«Wir können bei uns noch von Glück reden»

Di, 05. Mai. 2020

Gartenbauer gehören zu jenen Berufsgruppen, die während des Lockdowns weiter arbeiten durften. Aber auch sie mussten sich an die Vorschriften des BAG halten. Peter Zgraggen, Geschäftsführer der Firma Jenni und Partner sagt: Das ist für uns eine echte Herausforderung.»

Das Feierabendbier nach hartem Tagwerk lassen sich die Gartenbauer bei Jenni und Partner nicht nehmen. Sie haben dazu im Gewächshaus mit den prächtigen Orangenbäumen am Hauptsitz in Mellingen genügend Platz, um weit auseinanderzustehen, und sich dabei über den vergangenen Tag auszutauschen. Was so selbstverständlich aussieht, war am Anfang nicht ganz so einfach. Denn die Gartenbauer sind es gewohnt im Team zu arbeiten. Mit dem Lockdown war plötzlich alles anders. Sie konnten nicht mehr zu dritt in einem Fahrzeug zu den Kunden fahren. «Ein Mann, ein Fahrzeug», hiess die Direktive. Wer keinen Führerschein hat, fährt mit dem Velo zur Baustelle. Für Gartenbauer ist der Umgang mit dem Virus vielleicht etwas selbstverständlicher als für andere Berufsgruppen, sagt Peter Zgraggen, der das Unternehmen vor viereinhalb Jahren mit seinem Partner Tim Bonin gegründet hat. «Bei den Pflanzen ist es ähnlich wie bei den Menschen. Auch Pflanzen können von Viren und Bakterien befallen werden. Sie können sich gegenseitig anstecken. Deshalb trägt jede Pflanze einen Herkunftsnachweis, sodass bei einem Virenbefall die Lieferkette nachverfolgt werden kann.» Zgraggen hat hautnah erlebt, wie es ist, wenn von einer Stunde auf die andere das Fallbeil des Lockdowns fällt. Noch am 13. März flog er mit seiner Frau Monika nach Mallorca in den Urlaub. «Wir erkundigten uns einen Tag vor dem Abflug beim Reisebüro, ob die Reise noch ratsam sei. Wir erhielten die Antwort, es sei sicher.» Doch schon am ersten Tag auf der Ferieninsel kam die Weisung aus Madrid, wonach alle Hotels dichtmachen mussten. «Wir hatten Glück, weil wir vom Hoteldirektor in eine private Ferienwohnung umquartiert wurden», erzählt Zgraggen. «Drei Tage später konnten wir einen Flug nach Hause buchen. Das war ein eindrückliches Erlebnis, als wir sahen, wie leer der Flughafen in Mallorca auf einmal war.»
Im Rückblick sagt Zgraggen: «Wir können in der Schweiz noch von Glück reden, wenn man sieht, wie es in anderen Ländern abläuft.» Dort können auch die Gartenbauer teilweise nicht mehr arbeiten. Hierzulande aber haben sie alle Hände voll zu tun. Natürlich ist es nicht wie sonst. «Wir müssen jetzt die verschiedenen Arbeitsschritte bewusster planen, müssen darauf achten einander nicht zu nahe zu kommen.» Das sei nicht immer einfach, gerade wenn es darum geht schwere Lasten zu tragen. Auch der Kontakt zur Kundschaft sei vom notwendigen Abstand geprägt. Alles in allem sagt Zgraggen, hätten sie aber noch Glück gehabt. «Wir durften weiter arbeiten. Und dafür sind wir dankbar. Jetzt erleben wir alle hautnah, wie wichtig der Wert der Gesundheit ist.»
Zgraggen macht sich allerdings Gedanken über die Zukunft. Jetzt haben die Gartenbauer Arbeit genug. «Aber wie sieht das in einigen Monaten aus, wenn die Nachwirkungen des Lockdowns ihre volle Wirkung entfalten?» Niemand weiss es.

Beat Gomes

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