Gürtel enger schnallen beim nächsten Budget
05.05.2020 FinanzenMit finanziellen Einbussen wird man rechnen müssen. Das zeigt eine Umfrage bei Gemeindevertretern in der Region. Noch ungewiss ist die Höhe der Verluste.
Es sei kaum abschätzbar, wie sich die Pandemie auf kommunale Finanzhaushalte auswirken werde. «Zu früh», ...
Mit finanziellen Einbussen wird man rechnen müssen. Das zeigt eine Umfrage bei Gemeindevertretern in der Region. Noch ungewiss ist die Höhe der Verluste.
Es sei kaum abschätzbar, wie sich die Pandemie auf kommunale Finanzhaushalte auswirken werde. «Zu früh», heisst es unisono bei Behördenvertretern in Mellingen, Niederrohrdorf oder Tägerig. «Eine Kristallkugel wäre nötig», sagt der Mellinger Finanzverwalter Thilo Zink, «wollte man die finanziellen Folgen dieser Krise jetzt beziffern».
Und doch gehen alle mit Christoph Niederberger, Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes, einig: Die Krise wird sich auf die Gemeindefinanzen auswirken. Niederberger hatte Ende April vor langfristigen Folgen gewarnt, welche die Gemeinden stark fordern – über Jahre hinaus. Folgekosten, etwa im Bereich Sozialhilfe, dürften hoch sein. «Nicht alle Arbeitslosen werden wieder integriert werden können.»
Folgen für Budget 2021
Thilo Zink kann sich höhere Sozialhilfekosten vorstellen. Das Ausmass aber könne im Moment kaum beurteilt werden, sagt er. Bei Arbeitslosigkeit – nicht zu verwechseln mit Kurzarbeit – kann im Normalfall zwei Jahre lang Arbeitslosenentschädigung bezogen werden. Danach kommt die Sozialhilfe zum Tragen.
Der Finanzverwalter rechnet wegen der Pandemie mit Steuereinbussen, die sich auf das Budget 2021 auswirken werden. So könnten etwa Steuereinnahmen natürlicher Personen geringer ausfallen. Erst Ende Oktober wird man abschätzen können, wie hoch Steuerausfälle tatsächlich sind. «Das Budget 2020 wird nicht angepasst», betont Zink. «Allfällige Mehraufwendungen oder Mindereinnahmen werden dann im Rahmen der Jahresrechnung 2020 begründet.» Zwar habe die Gemeinde für KMUs mit Sitz in Mellingen kein extra Paket für Kredite geschnürt. «Das decken Bund und Kanton bereits ab», sagt Zink, und die Möglichkeiten der Gemeinde seien eher bescheiden. Mellingen habe aber als Liegenschaftseigentümerin im April und im Mai Mietzinsen erlassen. Hilfe habe man auch Vereinen und Institutionen nach abgesagten Events oder Anlässen angeboten.
Steuerprognosen wiederum werden im Sommer bei der Finanzplanung für das Budget 2021 einfliessen. Zwar orientiere man sich dabei an der bestehenden Investitionsplanung, meint Zink, dennoch könnten Investitionen auch zurückgestellt werden. Nicht tangiert sind bereits bewilligte Bauprojekte, etwa die Erweiterung des Schulhauses Kreuzzelg oder die Umfahrung Mellingen.
«Kommt eine zweite Welle?»
Gemeindeschreiber Claudio Stierli in Niederrohrdorf geht davon aus, dass in der Budgetphase im Sommer zurückhaltend budgetiert wird. Das könnte sich auf geplante Investitionen auswirken, sagt er. Aktuell sei die Faktenlage aber zu dünn. Klarheit besteht erst, wenn Steuerveranlagungen vorliegen. Mit höheren Sozialhilfekosten rechnet Stierli – «Stand heute» – nicht. Durchaus im Bewusstsein, «dass sich das ändern kann». Tägerig schliesslich hatte Ende Februar an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung, kurz vor dem Lockdown, ein angepasstes Budget mit einem Steuerfuss von 127 Prozent genehmigt. Das ermöglicht Ergänzungsleistungen vom Kanton. Gemeindeschreiber Rolf Meier sagt denn auch, die Gemeinde werde kaum weitere Einsparungen vornehmen können. Finanzielle Auswirkungen durch die Pandemie seien schwer abzuschätzen. Meier ist froh, dass Kurzarbeit viele Privatpersonen vor Arbeitslosigkeit schützt. Sie seien durch Bund und Kanton gut abgefedert. Er bezeichnet die Ungewissheit als grosses Problem: «Kommt eine zweite Welle? Steigen die Infektionszahlen nochmals stark an?»
Heidi Hess