Region: Die Erlebnisausstellung «Unter Strom» zeigt, wie die Elektroindustrie in Baden die Entwicklung der Dörfer in der Region prägt
Bei der BBC finden Bauern aus dem Dorf Arbeit. Die Fabrik aber zieht aufs Land, weil es in der Stadt eng wird. Davon können beide ...
Region: Die Erlebnisausstellung «Unter Strom» zeigt, wie die Elektroindustrie in Baden die Entwicklung der Dörfer in der Region prägt
Bei der BBC finden Bauern aus dem Dorf Arbeit. Die Fabrik aber zieht aufs Land, weil es in der Stadt eng wird. Davon können beide profitieren.
Viele Menschen in den Dörfern rund um Baden können eine Geschichte über den Elektrotechnikkonzern BBC erzählen. Gegründet 1891 von Charles Brown und Walter Boveri in Baden spezialisierte sich die BBC auf die Herstellung von elektrischen Maschinen, Turbinen und Ausrüstungen von Lokomotiven. Sie zeichnete sich durch Innovationen aus und wurde zum wichtigsten Arbeitgeber in der Region. 1988 kam es zur Fusion mit der schwedischen Firma Asea, aus welcher die heutige ABB entstanden ist.
Eine Sonderausstellung in der Alten Schmiede in Baden handelt von den Industriepionieren und schaut in die Zukunft der Region Baden. Sie macht die Geschichte der Badener Elektroindustrie für ein breites Publikum erlebbar. Innovationen, Internationalität und soziale Entwicklung sind Kernthemen. Ein Rundgang führt von den Anfängen über die Blütezeit bis in die Gegenwart, wo Fragen an die Zukunft des Industriestandortes gestellt werden. Organisiert wurde die Ausstellung vom Verein Industriewelt Baden.
Zur Ausstellung gehören zahlreiche Begleitveranstaltungen. Über «Brown Boveri auf dem Dorfe. Die Firma als Innovationstreiberin in der Region» bereits referiert hatten die Historiker Patrick Zehnder und Fabian Furter. Sie hatten ausgeführt, wie sich das Mitund Nebeneinander von Fabrik und Dorf über die Jahrzehnte auf die Region ausgewirkt und diese verändert hatte. Dörfer im Reusstal, etwa Birmenstorf, Stetten, Oberrohrdorf oder Birr standen im Zentrum ihrer Geschichten. Den Weg der Bauern aus dem Dorf in die Fabrik schilderte Zehnder: Mit der zweiten Industrialisierungswelle hatte die Region, noch vor 1920, plötzlich viele Arbeitsplätze, vor allem in der Metall- und Elektroindustrie – und damit einen Zusatzverdienst für die Kleinbauern in den Dörfern. So erhielten Bauern etwa durch ihre Arbeit an der Drehbank ein regelmässiges Einkommen. Vielleicht wurde aus dem Arbeiter ein Angestellter? Statt Stundenlohn gab es Monatslohn und Pensionskasse? Möglich war es, erklärte Zehnder. In die Fabrik gingen die Arbeiter zunächst zu Fuss, später mit dem Velo – Arbeiterradfahrervereine wurden gegründet, 1917 in Stetten, 1920 in Mellingen. Bald holten Busse Arbeiter und Angestellte im Dorf ab. Frauen, Kinder und Grosseltern führten im Dorf den Hof.
Die BBC florierte. Und in der Stadt wurde es eng: In den 1950er-Jahren wurde geplant. Darüber sprach im Anschluss Fabian Furter. In der Stadt aber fehlte für die nötige Fabrikerweiterung der Platz. Schliesslich kaufte die BBC in Birr 55 000 Quadratmeter grüne Wiese. Neben dem Bauerndorf entstand eine riesige Shedhalle, 1960 wurde sie bezogen. «Es war zu dieser Zeit die grösste Fabrik Europas», erklärte Furter. Daneben baute die BBC für ihre Mitarbeiter die Wohnsiedlung «Wyde». 2500 Menschen zogen dort ein, gehörten neu zum Dorf mit bisher rund 750 Bewohnern.
Heidi Hess
Ausstellung «Unter Strom»: Dienstag bis Sonntag, 13 bis 18 Uhr, in der Alten Schmiede, Baden bis 4. Oktober. Mehr unter: industrieweltbaden.ch.