Weichen für die politische Zukunft gestellt

Fr, 08. Mai. 2020

Der Entscheid fiel Grossrat Michael Notter nicht leicht. Da die BDP bei den Grossratswahlen im Herbst nicht mehr mit einer eigenen Liste antritt, ist der Wechsel zur «CVP Die Mitte» nachvollziehbar. Auf den letzten Drücker stellte er die Weiche, um weiterhin im Parlament zu politisieren.

Als Landwirt muss ich beweglich bleiben und darf nicht in starre Muster verfallen. Man muss Gewohntes überdenken und sich mit der Realität auseinandersetzen. Dies kann schmerzhafte Folgen haben, aber auch ganz neue Wege eröffnen», sagte Grossrat Michael Notter an der Medienkonferenz letzte Woche. Mit diesen Worten begründet er seinen Wechsel von der bisherigen Partei BDP zur CVP. Er lasse auf seiner politischen Karriere Liebgewonnenes und Vertrautes zurück und wage sich an neue Herausforderungen. Notter wechselt nicht nur die Partei, sondern wird auch für die Grossratswahlen vom 18. Oktober auf der Fraktionsliste «CVP Die Mitte» für einen Grossratssitz kandidieren. Im Interview mit dem «Reussbote» erzählt er, warum er zur CVP wechselt, was seine politischen Ziele sind und warum er sich weiterhin für die Politik im Aargau einsetzen will.

Was hat Sie bewegt nach neun Jahren von der BDP zur «CVP Die Mitte» zu wechseln?
Michael Notter: Dieser Entscheid fiel, als man eine Auslegeordnung in der BDP machte und Fakten und Tendenzen auswertete. Man kam zum Schluss, dass man bei den nächsten Grossratswahlen das nötige Quorum von fünf Prozent ziemlich sicher nicht mehr erreichen wird und man somit abgewählt wird.

Die Grossratswahlen stehen im Herbst an. War der Wechsel taktisches Vorgehen, damit Sie auch in der Zukunft Ihre Politkarriere weiterverfolgen können?
Ja natürlich, wie vorher erwähnt, würde ich gerne im Kantonsparlament weiter machen und dafür brauchte es einen Wechsel.

Wie beeinflusste Sie die Abwahl von Bernhard Guhl (BDP) im letzten Jahr aus dem Nationalrat? War das ein zu- sätzlicher Grund die Partei zu wechseln?
Die Abwahl von Bernhard Guhl traf mich sehr. Es war unser erklärtes Ziel, den Sitz von Guhl zu verteidigen und wir bemühten uns redlich dafür. Das es dann doch relativ deutlich nicht reichte, war eine herbe Enttäuschung. Diese Abwahl war aber für mich noch nicht ausschlaggebend.

Guhl hatte Sie als Feuerwehrkollege damals in die Politik geholt. Was sagt er zu Ihrem Parteiwechsel?
Der Entscheid die Partei zu wechseln wird von der Parteileitung mitgetragen. Sicher schmerzt es ihn sehr dass es so weit gekommen ist, aber er bringt Verständnis dafür auf.

Was sagen Sie zum Vorwurf, die BDP in ihrer schweren Stunde mit Wählerschwund, im Stich zu lassen?
Wir haben uns enorm angestrengt und mit allen uns möglichen Mitteln versucht, die Leute wieder für die BDP zu gewinnen. Die Resultate sprachen aber eine andere Sprache. Als der Entschluss feststand, dass ich gerne nochmals kandidieren möchte, war auch klar, dass es so nicht mehr klappen würde. Der Entscheid fiel nicht gegen die BDP sondern für den Erhalt des Sitzes.

Können Sie in der neuen Partei Ihre politische Auffassung weiterverfolgen? Was ist besser oder gleich bei der CVP?
Ja, das kann und werde ich. Die CVP kennt mich und weiss, was sie mit mir bekommt. Ich möchte die beiden Parteien nicht gegeneinander ausspielen. Der BDP verdanke ich das, was ich bis jetzt erreicht habe und mit der CVP soll es weitergehen.

Im Hinblick auf die anstehenden Gesamterneuerungswahlen beim Grossen Rat, wie sehen Sie die Chancen Ihren Sitz verteidigen zu können?
Das ist mein erklärtes Ziel, sonst müsste ich nicht mehr antreten. Ja, ich möchte meinen Sitz verteidigen und sehe auch eine reelle Chance darauf.

