«Fremdenfeindlichkeit bereitet mir Sorgen»

Fr, 13. Aug. 2021

Referendum mit 452 Unterschriften gegen die geplante Asylunterkunft wurde eingereicht

Just auf den letzten Drücker ging das Referendum bei der Gemeindekanzlei ein. Und das mit überraschend vielen Unterschriften. Nun müssen die Stimmbürger an der Urne entscheiden, ob die neue Asylunterkunft an der Hubelstrasse gebaut wird.

Es ist schade. Trotzdem gibt es das Recht in einer Demokratie, ein Referendum ergreifen zu können», sagt Gemeinderätin Cornelia Stutz. Als erste Massnahme hat der Gemeinderat die Planung für die Asylunterkunft bis zur Abstimmung am 24. Oktober auf Eis gelegt. Wie die Stimmbürger sich schlussendlich entscheiden, ob sie sich trotzdem für oder gegen das Projekt aussprechen, sei nicht voraussehbar. Fakt sei, bei so vielen Unterschriften hätten nicht nur Anwohner, die direkt vom neuen Standort der Asylunterkunft betroffen sind, mitunterschrieben. «Mir bereitet die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der Schweiz Sorgen», sagt Stutz. Dabei würden viele vergessen, dass vor 150 Jahren viele Schweizer ihre Heimat wegen Armut verliessen. Damals wurde von einigen Gemeinden, so auch Niederwil, jedem «Wirtschaftsflüchtling» einen Teil an die Überfahrt nach Amerika bezahlt. Verständnis für Fremdenfeindlichkeit hat Stutz nicht. «Der Bund hat klare Richtlinien», sagt sie. «Wer diesen nicht entspricht, wird auch nicht aufgenommen.» Hingegen sei es eine Tatsache, dass zurzeit in der Gemeinde kein früherer Bewohner der Asylunterkunft Sozialhilfe beziehe.

Souverän sagte an Gmeind «Ja»
An der Sommer-Gmeind sah es bereits nach einem Happy End für die Asylunterkunft aus – dem neuen Standort an der Hubelstrasse sei Dank. Beim zweiten Anlauf hiess der Souverän den Verpflichtungskredit von 860 000 Franken für den Neubau der Asylunterkunft mit grossem Mehr gut (der «Reussbote» berichtete). Und das trotz kritischen Voten. Moniert wurde damals der zu hohe Preis für das zweistöckige Holzgebäude, allfällige Entwertung der Liegenschaften in der Nachbarschaft und Lärmemissionen. «Aktuell sind die Immobilienpreise am Steigen», sagt Stutz. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass zurzeit eine Immobilie wegen einer Asylunterkunft in der Nachbarschaft einen massiven Preiseinbruch hinnehmen muss.» Zudem befinde sich der neue Standort am Rand der Bauzone und sei durch die Quartierstrasse von anderen Häusern getrennt. Auch das Argument, die Asylsuchenden könnten das Quartier durch ihre Anwesenheit beeinträchtigen, entkräftet sie. Am bisherigen Standort, an der Hauptstrasse 9, seien die Asylsuchenden bei den Anwohnern beliebt. Und das, obwohl sich das bisherige Gebäude mitten im Dorf befindet. Direkte Anwohner sagten, dass die Bewohner hilfsbereit, höflich und ruhig sind. «Die Asylsuchenden haben sich auch schon bei der Gemeinde gemeldet, als sich bei einem Nachbarn ein Schachtdeckel wegen Wasserdruck löste.

Dritte Runde in Sicht?
«Sollten die Stimmberechtigten den Baukredit an der Urne ablehnen, fällt die kostengünstigste Möglichkeit dahin und der Gemeinderat muss wieder über die Bücher», sagt Stutz. Sicher sei, die Gemeinde habe die Pflicht, Asylsuchende aufzunehmen. Sie an eine andere Gemeinde abzutreten und dafür zu zahlen, sei für den Gemeinderat keine Variante. Sie sei zu teuer und unsolidarisch. Der humanitäre Gedanke, welcher die Schweiz ausmache, bleibe auf der Strecke. Nach einem «Nein» an der Urne komme wohl auch für den Gemeinderat die Suche nach einem alternativen Standort nicht mehr in Frage. «Wenn zwei Mal der Standort abgelehnt wurde, würde auch ein dritter Anlauf nichts ändern», so Stutz. Da sich die bisherige Unterkunft an der Hauptstrasse – sie ist über 50-jährig – in einem desolaten Zustand befindet, muss zeitnah eine Lösung her. Der Eigentümer plant bereits seit längerem eine Gesamtüberbauung des Areals. «Der Vermieter kann jederzeit den Vertrag kündigen», so Stutz. Statt eine neue Asylunterkunft zu bauen, würde wohl dann nur noch übrig bleiben ein Haus oder mehrere Wohnungen für die Unterbringung der Asylsuchenden zu mieten.
«Ich bin erstaunt, dass so viele Stimmberechtigte das Referendum unterschrieben haben», sagt Grossrat Mario Gratwohl. «Wird der Kredit für die geplante Asylunterkunft abgelehnt, ist das Thema nicht vom Tisch. Ob eine nachfolgende Lösung besser sein wird, bezweifle ich.»

Debora Gattlen

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