Sie arbeiten in der Krise lang statt kurz
12.05.2020 Niederrohrdorf, Region RohrdorferbergClaudia und Rolf Gasser vom Chäslade in Niederrohrdorf stehen unter Dauerstrom. Seit dem Lockdown ist das Geschäft förmlich explodiert. Nie, seit sie vor acht Jahren das Abenteuer mit dem Chäslade starteten, sei so viel los gewesen, wie in der Corona-Krise.
Das Foto ...
Claudia und Rolf Gasser vom Chäslade in Niederrohrdorf stehen unter Dauerstrom. Seit dem Lockdown ist das Geschäft förmlich explodiert. Nie, seit sie vor acht Jahren das Abenteuer mit dem Chäslade starteten, sei so viel los gewesen, wie in der Corona-Krise.
Das Foto nebenan täuscht. Es ist vor zweieinhalb Jahren um die Weihnachtszeit entstanden. Auch da hatten die Gassers und ihre beiden Mitarbeiterinnen viel zu tun. Aber das was in den vergangenen Wochen ablief, hält keinem Vergleich stand.
Es ist ihnen anzusehen. Der seit Wochen anhaltende Dauereinsatz hat Spuren in den Gesichtern hinterlassen. Doch das Lachen haben sie nicht verlernt. Claudia und Rolf Gasser freuen sich, dass sie mit ihrem Konzept dermassen nachgefragt werden. «Es ist eine Anerkennung für die jahrelange Aufbauarbeit», sagt Rolf Gasser, der, einst erfolgreicher Banker, leichter Geld verdienen könnte. Doch darum geht es ihm nicht. Geld macht bekanntlich nicht glücklich. Hier, im eigenen Geschäft, weiss er, was am Abend geschafft worden ist. Ohne persönlichen Einsatz aller Beteiligten, ohne Bescheidenheit und auch Verzicht, wäre ein solches Abenteuer nicht zu bestehen. Sie hatten sich seinerzeit drei Jahre gegeben. Mittlerweile sind es bald acht geworden. Mit der Corona-Krise als absolutem Höhepunkt. Das klingt zwar etwas neben der Spur, trifft die Wirklichkeit aber genau. Die Gassers ernten heute den Lohn für ihren unbedingten Willen, am Rohrdorferberg ein Delikatessengeschäft aufzuziehen, wie es weit und breit keines gibt.
«Der Weise aber entscheidet sich bei der Wahl der Speisen nicht für die grössere Masse, sondern für den Wohlgeschmack», schreibt Rolf Gasser auf der Website und zitiert damit den griechischen Philosophen Epikur von Samos (um 300 v. Chr.)
Dank der Aktion «Rohrdorferberg hilft», die von der Jugendseelsorge des Pastoralraumes und «Mojuro» (offene Jugendarbeit Region Rohrdorferberg) konnte der Chäslade der explosionsartig gestiegenen Nachfrage nach Hauslieferungen gerecht werden. Täglich sind die Gassers noch bis weit nach Ladenschluss damit beschäftigt, die Bestellungen abzuarbeiten und zu Körben zusammenzustellen, damit die Jugendlichen die Ware frisch ausliefern können.
«Milchbüechli» ist wieder aktuell
Rolf Gasser sagt: «Wir arbeiten wieder wie früher mit dem ‹Milchbüechli›». Er holt ein arg strapaziertes Büchlein aus der Schublade. Dort sind die Lieferungen alle fein säuberlich eingetragen. Die Kunden erhalten eine Rechnung, die sie später bezahlen können.
Der Chäslade mit seinen rund 150 Käsesorten, wird zurzeit von einer Dauerbaustelle bedrängt. Das scheint aber die Kunden nicht weiter zu kümmern. Denn um die Ecke hat es genügend Parkplätze. Offenbar nimmt die im Laufe der Jahre gewachsene Kundschaft, für gutes Essen auch Wartezeiten in Kauf. Denn zurzeit dürfen nur vier Kunden gleichzeitig im Laden sein. Macht nichts. Dafür hat man ein Einkaufserlebnis wie zu Omas und Opas Zeiten.
Mehr als ein Chäslade
Im Chäslade ist eine riesige Auswahl gesunder Lebensmittel erhältlich. Frische Forellen aus heimischer Zucht, in der Schweiz geräucherter Lachs, Spargeln, Gemüse und Eier aus nahen Bauernhöfen, längst vergessene Spezialitäten wie Birnenbrot, handgemachte Salami oder hauchdünn geschnittene Mortadella. Neuester Renner sind Rahmglacen vom Bauernhof.
Beat Gomes
KOMMENTAR
BEAT GOMES REDAKTOR
Gemeinsam aus der Krise: Jetzt erst recht!
Auch ich bin mittlerweile infiziert von der Dauerberieselung mit Informationen über das Coronavirus. Ich weiss darob bald nicht mehr, was ich noch glauben kann. Eines aber weiss ich sicher: Der Lockdown hat uns alle erwischt. Die einen mehr, die andern weniger. Ob der Bundesrat dabei das nötige Augenmass gehabt hat, wird sich weisen müssen. Noch wissen wir viel zu wenig über das Virus. Wie auch immer, eines lässt sich nicht wegdiskutieren: Wir stecken in einer nicht für möglich gehaltenen Krise. Wenn den Umfragen geglaubt werden kann, hat der Bundesrat vieles richtig gemacht. Zumindest beim Lockdown. Die Rückkehr zur Normalität will unserer Landesregierung aber nicht mehr so recht gelingen. Wie auch? Es fehlen Wissen und Erfahrung. Selbst auf die Wissenschaft ist kein Verlass. Eine kritische Nachbetrachtung wird dem Bundesrat zweifellos nicht erspart bleiben. Es gilt Lehren zu ziehen. Zweimal darf das nicht passieren.
Wir stecken tief im Schlamassel. Aber anstatt zu lamentieren, Weh zu klagen und auf die Manna aus Bern zu warten, sollte sich ein jeder selbst fragen: Was kann ich tun, damit es schnellstmöglich wieder aufwärts geht? Es soll keiner kommen und sagen, er könne nichts tun. Doch, das kann jede und jeder. Solidarisch sein zum Beispiel. Solidarisch mit unserer nächsten Umgebung. Regional statt international. Kaufen wir in der Region ein, statt im Ausland. Seien wir solidarisch mit unseren KMU. Das wäre ein grossartiger Anfang. Und nicht vergessen: Die Hygiene- und Distanzregeln weiterhin einhalten! Auch das ist Solidarität.


