Frauen und Junge sorgen für spannende Wahlen

Fr, 20. Aug. 2021

Ein erster Überblick zeigt, dass in den Gemeinden im Reusstal die Lust an der Politik gross ist – gerade auch bei Frauen und Jüngeren

In allen Gemeinden stellen sich genügend Kandidierende für die Wahl in die Gemeinderäte. Frauen als Gemeindeammann, ganz Junge, die mitgestalten wollen und viele Parteilose. Besonders spannend ist die Ausgangslage in Mellingen.

Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Gesamterneuerungswahlen sind gesetzt. Zumindest diejenigen, die ihre Kandidatur bis zum offiziellen Ablauf der Frist am letzten Freitag, den 13. August bei den Gemeindekanzleien eingereicht haben. Im ersten Wahlgang kann am 26. September aber nach wie vor jede in der Gemeinde wahlfähige Person gültige Stimmen erhalten.

Diese Frauenpower fällt auf
Auffallend ist: Frauen wollen mitgestalten und sie scheuen auch den Vorsitz nicht. Während Erika Schibli in Wohlenschwil und Marianne Stänz in Birmenstorf für eine weitere Legislatur antreten wollen, interessieren sich vier Kandidatinnen neu für das Amt einer Frau Gemeindeammann: Marlène Fehlmann in Mägenwil, Gisela Greder in Niederrohrdorf, Györgyi Schaeffer in Mellingen und Vreni Sekinger in Remetschwil. Sechs Frauen stellen sich somit der Wahl zum Gemeindeammann – diese Frauenpower steht dem Jahr 2021, dem Jubeljahr des Frauenstimmrechts, gut an.
Konkurrenzlos treten in Niederrohrdorf Gisela Greder und in Remetschwil Vreni Sekinger zur Wahl an. Greder stellt sich zur Verfügung, weil sie dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist und das sie liebt, etwas zurückgeben möchte. Niederrohrdorf ist in den letzten Jahren stark gewachsen, Menschen sind neu zugezogen. Greder will auch den Zusammenhalt und den Austausch zwischen Alteingesessenen und Neuzuzügern fördern. «Das Politisieren auf kommunaler Ebene gefällt mir», sagt sie, «weil ich die Begegnungen, den direkten Kontakt mit den Menschen sehr schätze.»
Sekinger ist seit acht Jahren Gemeinderätin in Remetschwil – Jahre, die sie im breitgefächerten Amt als «sehr spannend und interessant» bezeichnet. «Die Wahl zur Frau Gemeindeammann wäre nochmals eine zusätzliche Herausforderung.» Nach wie vor sei es ihr ein Bedürfnis, sich für das Wohl der Bevölkerung und für das Dorf einzusetzen. Die Wahlergebnisse von 2013 und 2017 würden ihr bestätigen, dass sie in der Bevölkerung auf grosse Unterstützung zählen kann und akzeptiert werde.

Hier kommt es zur Kampfwahl
In Mägenwil stellt sich Marlène Fehlmann, die seit zehn Jahren im Gemeinderat ist – zuletzt als Vizeammann – zur Wahl für das Amt des Gemeindeammanns. Sie bringe die notwendige Sach- und Fachkompetenz für dieses zeitaufwendige Amt mit. «Auch nach zehn Jahren im Gemeinderat übe ich dieses Milizamt mit Freude und Begeisterung aus, wenn auch oft eine gehörige Portion Idealismus notwendig ist.» In Mägenwil kommt es zur Kampfwahl: Mit Peter Wiederkehr schickt die Partei «Die Mitte» einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Fehlmann begrüsst die Konkurrenz: «Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich überhaupt jemand für dieses anspruchsvolle Amt zur Verfügung stellt.»
Mit gleich zwei weiteren Anwärtern für das Amt des Gemeindeammanns hat es in Mellingen die bisherige Gemeinderätin Györgyi Schaeffer zu tun. Auch sie begrüsst diese Konstellation: «Wir drei sind komplett unterschiedliche Kandidaten. Somit hat Mellingen eine echte Wahl, was ich sehr begrüsse. Wer zur Lösung der Aufgaben der nächsten vier Jahre am meisten beitragen kann, wird nun das Stimmvolk entscheiden dürfen.» Die parteilosen Martin Huber und Urs Weber tragen jedenfalls dazu bei, dass im Städtli keine Langeweile aufkommt. Ohnehin entwickelt sich die Ausgangslage in Mellingen zu einem spannenden Krimi. Offiziell haben insgesamt acht Kandidierende ihr Interesse für die fünf Sitze bekundet – als letzter hatte sich Alexander Wagner gemeldet.

