«Löwen» brauchen anderen Dompteur

Di, 24. Aug. 2021

Fussball 3. Liga: 1:4-Pleite – Desolater Auftritt des FC Mellingen im Heimspiel gegen den FC Würenlingen

Die «Löwen» vom FC Mellingen sind durch den Wind. 1:4-Pleite gegen Würenlingen. Spieler und Trainer reden nicht mehr die gleiche Sprache. Schon vor dem Spiel kommt es in der Kabine zum Eklat. Der Abgang von Trainer Toni Di Santo zeichnet sich ab.

Man braucht keine Sperberaugen und auch kein Hörgerät, um zu sehen und zu hören, wie es um die Mannschaft von Toni Di Santo bestellt ist. Der Zustand der Mannschaft ist schlicht desolat. Nach der 1:4-Pleite am letzten Freitagabend gegen den FC Würenlingen, der gewiss keine Übermannschaft nach Mellingen brachte, hätte man schon Ohren und Augen verschliessen müssen, um nicht zu hören und zu sehen, was auf der Terrasse des neuen Clubhauses Sache ist. Dort der Trainer, der sich mit seinem Kollegen von der zweiten Mannschaft, Martin Salm, unterhielt. 20 Meter entfernt die Spieler, die völlig gefrustet aus ihren Herzen keine Mördergruben mehr machen wollten. Irgendwo dazwischen der stets mit sich selbst beschäftigte Co-Präsident, Assistenztrainer der 1. und 2. Mannschaft, Sport- und Spikochef in Personalunion, Lukas Treichler. Vom anderen Co-Präsidenten Dani Schmid war nichts zu sehen. Der war in seinem nahen Musiklokal «Andalusia» anderweitig beschäftigt.

Der Eklat in der Kabine
Stürmerhoffnung Gezim Zeqiraj hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits empfohlen. Seine Meinung über den Trainer ist gemacht. Jedenfalls hat er keine Lust mehr das Gelb-Schwarze Trikot der «Löwen» überzustreifen, so lange Toni Di Santo das Training leitet. Zuerst versuchte sich «Zeki» gegenüber dem «Reussbote» mit einer Ausflucht. Auf die Frage, weshalb er das Spiel in zivil als Zuschauer verfolge, sagte er: «Bin verletzt». Wo denn, wie denn? «Der Muskel.» Zeki» greift sich zur Illustration an den rechten, hinteren Oberschenkel. Auf Nachfrage, wurde die Verletzung weniger, um alsbald ganz zu verschwinden. Der 36-Jährige, der während Jahren als Serientorschütze in der 2. Liga gefürchtet war, und der auf diese Saison hin von Othmarsingen zum FC Mellingen stiess, leidet keinsfalls an einer muskulären Verletzung. Er ist im Stolz verletzt. Was war geschehen? Einer der jüngeren Spieler sagt dazu: «Ich habe so etwas noch nie erlebt. Nachdem der Trainer in der Kabine die Mannschaftsaufstellung bekannt gegeben hatte und Gezim klar wurde, dass er nicht zur Startformation gehörte, hat sich dieser seelenruhig die Trikothose ausgezogen, ist in seine Kleider geschlüpft und hat die Kabine verlassen.»
Zeqiraj sollte später dazu sagen: «Ich muss mir das in meinem Alter ja wohl nicht mehr antun. Ich habe gestern gut trainiert und hätte der Mannschaft helfen können. Gegen diese Mannschaft (Würenlingen, die Red.) wäre es leicht gewesen, Tore zu schiessen.

Di Santo: «Ich bin der Trainer»
Toni Di Santo selbst war zum Zeitpunkt von «Zekis» Abgang nicht mehr in der Kabine. «Ich habe das nicht mitbekommen», sollte er später sagen. Für Di Santo ist dieses Verhalten aber nicht akzeptierbar. Er macht gute Gründe geltend, weshalb er seine Stürmerhoffnung nicht von Anfang an brachte. «Gezim hat das Team nach dem Spiel in Bremgarten vor einer Woche, wortlos verlassen. Ich habe ihm gesagt, dass das nicht gehe. Letzten Dienstag war er nicht im Training. Am Donnerstag hat er trainiert. Hättest du einen solchen Spieler in die Startformation gestellt»? stellt Di Santo dem «Reussbote»-Reporter diese rhetorische Gegenfrage.
Spieler, die hier nicht namentlich genannt werden, finden zwar Zeqirajs Verhalten auch nicht gerade sportsmännisch. Aber sie bringen seinem Frust gegen den Trainer ganz offen ein gewisses Verständnis entgegen. «Was soll das?», fragt einer. «Der Mann (Zeqiraj, die Red.) hat pro Saison 30 Tore geschossen. Er ist topfit und hat am Donnerstag im Training gezeigt, dass er parat ist.»
«Ich bin der Trainer», stellt Toni Di Santo klar. «Und ich entscheide. Dabei geht es auch um gewisse Prinzipien. Ich habe Spieler, die noch in keinem Training gefehlt haben. Soll ich sie auf der Bank lassen?» Apropos Bank. Andi Etter, der mit der Rückkehr zu seinem Herzensverein grosse Hoffnungen geweckt hat und der im Spiel gegen Würenlingen schon früh das 1:0 erzielte, eilte während des Spiels zum Trainer an der Seitenlinie und fragte ihn: «Willst du nicht neue Kräfte bringen?» Toni Di Santo fragte zurück: «Welche denn?»

