Egerszegi: «Toll, wenn wir über Qualität reden»

Fr, 01. Okt. 2021

Erneuerungswahlen: Frauen wurden neu in die Gemeinderäte gewählt, Männer hatten in einigen Gemeinden in der Region das Nachsehen

Die neuen Gemeinderätinnen sind bekannt und gut vernetzt. Die Mellinger alt Ständerätin Christine Egerszegi-Obrist freut sich, dass heute «auch die Vernetzung im sozialen Bereich an Wert gewinnt.»

Ganz toll, wenn wir über Qualität und nicht nur über das Geschlecht reden», kommentiert Christine Egerszegi-Obrist den Wahlerfolg der Frauen. Ein kurzes Aufhorchen. Immerhin sind es Frauen, die in der Region soeben einen beachtlichen Erfolg erzielt haben, neu gewählt wurden als Gemeinderätinnen, als Frau Gemeindeammann oder Vizeammann. Egerszegi, Grande Dame der Politik, selbst einst als Schulpflegerin, dann Stadträtin, Grossrätin, Nationalratspräsidentin und schliesslich als Ständerätin für die FDP auf allen politischen Ebenen tätig, will aber diese Wahlerfolge nicht auf das Geschlecht der Gewählten reduzieren.
Vielmehr sagt Egerszegi: «Es ist ein Fortschritt, dass heute die Ausgangslage für Frauen und Männer gleich ist.» Sie ergänzt, offensichtlich seien die Gewählten gut vernetzt, hätten in ihren Gemeinden einen hohen Bekanntheitsgrad. Das alles hätten sie sich unter anderem mit sozialem Engagement im Dorf erarbeitet. «Mich freut, dass heute auch die Vernetzung im sozialen Bereich an Wert gewinnt», betont die alt-Ständerätin, die nach wie vor in zahlreichen Gremien beratend tätig ist, auch auf Bundesebene.

Balmer: In Niederwil gut vernetzt
Fragen wir zunächst Martina Balmer. Am Sonntag wurde sie als Neue mit einem sehr guten Resultat in den Niederwiler Gemeinderat gewählt. Als sie die telefonische Anfrage des «Reussbote» erreicht, feiert Balmer gerade mit ihrer Mutter deren Geburtstag. Ihre Mutter, die vor Jahrzehnten selbst Gemeinderätin und damals auch die erste Frau im Gemeinderat war, habe sich besonders über den Wahlerfolg der Tochter gefreut, erzählt sie. Von einer «Riesenfreude» spricht auch Martina Balmer selbst. Und die Frauenfrage? Balmer will ihr nicht allzuviel Gewicht beimessen. «Letztlich geht es um eine gute Mischung», meint sie. Eine Erfahrung, die sie im Militärdienst gemacht habe, wo sie in der Kompanie allerdings die einzige Frau gewesen sei. Und doch, meint sie, habe das für mehr Ausgeglichenheit in der Gruppe gesorgt.
In Niederwil ist Balmer Co-Präsidentin der Frauengemeinschaft Niederwil-Nesselnbach. «Das sind rund 200 Mitglieder als potenzielle Wählerinnen», sagt sie und lacht. «Mit Anhang.» Im Dorf gut vernetzt. Eine Frau, die in der eigenen Familie zudem ein politisches Vorbild hatte und die sich auch in Männerkreisen zu behaupten weiss. Ein älterer Herr habe ihr im Vorfeld geschrieben, ergänzt Balmer schliesslich, dass er sich freue, dass sich endlich wieder mal eine Frau aufstellen lasse.

Frauenmehrheit dank Kaiser
In Oberrohrdorf führt Angela Kaisers Wahl erneut zu einer Frauenmehrheit in der kommunalen Exekutive. Kaiser allerdings führt ihren Wahlerfolg eher auf ihr Alter zurück. Darauf, dass sie mit ihren kleinen Kindern und einer jungen Familie eine Lebensrealität abdecke, welche offenbar im Gemeinderat vertreten sein soll. So zumindest interpretiert sie ihr ausgezeichnetes Ergebnis.
Hinter der FDP-Politikerin Kaiser wurde auch der parteilose Tobias Holenweger gewählt. Keine Chance allerdings hatte Thomas Schneider, ebenfalls FDP. Schneider war schon bei der letzten Ersatzwahl angetreten. Damals habe der Frauenbonus wohl eine grössere Rolle gespielt, sagt er. Die Niederlage habe ihn damals auch härter getroffen. Sein Einsatz für die Gemeinde in verschiedenen Tätigkeiten während der letzten Jahre habe wohl nicht allen gefallen, erklärt er seine aktuelle Niederlage. Schneider will nun einen Strich ziehen unter das Kapitel Gemeinderatswahl: «Für mich ist das Thema abgeschlossen.»

Siragna: Sehr gut verankert
Roland Keusch hatte das Nachsehen in Künten. Dort gewannen die beiden Neuen Seraina Siragna-Kalchofner und Jens Malek. SVP-Kandidat Keusch nimmt seine Niederlage sportlich und beschränkt sich auf den knappen Kommentar: «Alles in Ordnung.» «Es ist extrem schön, dass die Stimmberechtigten in Künten fanden, dass zwei Frauen in den Gemeinderat gehören», sagt indes Seraina Siragna. Ihren Wahlerfolg erklärt sie damit, dass man sie im Dorf kenne. Sie sei in Künten sehr gut verankert, sei hier aufgewachsen. Sie habe früher aktiv Volleyball gespielt, bei Theateraufführungen mitgewirkt und auch Konzerte moderiert. Siragna sagt aber auch: «Eigentlich sind zwei Frauen bei einem fünfköpfigen Gemeinderat ja wohl das mindeste.» Sie sei vom amtierenden Gemeinderat als Kandidatin angefragt worden. Jetzt freut sich Seraina Siragna auf die neue Herausforderung im Januar 2022.

Zweite Runde für Mellingen
Auch Eveline Wernli in Mellingen wurde als Neue im ersten Wahlgang in den Gemeinderat gewählt, mit einem überaus deutlichen Wahlergebnis.
Wernli kandidierte ausserdem für das Amt des Vizeammanns, neben Beat Gomes und Raphael Leutenegger. Keiner der Kandidierenden erreichte allerdings das absolute Mehr. Am 28. November kommt es deshalb zu einem zweiten Wahlgang. Genau wie auch bei der Wahl des neuen Gemeindeammanns: Weder Györgyi Schaeffer noch Martin Huber oder Urs Weber hatten die Wahl im ersten Wahlgang geschafft.
«Was zählt ist Qualität und Erfahrung», meint übrigens die Mellingerin Egerszegi. Nicht das Geschlecht solle im Vordergrund stehen.

Heidi Hess

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