Wie finden Sie es, dass CVP und BDP die Kräfte bündeln und auf Kan- tonsebene eine gemeinsame Fraktion «CVP Die Mitte» bilden?
Sehr vorausschauend. Es ist wichtig, dass sich die Mitte stärkt und nicht alles über die Polparteien läuft. Wir brauchen am Ende des Tages anwendbare Lösungen und nicht stur verfolgte Parteiprogramme.

Kann der Linksrutsch bei den letzten Wahlen, mit der Bildung einer Fraktion der Mitte-Parteien, aufgehalten werden und was könnte die Wähler dazu bewegen eher wieder die Mitte-Parteien zu wählen?
Schön wäre es. Ich denke die Corona-Krise wird auch ihren Beitrag dazu leisten. Es hat eine Themenverschiebung stattgefunden. Als Landwirt ist der Umweltschutz für mich sehr wichtig, aber ich denke, die Leute spüren jetzt deutlich, dass es eine funktionierende Wirtschaft braucht. Das Ziel sollte es sein, einen gangbaren Weg zu finden und gegebenenfalls Kompromisse einzugehen. Und dafür braucht es die Mitte.

Für was setzen Sie sich in der Politik ein? Was kann der Bezirk Baden und der Aargau von Ihnen im Grossen Rat erwarten?
Die KMUs und die Landwirtschaft, die Bildung, die Gleichstellung und die Kantonsangestellten sind mir wichtige Themen. Ich setze mich dafür ein, dass in diesen Bereichen die Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass ein produktives Arbeiten möglich ist.

Sie sind Familienvater, Landwirt und Mitglied der Feuerwehr Rohrdorf. Wie schaffen Sie das alles unter einen Hut zu bringen?
Ich darf auf die Hilfe meiner Familie zählen. Meine Frau, meine Eltern und mein Bruder arbeiten bei uns auf dem Betrieb mit und unterstützen mich so. Ich bin ihnen sehr dankbar dafür. In den Fraktionen werden die Themen aufgeteilt, somit muss ich nicht alles bis ins Detail kennen. Es gibt einen Informationsaustausch unter den Fraktionsmitgliedern. Anschliessend kann eine Haltung eingenommen werden.

Vor welcher Herausforderung steht der Aargau nach der Corona-Krise?
Um im landwirtschaftlichen Jargon zu bleiben, es wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Das Ziel muss es sein, den gesunden aber geschwächten Betrieben wieder auf die Beine zu helfen. Ich bin gegen Gratisgeld, aber Unterstützung muss gewährleistet sein. Die Betriebe müssen sich wieder erholen können. Wie diese Hilfe aussieht, muss sicherlich individuell angepasst werden.

Kann die Corona-Krise ein Umdenken in der Bevölkerung und in der Politik bewirken, z. B. mit der Förderung der inländischen Produktion? Wie beurteilen Sie die Chancen?
Ich hoffe sehr, dass dieses Ereignis nicht spurlos an uns vorbeigeht. Ein typisches Beispiel in dieser Krise ist der Lastwagen, der beladen mit Schutzmasken kurz vor der Grenze von unseren Nachbarn gestoppt wurde. Die Begründung, die Schutzmasken brauchen wir selbst! Was will man in diesem Moment machen, wenn keine inländische Produktion mehr vorhanden ist und nichts mehr vom Ausland hereinkommt? Wichtig ist, dass die inländische Produktion zu konkurrenzfähigen Preisen herstellen kann. Der Mehrwert von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, Versorgungssicherheit, Steuereinnahmen und vielem mehr sollte uns Schweizern etwas wert sein.

Wohin wird Sie Ihre politische Laufbahn noch führen? Können Sie sich vorstellen in der Zukunft auch für den Nationalrat zu kandidieren?
Ich engagiere mich gerne in unserer Region. Mein Zuhause ist mir wichtig. Ich glaube Bern wäre mir zu weit weg. Aber diese Frage stellt sich im Moment auch nicht.

Debora Gattlen


Zur Person

Michael Notter (42) aus Holzrüti, Niederrohrdorf ist verheiratet mit Sandra Notter und Vater von drei Kindern. Zur Politik kam er über seinen Feuerwehrkollegen Bernhard Guhl. Das eine gab das andere und plötzlich bot sich Notter die Chance in den Grossen Rat nachzurutschen. Notter ist seit Juni 2016 im Aargauer Parlament, als Vertreter der BDP. Letzte Woche kündete er einen Wechsel zur CVP an. Politisch engagiert sich der Niederrohrdorfer vorallem zu agrarpolitischen Themen.
Privat arbeitet Notter auf dem Bauernhof in Holzrüti. Es ist ein Familienbetrieb mit den Schwerpunkten: Direktvermarktung, Rindviehmast, Ackerbau und Kanichenhaltung.

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