Bleiben die Vereine auf ihren Verlusten sitzen?
08.05.2020 Fussball, SportDie Kassiere in den Vereinen sind in diesen Tagen nicht zu beneiden. Sie sind dabei, die Verluste, die durch die Corona-Krise entstanden sind, zusammenzuzählen. Die Vereinspräsidenten erwarten vom Fussballverband Anworten darauf, ob sie von Bund und Kanton mit Entschädigungen ...
Die Kassiere in den Vereinen sind in diesen Tagen nicht zu beneiden. Sie sind dabei, die Verluste, die durch die Corona-Krise entstanden sind, zusammenzuzählen. Die Vereinspräsidenten erwarten vom Fussballverband Anworten darauf, ob sie von Bund und Kanton mit Entschädigungen rechnen dürfen.
Die Präsidenten der regionalen Fussballclubs tauschen sich in diesen Tagen rege aus. So kamen am letzten Sonntag Vertreter der fünf Vereine im «Reussbote»-Revier zusammen. Es waren dies Vertreter der Fussballvereine in Fislisbach, Mellingen, Othmarsingen, Tägerig und Niederwil. Nach ersten Hochrechnungen beklagen sie alle einen Schaden höher als 20 000 Franken. Das, nachdem sie ihre Einsparungen durch den fehlenden Spielbetrieb in Abzug gebracht hatten. Denn die Vereine müssen in der fussballosen Zeit keine Schiedsrichter bezahlen, sie haben kein Wasser und Strom verbraucht, es mussten keine Trikots gewaschen werden. Es wurde kein Material verbraucht. Zudem verzichten viele Trainer für die Zeit, in der sie zu Hause bleiben mussten auf ihre Bezüge. Unter dem Strich aber bleiben dennoch spürbare Verluste. Martin Dürr, Präsident des FC Fislisbach sagt: «Wir kommen bestenfalls mit einem blauen Auge davon.» Noch wissen die Funktionäre in den Vereinen nicht, ob die angekündigten Hilfen vom Bund oder Kanton in den Niederungen des Amateursports ankommen werden. Sie zweifeln, ob tatsächlich mit Hilfe gerechnet werden kann. Denn die Sportvereine figurieren in den Ankündigungen des Regierungsrates unter «ferner liefen». Beim Kanton ist die Rede von 17 Millionen Franken, die der Bund für Ausfallentschädigungen zur Verfügung stellt. Der Kanton selbst steuert nochmals 6 Millionen dazu. Aber für wen und was?
Wenig Hoffnung für Sportvereine
Dazu heisst es im Merkblatt des Swisslos-Fonds für Gesuchstellende: «Beitragsberechtigt sind gemeinnützige, wohltätige Organisationen und Personen mit Sitz im Kanton Aargau aus den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt, Gesundheit, Jugend, Bildung und weitere gemeinnützige Bereiche.» Eine Erklärung, die den Präsidenten der Sportvereine keine allzugrossen Hoffnungen macht. Denn es heisst auch: «Die wirtschaftlichen Einbussen müssen grösser sein als 25 Prozent des Vermögens; Mindestbeitrag 1000 Franken.»
Hart getroffen vom Lockdown wird auch der FC Tägerig, der sein traditionelles «Grümpi» im August abgesagt hat und dem wie allen anderen Fussballclubs, seit Wochen die Einnahmen aus der Clubbeiz entgangen sind. Präsident Roger Frei zweifelt daran, dass Vereine wie der FC Tägerig staatliche Hilfe in Anspruch nehmen können. Das, obschon im Merkblatt des Swisslos-Fonds die Rede davon ist, es würden Beiträge an jene bezahlt, die Ausfallschäden zu beklagen haben.
«Uns wäre schon geholfen, wenn wir vom Bund die budgetierten J+S (Jugend+Sport)-Beiträge, die uns durch die Corona-Krise entgehen werden, erhalten würden», sagt Roger Frei. J+S ist das grösste Sportförderprogramm des Bundes zur Unterstützung von jugendgerechtem Sport. Der Bund unterstützt Vereine, nationale Sportverbände und Kantone bei ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und bei der Aus- und Weiterbildung.
Mit dem Lockdown wurden auch sämtliche J+S-Aus- und Weiterbildungskurse bis vorläufig 30. Juni abgesagt. Entsprechend können auch keine Beiträge vom Bund erhoben werden.Der Bund hat zwar Finanzhilfen von 100 Millionen Franken für den Sport zur Verfügung gestellt. Doch davon können sich die Vereine nichts kaufen. Denn es handelt sich um rückzahlbare Kredite für den bezahlten Sport. Der Amateursport mit seinen Hunderttausenden von Mitgliedern im ganzen Land fristet in diesen Tagen ein Schattendasein.
Wahrheit steht im Kleingedruckten
Auf dem Portal des Aargauischen Fussballverbandes AFV wird «Sportminister Alex Hürzeler mit den Worten zitiert: «Hilfe soll rasch bei Betroffenen ankommen.» Die Realität ist aber eine andere. Wo die Sportfunktionäre in den Vereinen auch hinschauen: Grossen Versprechungen folgt das Räderwerk des Verwaltungsapparates – und das Kleingedruckte. In den Niederungen des Vereinslebens kommt nichts an. Die Vereine werden wohl auf ihren Verlusten sitzenbleiben und selbst schauen müssen, wie sie über die Runden kommen.
Die Funktionäre der regionalen Fussballvereine machen sich auch keine Hoffnungen, vom Verband entschädigt zu werden. Wie auch? Der Aargauische Fussballverband AFV wird weitgehend von seinen angeschlossenen Vereinen finanziert. Weil die Meisterschaft abgesagt wurde, fehlt dem Verband mit dem Ausbleiben der Bussengelder für Gelbe und Rote Karten eine wichtige Einnahmequelle. Damit gehen dem Verband weit mehr als 150 000 Franken verloren. Ob die Spieler ihre bezahlten Lizenzgebühren für die Zeit der Fussballsperre zurückerhalten, steht noch in den Sternen.
Luigi Ponte verspricht Antworten
Einer der beinahe Tag und Nacht für das Wohl des Aargauer Fussballs weibelt, ist AFV-Präsident Luigi Ponte. «Wir sind täglich mit vielen Vereinen in Kontakt», sagt er zum «Reussbote». «Ich kann versichern, wir werden alles tun, um den Vereinen zu helfen. Ponte rechnet damit Mitte nächste Woche auf die drängendsten Fragen, die er auch mit dem Schweizerischen Fussballverband und dem Kanton besprechen muss, Antworten geben zu können.
Beat Gomes




