin Zurmühle in Ebikon belegte. Diesen schloss sie im November 2020 mit der Bestnote 5,8 ab. Ihre Diplomarbeit «Borrowed Planet» sandte sie an Photo Schweiz. Nach ihrer Ausbildung entschloss sie sich, ihr Hobby zum Beruf und ihren bisherigen Beruf zum Hobby zu machen. «Nebst meinem Beruf hatte ich für mein Hobby, die Fotografie, nie genügend Zeit», sagt sie. Das habe sie oft auf dem Nachhauseweg von ihrer Arbeit traurig gemacht. Und das, obwohl sie auch den Beruf als Kindergärtnerin liebt. Fotografieren konnte sie nur in der Freizeit, vor allem an internationalen Zirkusfestivals und auf ihren Reisen. Nun hat sie einen Weg gefunden beides zu kombinieren. Ab neuem Schuljahr wird sie in Wohlen als Schulische Heilpädagogin in einem 30-Prozent-Pensum arbeiten.

Subtile Fotografie: Sternenkinder
Bamberger lässt sich als Fotografin nicht schubladisieren. Sie fotografiert nicht nur Menschen in ihrem Fotostudio, sondern auch Hochzeiten, Kirchenanlässe, Architekur und Landschaften. Bei Menschen nimmt sie sich Zeit, um mit ihnen in Kontakt zu treten. Das vor allem auch, wenn sie für Sternenkinder aufgeboten wird. Das sind Kinder die während der Schwangerschaft oder bei der Geburt gestorben sind. Die Eltern drücken ihre Trauer in einem Foto mit dem Baby aus. Die Goldmedaille am Trierenberg Super Circuit, die sie mit einem Foto einer trauernden Mutter machte, bedeutet Bamberger viel. Nun hofft sie auf eine gute Werkschau in Oerlikon. Bereits in Planung sind weitere kreative Fotoprojekte.

Debora Gattlen

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