Ein wenig gehört der Preis auch ihnen – die Primarschulkinder sind Teil des Projekts «Natur findet Stadt»
100 000 Franken erhält das Naturama Aargau für das Projekt «Natur findet Stadt». Eine Mellinger Schulklasse hat mit einer neu gepflanzten Hecke zum Gelingen dieses Projekts beigetragen.
Alle wären gerne dabei gewesen, hätten in Rothrist den Preis abgeholt. Einen Preis dafür, weil die damaligen Fünftklässlerinnen und Fünftklässler im letzten Herbst mit ihrem Lehrer Davide Mancina beim Kindergarten Weihermatt eine 20 Meter lange Hecke mit 45 unterschiedlichen einheimischen Sträuchern gepflanzt hatten. Von der Ameise bis zum Zaunkönig findet hier Vieles Unterschlupf («Reussbote», 27. Oktober 2020).
Eine Carfahrt nach Rothrist mit der ganzen Klasse aber war nicht möglich: Und so wurden vier Vertreterinnen und Vertreter der inzwischen 6. Klasse ausgelost. Das grosse Los zogen Nael Bächtiger, Bianca Cojocaru, Omar Melajac und Alex Schaeffer. Sie durften vergangene Woche Gemeinderat Beat Gomes begleiten, weil die offizielle Einladung zur Preisverleihung des Binding-Preises 2021 für Biodiversität an eine Gemeindevertretung ging.
«Ehre, wem Ehre gebührt»
Gomes hatte das Ressort Umweltund Naturschutz von Roger Fessler, nach dessen sofortigem Rücktritt im Frühling 2021, geerbt. Mit den Worten «Ehre, wem Ehre gebührt» nahm Gomes die Schülerinnen und Schüler an die Preisverleihung mit. Sie sollten selbst erleben, wofür sie ausgezeichnet wurden. Nicht dabei sein konnte Lehrer Mancina: Er erlebte sein Glück zu Hause – Mancina war gerade zum dritten Mal Vater geworden.
Gemeinderat Gomes erzählt, dass die Schülerin und die drei Schüler unter den rund 80 Anwesenden die einzigen Kinder waren – in den Gemeinden im Aargau dürften aber viele Mädchen und Buben beim Projekt «Natur findet Stadt» mitgewirkt haben. Die vier Mellinger Schüler erhielten, sozusagen stellvertretend für alle Kinder einen Sonderapplaus. Naturama-Geschäftsleiterin Johanna Häckermann übergab ihnen danach für das Foto einen Moment lang den symbolischen Scheck über 100 000 Franken. Die Kinder hätten beim Blick auf den Betrag gestutzt, sagt Gomes. Einer habe gefragt: «Wieviel ist für uns?» Der Präsident der Binding-Stiftung, Ueli Vischer, habe über dessen Geschäftstüchtigkeit amüsiert gelächelt.
Naturama–Projekt als Multiplikator
Die Mellinger dürften ihren Anteil erhalten. Die Gesamtsumme des mit 100 000 Franken höchstdotierten Naturschutzpreises in der Schweiz aber geht zunächst an das Naturama. Das Naturama war vom Kanton beauftragt worden, «Natur findet Stadt» weiterzuführen. Zuvor war Baden bereits 2015 und 2016 mit einem Pilotprojekt sehr erfolgreich.
Seither wurden im Aargau 65 Flächen im öffentlichen Raum für die Biodiversität aufgewertet oder neu geschaffen. 250 Privatpersonen haben in Gärten und auf Balkonen Ideen aus dem Projekt umgesetzt. Die neuen 45 000 Quadratmeter Naturfläche umfassen vielfältige Lebensräume und Nutzungen. Naturama-Projektleiterin Jacqueline von Arx freut sich besonders über die Einbindung von Schulkindern, wie sie in Mellingen gemacht wurde.
Gemäss Binding-Stiftung zeichnete die Jury das Projekt «Natur findet Stadt» für seine «interdisziplinäre Zusammenarbeit, die partizipative Herangehensweise, eine herausragende professionelle Kommunikation und die Skalierung und Weiterverbreitung guter Lösungen» aus. Am partizipativ gestalteten Projekt sind im Aargau sehr viele Institutionen, Private, Gemeinden sowie auch der Kanton beteiligt.
Heidi Hess