Wer hat ein Herz für Küttels Kräuter?
31.07.2020 Stetten, Region ReusstalDie pensionierte Naturheilärztin ist ratlos. Von einem Tag auf den anderen wurde ihr mitgeteilt, dass sie ihre Topfpflanzen sofort wegstellen müsse. Das trotz mündlicher Zusicherung für einen Vertrag. Der Grund, nicht alle Beteiligten seien damit einverstanden. Antoinette ...
Die pensionierte Naturheilärztin ist ratlos. Von einem Tag auf den anderen wurde ihr mitgeteilt, dass sie ihre Topfpflanzen sofort wegstellen müsse. Das trotz mündlicher Zusicherung für einen Vertrag. Der Grund, nicht alle Beteiligten seien damit einverstanden. Antoinette Küttel weiss nicht, wo sie in so kurzer Zeit einen neuen Platz für ihre Kräuter finden soll.
Aus ihren Kräutern macht sie Öle, Essenzen und Cremen. Die Produkte verkauft sie an Märkten in der Region. Da sie erst vor einem Monat nach Stetten gezogen ist, sind wegen des Transports alle Kräuter in Töpfe gepflanzt. Diese durfte sie, nach mündlicher Absprache mit der Verwaltung, hinter der Liegenschaft Kiesweg 3, direkt am Rande des Fussweges aufstellen. Vor einer Woche erhielt sie nun die Hiobsbotschaft. Die Pflanzen müssen sofort entfernt werden. Die Begründung: Das darüberliegende Bord könne vom Hauswart nicht gemäht werden. Nachvollziehen kann Antoinette Küttel dies nicht. Das Bord weist keine Vegetation auf. Ihre Töpfe stehen in Reih und Glied darunter. Verena Siemers aus Fislisbach sagt: «Ich kann nicht verstehen, warum die Topfpflanzen weg müssen. Ich finde nicht, dass sie stören, sondern Freude beim Spazieren bereiten.»
Wohin Antoinette Küttel in so kurzer Zeit mit den Kräutern soll, weiss sie noch nicht. Sie hofft, dass sie als Zwischenlösung rasch einen neuen Platz oder eine Parzelle von fünf auf sechs Meter findet. Bei einem Bauern durfte sie bereits einen Teil ihrer Kräuter unterstellen. Der Rest steht, Topf an Topf, auf ihrem kleinen Balkon.
Kräuterspirale idealer Platz
Für ihre Kräuter braucht eine Pflanzparzelle keine besonderen Voraussetzungen. Das kann auch eine nicht genutzte Ecke in einem Garten sein. Antoinette Küttel würde darauf gerne eine Kräuterspirale errichten. Dies ohne Befestigung und nur mit aufgeschichteter Erde. Richtig aufgebaut, fällt diese trotzdem nicht in sich zusammen. Nach langem Experimentieren kam sie weg von der herkömmlichen Art der Befestigung mit Steinen und Draht. An ihrem früheren Wohnort hatte sie ihre Kräuter in einer Kräuterspirale in Herzform angelegt. Gedüngt wird nur mit Hornspänen, die ins Giesswasser eingelegt werden. Ansonsten wird Kompost verwendet. «Ich gebe den Kräutern so viel Nahrung, wie mein Herz mir sagt», erklärt sie. Alle Entscheidungen müsse man nicht mit dem Kopf, sondern mit gesundem Menschenverstand treffen. An ihrem alten Wohnort fanden so nicht nur die Kräuter einen idealen Lebensraum, sondern auch viele Kleinlebewesen und Insekten. So konnte Antoinette Küttel Igel, Eidechsen, Blindschleichen und Bienen beobachten. «Eine auf diese Art angelegte Kräuterspirale lebt, stinkt aber trotz Kompost nicht», sagt sie. Angepflanzt werden bei ihr unter anderem Borretsch, Kapuzinerkresse, Malven und Minze. Nachtkerze und Lavendel verwendet sie für ihre selbstangerührten Cremen. Massliebchen, Mutterkraut sowie Rosen werden ebenfalls von ihr verarbeitet. Wie Essenzen, Öle oder Cremen aus Kräutern hergestellt werden, vermittelte sie früher an Kursen. Vor allem Frauenvereine engagierten sie. Sie will in naher Zukunft, wenn sie sich in Stetten etwas eingelebt und sie für ihre Kräuter wieder einen Pflanzboden gefunden hat, Kurse für Interessierte anbieten.
Vor ihrer Pension betrieb sie unter anderem eine Naturheilpraxis in Zofingen. Heute tritt sie etwas kürzer. Ganz ohne Menschen ganzheitlich zu helfen, kann sie aber nicht sein. So will die ausgebildete medizinische Masseurin auch Kurse für einfache Massagen für Eltern und Kind oder auch für Senioren anbieten.
Kräuter brauchen neuen Standort
Im Moment weiss Antoinette Küttel nicht, wie es mit ihren Kräutern weitergehen soll. Sie hofft, dass sie diese schon bald wieder «kräutergerecht» ziehen kann. «Mir tut es weh, wenn ich sehe, dass die Pflanzen leiden», sagt sie, «auch sie sind Lebewesen.» Daher war es für sie auch nicht zu mühsam, das für die Pflanzen benötigte Wasser in Spritzkannen aus ihrer Wohnung mitzunehmen.
Debora Gattlen
Wer Antoinette Küttel eine Parzelle für ihre Kräuter zur Verfügung stellen möchte, kann sich telefonisch unter 079 450 89 86 melden.