Ein regelrechter Krimi im Städtli
Drei Sitze sind in Mellingen vakant: Gemeindeammann Bruno Gretener und Vizeammann René Furter treten im Herbst nicht mehr an, Gemeinderat Roger Fessler ist im Frühling zurückgetreten. Jeder dieser freien Sitze könnte mit den Neuen gleich doppelt besetzt werden. Dass die Stimmberechtigten im Städtchen eine solche Auswahl haben, war bestenfalls eine Hoffnung. Rechnen durfte man damit nicht. Vielmehr war das Bangen zunächst gross: Wird Mellingen alle drei freien Sitze besetzen können? Obsiegt das politische Interesse oder die Politikverdrossenheit?
Mit den sechs Kandidatinnen und Kandidaten, die sich neu für die Mitarbeit in der Exekutive gemeldet haben, ist klar: Der Gestaltungswille im Städtchen ist gross. Der jüngste unter ihnen, Silvan Herzig, ist 23 Jahre alt. Er ist in Mellingen aufgewachsen, in verschiedenen Vereinen engagiert und Student der Sozialwissenschaften in Bern. Herzig bringt es auf den Punkt: «Nach einem grossen Umbruch im Gemeinderat besteht jetzt die Chance, die Politik und das Zusammenleben in Mellingen langfristig mitzugestalten.» Herzig ist nicht als Einziger noch keine dreissig Jahre alt ist. Einige junge Männer sowie eine Frau wollen auf Gemeindeebene politisch mitwirken. In Niederrohrdorf kandidiert der 28-jährige Justin Vogler für die SP. Die parteilose Seraina Siragna-Kalchofner (29) will in Künten Gemeinderätin werden.

Der jüngste Gemeinderatskandidat
Der Jüngste allerdings ist Dominic Bross. Gerade mal 21 Jahre alt ist der Niederwiler und laut eigener Webseite hat seine politische Karriere Plan.
Bross interessiert sich seit seiner frühen Jugend für das politische Geschehen weltweit. Wie er auf seiner Webseite festhält, sei daraus das Bedürfnis entstanden, sich politisch zu engagieren. Bross hatte bereits an der Jungbürgerfeier 2018 gegenüber dem Niederwiler Gemeindeammann Walter Koch sein politisches Interesse geäussert. Seit 2019 ist er in der Gemeinde Stimmenzähler. Nun tritt er in Niederwil zur Gemeinderatswahl an, gemeinsam mit der Parteilosen Martina Balmer und Peter Schäpper, SVP. Weil in Niederwil mit den Bisherigen insgesamt sechs Personen, zwei Frauen und vier Männer kandidieren, kommt es zu einer Kampfwahl um die fünf Gemeinderatssitze.

Parteilos, parteilos, parteilos …
Noch etwas fällt beim Sichten der Gemeindelisten auf: In zahlreichen Gemeinden wird bei der «Parteizugehörigkeit» häufg «parteilos» vermerkt. Etwa in Mellingen, wo unter acht Kandidierenden einzig Evelyne Wernli für «Die Mitte» kandidiert. Überwiegend «parteilos» auch die Kandidierenden in Fislisbach, Künten, Remetschwil oder Wohlenschwil – in Fislisbach gibt es mit Andreas Mahler allerdings auch einen Kandidaten der Grünliberalen. Am Rohrdorferberg hat die FDP einen guten Stand, etwa in Niederrohrdorf oder Stetten. Niederrohrdorf kann als einzige Gemeinde auch einen SP-Kandidaten vorweisen: Justin Vogler, Jahrgang 1993, zählt zu den jüngeren Anwärtern für ein Exekutivamt.
In Oberrohrdorf sind unter den Bisherigen die Mitte-Mitglieder gut vertreten, neu kandidieren mit Angela Kaiser und Thomas Schneider nun auch zwei FDP-Vertreter für den Gemeinderat. In Tägerig dominiert die SVP mit drei Kandidierenden. In Birrhard ist die SVP, einzige Ortspartei im Dorf, mit zwei Kandidierenden vertreten, die übrigen drei sind parteilos. Vielfalt kann dagegen Birmenstorf verzeichnen, wo insgesamt sechs Kandidatinnen und Kandidaten aus den Reihen von FDP, Mitte, SVP oder parteilos zur pluralistischen Parteienlandschaft im Dorf beitragen.

Heidi Hess

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