Falscher Mehltau wütet in den Reben

Fr, 20. Aug. 2021

Birmenstorf, Künten, Mellingen, Niederrohrdorf und Oberrohrdorf: Die Winzer kämpfen gegen den falschen Mehltau

Es steht schlecht um die Reben. Das in unserer Region, im Aargau, in der Schweiz und in Europa. Die Situation ist je nach Lage dramatisch. Bei einigen liess der falsche Mehltau fast alle Trauben faulen, bei anderen sieht es etwas besser aus.

Der Jahrgang 2021 wird wohl als einer der schlechtesten in die Weinbaugeschichte eingehen. Der falsche Mehltau zerstörte bei vielen Weinbauern nicht nur das Laub der Rebstöcke, sondern auch die Trauben. «So etwas haben bei uns auch die alten Winzer noch nie erlebt», sagt Felix Zehnder, Präsident Weinbaugenossenschaft Birmenstorf. Der «Reussbote» fragte bei den Winzern in der Region nach und nahm einen Augenschein in den Rebbergen von Birmenstorf und Oberrohrdorf. Auffallend ist das gelb gefärbte Laub in den Rebbergen. «Es sieht aus wie im Herbst», sagen die Jungwinzer Raphael Peterhans und Thomas Eichler vom Rebgut Märxli in Oberrohrdorf.

50 Prozent Ausfall bei Märxli
Die beim Weingut Märxli angewendeten natürlichen Spritzmittel wirken gegen den Pilzbefall nicht von innen, sondern bilden einen Art Schutz auf dem Blatt und den Trauben. Wegen der grossen Regenmengen und nur kurzen Trockenphasen, kam die Methode an den Anschlag. Trotzdem sieht die weisse Traubensorte «Solaris» prall bebeert und die Blätter erfrischend grün und gesund aus. «99 Prozent dieser PI-WI-Sorte ist bei herkömmlicher Witterung gesund», sagt Raphael Peterhans. «Da es sich bei unseren PIWI-Reben um Jungreben handelt, kann trotz gesunder Trauben noch nicht mit dem vollen Ernteertrag gerechnet werden.» Zweidrittel der Reben im Weinberg haben die Jungwinzer bereits durch Krankheitstolerante Sorten ersetzt. Der Rest ist noch mit herkömmlichen Traubensorten, wie Pinot noir und Riesling-Silvaner angebaut. Hier schnitten sie durch den Pilz befallene Trauben weg oder lasen einzelne Beeren raus. Diese Rebstöcke werden in diesem Winter ebenfalls durch PIWI-Sorten ersetzt. «Wir sind zufrieden, wenn wir dieses Jahr bei der Gesamternte mit einem Ausfall von 50 Prozent davonkommen», sagt Peterhans.
Beim Rääbhüslifäscht im Herbst kann der 2019er-Wein degustiert werden. Der 2020er ist in Barrique ausgebaut und wird erst im Dezember abgefüllt.

Birmenstorfer Reben betroffen
Die Winzer in Birmenstorf sind vom falschen Mehltau unterschiedlich betroffen. Es gibt auch Lagen mit einem Totalausfall. «Der Mehltau hat in Birmenstorf kräftig zugeschlagen», sagt Felix Zehnder. Zum grössten Teil bauen hier die Winzer herkömmliche Reben an. Trotzdem komme man mit acht bis zehn Spritzungen aus. Dieses Jahr konnte wegen des feuchten Bodens wegen Absturzgefahr nicht mit dem Spritztraktor gefahren werden. Zudem waren die Regenpausen zu kurz, um die volle Wirkung der synthetischen Pilzmittel zu erzielen. Trotzdem gibt es einen Hoffnungsschimmer auf eine versöhnliche Ernte. Winzer Johann Biland besitzt 2300 Rebstöcke. Er rechnet mit einem 50 Prozent-Ausfall. Winzerin Pia Meyer hat die Reben vor 14 Jahren von ihrem Grossvater übernommen. «So etwas hat es in unserem Rebberg noch nie gegeben», sagt sie. Sie hat aber gut lachen. Bei ihr macht der Ausfall nur das aus, was sie zur Regulierung des Ertrags hätte rausschneiden müssen. «Auffallend ist, im gleichen Rebberg sind Reben unterschiedlich betroffen», sagt Felix Zehnder. Weshalb das so ist, kann der erfahrene Winzer nicht sagen. «Sicherlich werden in Zukunft die PIWI-Sorten wichtiger», sagt er. Bis anhin seien aber die neuen Sorten von den Konsumenten noch nicht so gut akzeptiert. Ändere sich das, würden sicherlich vermehrt Winzer auf die pilztoleranteren Rebsorten umsteigen.

Goldener Herbst soll Ernte retten
Fritz und Susi Kohler, Kohler-Weine Künten, hoffen auf einen goldenen Herbst mit vielen Sonnenstunden. So könnten die vom Mehltau verschonten Trauben an Süsse zulegen und der Jahrgang 2021, trotz 40 Prozent Ausfall, zu einem guten werden. Seit zehn Jahren sind die Kohlers Besitzer des Rebbergs. Dieses Jahr war auch bei ihnen aufwendig. «Wir schnitten verfaulte Trauben raus oder lasen einzelne Beeren ab», sagen sie. Es sei fast die gleiche Arbeit wie nach einem Unwetter mit Hagel. Schlimm sei bei der aktuellen Situation, dass auch junge Blätter vom Pilz betroffen seien. Trotz des Ertragsausfalls könne die Kundschaft bereits den 2021er-Wein vorbestellen. Statt den üblichen 1000 Flaschen wird es nur 600 geben. Der 2020er-Wein kann am 11. September am Rebbergtag degustiert werden.

Debora Gattlen

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