Wenn der Coiffeur vom Coiffeur erzählt

Fr, 17. Sep. 2021

Der Fislisbacher Leo Thür erzählt von den Frisuren der Ägypter, von Badern und von seinem Vorgänger, dem Theatercoiffeur Schibli.

Leo Thür nimmt die Schere auch heute noch in die Hand, zwei Jahre nach seiner Pensionierung. Zumindest stundenweise und «zum Glück» tue er dies, wie Romy Studerus, Präsidentin des Kulturzentrums Fislisbach, sagt. Thür zeige so viel Freude beim Gestalten von Frisuren, schwärmt sie, schneide mit so viel Herzblut. «Typgerecht», antwortet mit einem feinen Lächeln der Fislisbacher Coiffeur.
Schere, Lockenstab und Rasiermesser wird Leo Thür auch am 24. September im Fislisbacher Kulturzentrum in den Mittelpunkt rücken. Er wird an diesem Abend aber kein einziges Haar schneiden, niemandem eine Welle legen. Vielmehr wird er eine knappe Stunde lang erzählen: Coiffeurgeschichten und die Geschichte des Coiffeurberufes. Vom Barbier und vom Bader, die einst nicht nur neue Haarschnitte verpassten, sondern im Mittelalter auch Zähne zogen oder zur Ader liessen. Im Kulturzentrum wird Thür aber vor allem vom Fislisbacher Theatercoiffeur Bernhard Schibli erzählen, der weit über die Gemeinde- und die Kantonsgrenze, bis in die Stadt Zürich, Bekannntheitsgrad erlangt hatte und dessen Nachfolger Thür im Salon an der Badenerstrasse vor über 40 Jahren geworden war.
In einer neu eingerichteten Ecke im Untergeschoss des Dorfmuseums finden sich zahlreiche Ausstellungsstücke, die einst zum Werkzeug von Bernhard Schibli gehörten. Zum Beispiel ein ganzer Kasten mit Theaterschminke, welche der Maskenbildner Schibli etwa bei Aufführungen im Bernhard-Theater in Zürich benötigte. Mit der Farbe aus diesem Kasten verwandelte er nicht nur Schauspielerinnen und Schauspieler in Zürich in neue Charaktere; beim Jahrhundertspiel «Fislisbach brännt» wurden 1948 auch die Darsteller in Fislisbach zu den Figuren, die 1848 beim grossen Brand das Geschehen prägten.
Die Frisur- und Schmink-Utensilien in der Coiffeur-Ecke im Kulturzentrum zeigen die ganze Palette des Wirkens von Bernhard Schibli. Anerkennend betrachtet Leo Thür handgeknüpfte Perücken und erzählt, dass ihm Schibli einst einen Schnauz und einen Bart geschenkt habe. «An jedem dieser Stücke hat er eineinhalb Tage lang zuhause geknüpft», sagt er. Ein riesiger Aufwand, kaum bezahlbar. Er jedenfalls habe in der gleichen Zeit zahlreiche Kundinnen und Kunden bedient. Nun wird der von Romy Studerus und Gaby Zehnder neu eingerichtete Salon eingeweiht. Die Vernissage hätte eigentlich bereits im Mai 2020 stattfinden sollen – pandemiebedingt wurden diese Pläne vereitelt. In einer Woche ersetzt nun der Themenabend mit Leo Thür die Vernissage.

Heidi Hess

Themenabend «Coiffeurgeschichte(n)» am Freitag, 24. September um 20 Uhr (Türöffnung 19.30 Uhr) im Kulturzentrum Fislisbach. Es gilt Zertifikatspflicht, Anmeldung erforderlich unter: kulturinfislisbach.ch

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