Feine Tropfen für Kulturmenschen
13.11.2020 Mellingen, Region ReusstalDas Tradinoi hat ab sofort regelmässige Öffnungszeiten und soll zum Kulturtreffpunkt werden
Regelmässige Öffnungszeiten zusätzlich zu den monatlichen kulturellen Anlässen: Das Tradinoi geht ab sofort andere Wege. Urs Weber stellt die neue Ausrichtung an diesem ...
Das Tradinoi hat ab sofort regelmässige Öffnungszeiten und soll zum Kulturtreffpunkt werden
Regelmässige Öffnungszeiten zusätzlich zu den monatlichen kulturellen Anlässen: Das Tradinoi geht ab sofort andere Wege. Urs Weber stellt die neue Ausrichtung an diesem Wochenende anlässlich des Tags der offenen Türen vor.
Morgen und übermorgen öffnen 17 Geschäfte und Restaurants in der Mellinger Altstadt ihre Türen – ein Besuch lohnt sich (wir berichteten). Für Urs Weber stellt das Wochenende den Startschuss in eine neue Phase des Tradinois dar: «Ich möchte den Anlass nutzen, um die neue Ausrichtung bekanntzumachen», sagt der Betreiber des kleinen, aber feinen Kulturlokals an der Scheunengasse 5. Als Weinlounge und Kulturtreff will Weber jeden Donnerstag- und Freitagabend Gäste anziehen. «Ich glaube, dass Bedarf nach einem solchen Ort besteht», sagt Weber. «Nach einer Lokalität, in der sich Menschen treffen und austauschen können, die irgendwie mit Kultur zu tun haben. Egal ob sie Bilder malen, Filme drehen, Skulpturen formen, Musik machen, Gedichte schreiben oder Veranstaltungen organisieren.» Und nicht zuletzt auch für eine sehr wichtige Art des Kulturmenschen, ohne den der Kulturbetrieb gar nicht möglich wäre: den Fan.
Tradinoi heisst «unter uns»
Ein solcher ist Weber immer geblieben. Die Wände seines kleinen Lokals (40 Quadratmeter, 28 Sitzplätze, wegen Corona derzeit maximal 16) hat er mit Plakaten von Konzerten vergangener Tage vollgehängt. Die meisten von ihnen sind signiert. «Thank you, Urs and Tradinoi, for a great evening!» grüsst beispielsweise Sofia Talvik. Die schwedische Singer-Songwriterin spielte im Frühjahr 2018 ein Konzert in Mellingen. Bis zu 15 Anlässe stellt Weber pro Jahr auf die Beine. 2013 haben er und einige Freunde dazu einen Verein gegründet. Dieser hat mittlerweile 180 Mitglieder. Das Besondere: Zur Musik servieren Weber und sein Stammkoch Tedy Binder mehrgängige Menüs und feine Weine. Die Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt sitzen mit den Gästen am Tisch. Es ist sogar schon vorgekommen, dass sich einer selbst an den Herd gestellt hat.
Genau das sei das Ziel eines Kulturlokals, meint Weber: «Raum für solche ungezwungenen Begegnungen zu geben. Und das Städtli zu beleben.» Der Bedarf danach habe sich dem pensionierten Primarlehrer zuletzt wieder gezeigt, als er an den Workshops zum Mellinger Kulturkonzept teilnahm. «Nach einer Sitzung sind wir bei mir im Lokal gelandet, um noch etwas zu trinken», erzählt er. «Da dachte ich mir, wie schön es wäre, wenn wir regelmässige Öffnungszeiten hätten.»
Dass der kulinarische Genuss dabei nicht zu kurz kommen soll, versteht sich von selbst. Weinfreunde können sich auf 20 Rote und 10 Weisse in vier verschiedenen Preisklassen zwischen 6 und 12 Franken freuen, deren Steckbriefe sie aus einer Karte auswählen können. «Der erste Gast, der einen Wein aus einer Preisklasse bestellt, bestimmt, welcher offen ist», erklärt er das Konzept. «Dann entferne ich die anderen aus derselben Klasse.» Die Weine bezieht er auch von Vini Divini aus Mellingen. Als Speisen sind Suppen vorgesehen und kalte Platten mit Spezialitäten vom ebenfalls in Mellingen ansässigen «Käsepapst» Rolf Beeler, ausgewähltem Bio-Trockenfleisch (beispielsweise vom Wasserbüffel) und biologisches Olivenöl aus Griechenland.
Um das Risiko bei den Begegnungen auf engem Raum zu minimieren, hat Weber Geld für einen Ionisator ausgegeben. Der Luftreiniger wirkt gegen Keime, Viren und Bakterien. Denn, so verrät Weber: «Ein eigenes Lokal zu führen, ist ein lang gehegter Traum von mir.» Und diesem soll Corona schliesslich keinen Strich durch die Rechnung machen.
Stefan Böker