Auswechseln oder nicht?
Gezim Zeqiraj stand auf der gegenüberliegenden Platzseite unter den Zuschauern. Auf der Bank sassen Colin Frey, Joel Bolliger, Marco Etter und Bruno Moraes. Bolliger war krank.
Zu jenem Zeitpunkt standen die «Löwen» nur noch zu zehnt auf dem Platz, weil Mittelfeldregisseur Diego Beerle sich im Frust verbal mit dem Schiedsrichter angelegt hatte. Nachdem er Minuten zuvor wegen eines Fouls schon Gelb gesehen hatte, musste Beerle mit Gelb-Rot vom Platz. Es stand 1:2 gegen den FC Mellingen. Aber der machte auch mit zehn Mann das Spiel und erspielte sich eine Reihe von Torchancen. Allein, die Kugel wollte nicht rein. Andi Etter, der nach dem Spiel nichts sagen wollte, platzte schliesslich doch noch der Kragen. «In einer solchen Situation musst du doch alles versuchen und neue Kräfte ins Spiel werfen.» Übungsleiter Di Santo sieht das anders. «Wir waren zu jenem Zeitpunkt ganz klar am Drücker. Was soll ich da auswechseln?» Ja, wenn er vielleicht noch Zeqiraj, den Torgaranten, auf der Hinterhand bzw. auf der Bank gehabt hätte ...
Zum generellen Zustand seiner Mannschaft sagt Di Santo: «Es ist schwierig. Das beginnt schon beim Trainingsbesuch. Zudem habe ich den Eindruck, dass sich gewisse Spieler massiv überschätzen.»

Trainer mit Etter nicht zufrieden
Andi Etter sei zwar unbestritten eine Verstärkung. Aber seine Einflussnahme auf die Mannschaft sei zur Zeit nicht positiv. Ja, Di Santo nennt sie sogar eher «negativ».
Unter den Zuschauern, die an jedem Spiel dabei sind und sozusagen zum Inventar gehören ist auf der Terrasse deutlich zu hören: «Die Spieler spielen gegen den Trainer.»
«Das ist natürlich Blödsinn», sagt Andi Etter deutsch und deutlich. Er räumt aber auch unumwunden ein dass der Wurm im Gefüge steckt. Nun bringen sich plötzlich mehrere Spieler in die aufgeladene Diskussion ein. Und es wird klar: Das Tischtuch zwischen Trainer und Spielern ist zerschnitten. Das Verhältnis ist irreversibel gestört. Der Kern der Mannschaft, und der ist schon seit vielen Jahren dabei, will diesen Trainer nicht mehr. Toni Di Santo sagte noch kurz zuvor. «Ich schaue dem Treiben vielleicht noch ein oder zwei Spiele zu. Wenn es nicht mehr passt, dann werde ich meine Konsequenzen ziehen.»

Beat Gomes


Heute 20.15 Uhr im Cup gegen FC Küttigen

Schon heute Dienstagabend können die «Löwen» zeigen, dass der Biss noch nicht ganz abhanden gekommen ist. Sie empfangen nämlich den FC Küttigen, der erst vor wenigen Wochen in die 2. Liga aufgestiegen ist, zum 1/32-Finalspiel. Angesichts der desolaten Darbietung vom letzten Freitag in der Meisterschaft gegen Würenlingen, ist den Mellingern in dieser Affiche kaum eine Chance einzuräumen. Aber Achtung! Es ist Cup. Alles beginnt bei null. Der Knatsch mit dem Trainer kann nochmals für 90 oder 120 Minuten beiseite geschoben werden. Die Kämpferqualitäten sind gefragt. Ob Toni Di Santo für dieses Spiel noch an der Seitenlinie der Mellinger stehen wird, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt. (bg)

Ganzer Artikel ist nur für Abonnenten verfügbar.
Kategorie: 

Stellenangebote

Immobilienangebote

Kommende Events

Weitere Angebote

Trending

1

Fislisbacher für Fislisbach

Der Fall ist klar! Simone Bertschi und Andreas Sommer – in Fislisbach aufgewachsen und engagiert im Dorf, kennen und verstehen die Anliegen der Fislisbacher. Mit ihren Leistungsausweisen sind sie bestens ausgewiesen für ein Gemeinderatsmandat. Ich kenne beide als herzliche, aufgeschlossene, interessierte und intelligente Menschen. Packen wir diese einmalige Chance und wählen wir Simone Bertschi und Andreas Sommer in den Gemeinderat.

Esther Schoch, Fislisbach