«Es chont scho guet», Cohen setzt auf Vertrauen

Fr, 11. Sep. 2020

Christoph Cohen verlässt die Pfarreien am Rohrdorferberg, seine Arbeit erntete viel Wertschätzung

Vor sieben Jahren war er nach Rohrdorf gekommen. Gemeinsam mit den Nachbarpfarreien Bellikon, Künten und Stetten hat Christoph Cohen den Pastoralraum aufgebaut. Jetzt wird er verabschiedet.

Am Rohrdorferberg trifft man Christoph Cohen kaum noch an. Der Diakon macht keinen Halt mehr in der Kirche St. Martin in Oberrohrdorf, zwischen Pfarrhaus und Pfarrei-Sekretariat, um den Arbeitstag spirituell zu beginnen.
Sieben Jahre lang war er als Leiter des Pastoralraums Rohrdorferberg für die vier Pfarreien Bellikon, Künten, Rohrdorf und Stetten zuständig; den Pastoralraum hat er gemeinsam mit seinem Team aufgebaut. Seit Juli aber ist er pensioniert und lebt inzwischen mit seiner Frau in Schaffhausen.

Der Diakon und sein Team
Die spirituellen zehn Minuten in der Kirche seien ein wichtiger Bestandteil in seinem Tagesablauf gewesen, erklärt Cohen am Telefon. «Ich habe dem Herrgott meine Arbeit in die Hand gegeben, ihn bisweilen um Kraft gebeten.» Diese spirituelle Unterstützung sei in seinem Beruf besonders wichtig: «Nur aus mir alleine», sagt er, «hat meine Arbeit keinen Bestand.»
Alleine war er nicht, und das betont der ehemalige Pastoralleiter auch. Noch bevor er auf die zentrale Bedeutung von spirituellen Momenten zu sprechen gekommen war, hatte er nämlich sein Team erwähnt und die Menschen in den Pfarreien: Überall habe er interessierte Frauen und Männer kennengelernt, denen die Gemeinde und das Glaubensleben sehr am Herzen liegen. Viele würden sich in der Situation, in welcher sich die katholische Kirche aktuell mit ihrem Personalmangel befinde, enorm engagieren. Er habe sehr gerne mit ihnen zusammengearbeitet und die grosse Loyalität ihm und seiner Arbeit gegenüber sehr geschätzt.

Viel Vertrauen und Respekt
Dass diese Loyalität nicht von ungefähr kam, wird deutlich, wenn man sich in seinem Team umhört, das über 20 Festangestellte im Voll- oder Teilzeitpensum zählt. So sagt etwa die Katechetin Vroni Peterhans: «Er hat unsKatechetinnen etwas zugetraut!» Mit viel Vertrauen habe Cohen sie selbstständig arbeiten lassen. Die Frau, die bis vor kurzem noch Vizepräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF) war, sagt auch, dass Cohen als Pastoralraumleiter zwar nicht offen für Veränderungen in der katholischen Kirche kämpfen konnte. Er habe «Frauen und Männer in der katholischen Kirche aber als gleichwertig» betrachtet. Entsprechend habe er den Frauen viel Spielraum gelassen.

Als «Aufbauer des Pastoralraums am Rohrdorferberg» sei er ausserdem bewusst, einen demokratischen, synodalen Weg gegangen, habe alle Gruppen und Pfarreien bei der Ausarbeitung des Konzeptes eingebunden. «Das gab an der Basis und unter den Mitarbeitenden eine grosse Akzeptanz für die neue Form der Zusammenarbeit», sagt Peterhans.
Ganz wichtig sei ihm gewesen, ergänzt Gisela Greder, die gemeinsam mit Mirjam Boner für das Sekretariat Rohrdorf zuständig ist, dass jede Pfarrei ihre Eigenständigkeit mit Ritualen und Gepflogenheiten behalten konnte. Das grosse Team sei zusammengewachsen, gegenseitige Wertschätzung und Achtung spürbar. «Das ist sicher Christoph Cohens Verdienst», sagt Greder.

«Als Handelreisenden in Sachen Kirche» habe sie ihn bezeichnet. Gottesdienste, Taufen, Erstkommunion, Firmungen, ab und zu eine Hochzeit, viele Beerdigungen, Hausbesuche in allen Pfarreien – das alles sei eine «Herkulesaufgabe als Gesamtleiter des Pastoralraums» gewesen. «Er ging diese Aufgabe mit Fingerspitzengefühl und dem nötigen Respekt an.»
Der Diakon spricht vom Pastoralraum «als Pflänzchen mit zarten Würzelchen». Es sei stark, überstehe aber noch nicht jeden Sturm. Das sei auch der Bistumsleitung bewusst, sagt Christoph Cohen – noch immer wird ein Nachfolger als Pastoralraumpfarrer oder als Gemeindeleiter/-in gesucht. Zwar ist Cohen deswegen leicht besorgt. Gleichzeitig aber sagt er: «Wir haben viel erreicht, es wird weitergehen.» – Dieses Vertrauen weiterzugeben, ist ihm wichtig. Die Spuren dazu dürfte er gelegt haben. Gisela Greder jedenfalls sagt: «Es chont scho guet» sei ein oft geäusserter Spruch von ihm gewesen. Der Satz werde ihr noch lange in den Ohren klingen.

Abschied in der Kirche Gut Hirt
Cohen ist froh, dass er Verantwortung abgeben, die Leitung jüngeren Schultern überantworten kann. Die Lust auf immer wieder Neues sei im Alter kleiner geworden. Vorläufig macht der Pensionierte Pause in Schaffhausen, wo er vor dem Rohrdorferberg 17 Jahre lang als Gemeindeleiter tätig gewesen war, wo immer noch Freundschaften bestehen. Vielleicht helfe er später in der Region aus, bei Taufen oder Gottesdiensten. Der Wegzug aus der Pfarrei entspreche aber auch einem Wunsch der Bistumsleitung, um einem Nachfolger die Arbeit im Pastoralraum zu erleichtern.
Am Sonntag, 13. September, wird Christoph Cohen verabschiedet, um 9.30 Uhr in der Kirche Gut Hirt in Niederrohrdorf. Vorgesehen war der Abschiedsgottesdienst im Juli, coronabedingt wurde er aber auf den Herbst verschoben. Auch jetzt ist dafür ein Schutzkonzept mit vorgängiger Anmeldung nötig und in der Kirche gilt Maskenpflicht.

Heidi Hess

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