Nochmals Täufer sein, dann ist Schluss

Fr, 20. Aug. 2021

Diakon Johannes Zürcher wurde an Mariä Himmelfahrt bei der Lourdeskapelle verabschiedet

Für ihn war es Privileg, für Tägerig dürfte es ein Glück gewesen sein: Johannes Zürcher kehrte als Pensionierter noch einmal in das Dorf zurück, das er bereits kannte.

Eigentlich wäre Johannes Zürcher längst im Ruhestand. Der Diakon aber steht noch immer in der Kirche St.Wendelin in Tägerig, die vor Kurzem ihr 175-jähriges Bestehen feiern konnte. Die Jubiläumsfeier hatte er mitorganisiert, mit viel Enthusiasmus, mit Ideen und auch mit Ausdauer und Flexibilität während der Pandemie. Angesprochen auf sein Alter, lacht der Diakon. Er lacht gerne, auch häufig und herzlich: «Ich habe bös übermarcht.» 72 Jahre alt ist Zürcher. «Es ist ein Privileg», sagt er, «wenn man nach 65 weiter amten darf». Zumindest in seinem Fall. Im Alter von 66 Jahren ist Johannes Zürcher an seine frühere Wirkungsstätte, nach Tägerig zurückgekehrt, in einem 50-Prozent-Pensum.
Mit jedem zusätzlichen Jahr an Lebenserfahrung wachse das Einfühlungsvermögen, sagt der Diakon. «Ich wusste immer genauer, was ich den Leuten sagen konnte.» Was ihm Privileg war, dürfte den Tägligerinnen und Tägligern Glück gewesen sein. Erneut diesen Seelsorger zu erleben, den sie aus früheren Zeiten kannten – er war von 1988 bis 2006 Diakon in ihrem Dorf. Zürcher arbeitete danach einige Jahre in seinem heutigen Wohnort Affoltern am Albis, um spät ins Reusstal zurückzukehren.

Himmel und Erde, Ende und Anfang
Johannes Zürcher kommt an diesem Tag gerade von einer Beisetzung. Es dürfte seine letzte gewesen sein in Tägerig. Himmel und Erde. Immer steht für ihn der Mensch im Zentrum. Seine Fragen, seine Freuden und Sorgen. Kein Dogma, nicht die Bibel. Darin erkennt er den Willen Gottes. «Ich probiere das Ganze in den Blick zu bekommen, den Blickwinkel zu öffnen, auch für Dinge, die unser Erleben übersteigen.» In einem unendlichen Zeitraum müsse der Mensch sein eigenes Leben im begrenzten Zeitraum erfassen. Es sei Aufgabe eines Seelsorgers, die Menschen in ihrem Sein zu bestätigen, ihnen Mut zuzusprechen. «Mein Einfühlungsvermögen, meine Empathie sind wichtig, um zu erkennen, was ein Einzelner zu leisten vermag», sagt Zürcher.
Ende und Anfang. Eine Taufe steht im Oktober noch bevor. Und dazwischen eine Hochzeit. Für die letzten beiden Feiern hatten sich die Familien bereits Anfang Jahr bei ihm gemeldet. Deshalb habe er zugesagt. «Danach ist definitiv Schluss». Die Kirchgemeinde hatte den Diakon bereits am Sonntag beim Waldgottesdienst verabschiedet.

Den Menschen verbunden bleiben
Der Mann, der bei Victorinox in Ibach (SZ), nach der Sekundarschule zunächst im Akkord arbeitete, dann eine Lehre als Elektromechaniker begann, schliesslich aufs Gymnasium wechselte und später Theologie studierte, arbeitete als Seelsorger unter anderem in Buochs am Vierwaldstättersee – aus der Innerschweiz brachte er den Tägligern die «Iffele», den «Nyffeleneinzug» mit dem Samichlaus mit.
Als Diakon war Zürcher in Tägerig Ende der 1980er-Jahre der erste Nichtpriester. Es war eine Veränderung, die damals bei manchen Einwohnern für Unmut gesorgt hatte. Die Tägliger lernten ihn besser kennen, lernten ihn schätzen. Sie spürten, dass er sie verstand, ihre Sprache sprach. Im Pastoralraum Region Mellingen hat Zürcher den Seelsorgeverband mitaufgebaut. «In Tägerig habe ich einen Mikrokosmos an Leben erlebt», sagt er und zählt auf: Geburten, Taufen, grosse Dorfhochzeiten, der Tod – auch schlimmste Kriminalfälle.
Wenn er künftig seltener in Tägerig sei, bleibe er den Menschen dennoch verbunden. «Wir sind alle», sagt der Seelsorger, «in ein grosses Ganzes eingebunden».

Heidi Hess

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