«Sie erklärten uns für völlig verrückt»
21.08.2020 Region ReusstalDie «Töfflibuebe» kennen keine Grenzen. Jahr für Jahr wagen sie sich an verrücktere Touren. Diesmal wurde die Fahrt zeitweise zur Tortur. Auf der Sittlisalp im Kanton Uri hielt man die Töfflibuebe aus dem Aargau gar für verrückt.
Es war die siebte ...
Die «Töfflibuebe» kennen keine Grenzen. Jahr für Jahr wagen sie sich an verrücktere Touren. Diesmal wurde die Fahrt zeitweise zur Tortur. Auf der Sittlisalp im Kanton Uri hielt man die Töfflibuebe aus dem Aargau gar für verrückt.
Es war die siebte Tour der «Töfflibuebe», die alle nicht mehr ganz zwanzig sind. Sie sind Selbstständige oder Angestellte in guten Positionen. Aber einmal im Jahr lassen sie ihren Bubenträumen so richtig freien Lauf.
Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Die Tour wird minutiös geplant. Auch das technische Equipment muss stimmen. Denn die Erfahrung zeigt: Die Töffli aus den 1960er- und 1970er-Jahren sind reparaturanfällig geworden. Vor allem, wenn man es mit ihnen so «bunt» treibt wie die «Töfflibuebe Freiamt-Reusstal».
14 «Sehnsuchtsrocker» trafen sich am letzten Freitag bei Susanne Zürcher im «Central» in Stetten zum Frühstück. Gewandet in Jeans und Jeansgilet. Einige in kurzen Lederhosen. Ein, zwei Kaffee Spezial, ein Sandwich und los ging die Knatter-Tour. Am ersten Tag standen rund 90 Kilometer auf dem Plansoll, via Zugerberg über Moorgarten nach Schwyz mit dem Endziel Muotathal.
Schwarze Hände gehören dazu
Bis Sattel lief, bis auf massive Bremsprobleme bei Schrotti und Pädi, alles bestens. Gut, waren die Saggoschen bereits mit dem Zmittag gefüllt. «Haberen» und parallel die einstündige Reparatur, erst einmal provisorisch. Vorsichtig ging es weiter Richtung Schwyz. Unterwegs konnten bei zwei verschiedenen «Töffli-Mechen» neue Bremsbeläge gekauft werden und zum Glück gleich vier Sätze, denn bei Leimi und Stefel war später auch noch eine Reparatur nötig. Gut, da waren noch das Vorderrad- und Kerzenproblem bei Kurt, das x-malige Auspuff-Verlieren bei Chäli, das Lenkungsspiel bei Mäk, das Hinterrad bei Rico und und und… Trotzdem alles «sauglatt», heisst es im Tagesrapport von Daniel Müller, dem Garagisten aus Dättwil. In Muotathal zog es die «Töfflibuebe» in die Hölloch-Grotten. Es war kühl und spannend bei sechs Grad und hundert Prozent Luftfeuchtigkeit. Nach einem Käsefondue-Plausch übernachtete die fröhliche Truppe im Massenlager «Husky-Lodge.»
Tag zwei. «Brutal steil bergauf den Pragelpass», heisst es im Reisetagebuch. «Die Dinger mussten krampfen wie die ‹Sau› und der Boxenstopp im Roggenloch war überfällig. Jääää und dann runter zum Klöntalersee und ab ins kühle Nass. In Linthal kurzer Boxenstopp beim Töff-Museum. Auf dem Urnerboden am Fätschbach verpflegen und dann die letzten Kurven zur Passhöhe.»
Schieben und schleppen
Mit viel Schwung und turbomässig ging es nach Unterschächen und dann nach links Richtung Brunnital mit Ziel Sittlisalp auf 1650 Meter über Meer. «Im Brunni-Beizli unterhalb der Sittlisalp erklärten sie uns für verrückt, dort hochzufahren. Das hätte noch nie ein Töffli gemacht und schon gar nicht geschafft.» Bis 45 Grad Steigung – und ja, sie zogen los! Satte eineinhalb Stunden schoben und schleppten sie ihre Töffli die Schotterstrecke hoch. Neun Mann kamen oben an, ein Viertel der Zeit im Sattel, drei Viertel am Schieben. Fünf resignierten oder der «Chlapf» stieg aus. Sie gingen zu Fuss, ohne Töffli. Reiseleiter Voli musste sich einiges anhören. «So einen Sch... zu organisieren!» Nach einem kühlen Bierchen war alles vergessen.
Pädi kochte mit Assistent Dani feine Älplermagronen. Danach Lagerfeuer zwischen riesigen Felswänden, Kuhgeruch, juzen, plaudern, lachen. Einfach nur schön. Richtige Buebe, von Mitte vierzig bis gut sechzig, echte Freundschaft.
Tag drei. Nach der Massenlager-Nacht ging es runter, wieder 45 Grad steil und Schotter – aber unfallfrei. Die Töffli bedurften einiger Pflege. Weiter via Altdorf und Axenstrasse, mit Halt in Brunnen, am Lauerzersee dann Vespern und Baden. Fast alle warfen sich ins kühlende Nass.
Schlussspurt. Via Zugersee und über Sins zurück ins Reusstal, genauer nach Mellingen ins «Weisse Kreuz». Dort wurden die harten Männer von ihren Frauen zum Znacht erwartet. Die Frauen haben zusammen ein Wochenende in Thun genossen. (bg/zVg)